NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 14 (3, 4) 2005; 137–139 137LOTHAR KALBE, LOTHAR HENSCHELDas Europäische Vogelschutzgebiet (SPA)Nuthe-Nieplitz-NiederungSchlagwörter:1 Allgemeine AngabenSPA Nuthe-Nieplitz-Niederung, Wiedervernässung, Erlenbruch,Gänseschlafplatz, Kranichschlafplatz, Limikolen, Wiesenbrüter<strong>Land</strong>es-Nr. 7023EU-Nr. DE 3744-421Gesamtgröße: ca. 6.144 haEinbezogene Schutzgebiete:NSGFestgesetzt: Nuthe-Nieplitz-Niederung;Rangsdorfer SeeLSGFestgesetzt: Nuthetal-Beelitzer Sander2 Beschreibung des GebietesDas Gebiet ordnet sich geomorphologisch indie naturräumliche Einheit der MittelbrandenburgischenPlatten und Niederungen ein. Eswurde hauptsächlich durch die eiszeitlichenund nacheiszeitlichen Entwicklungen mit EndundGrundmoränenbildungen geprägt. Esumfasst die Talsohle der östlichen Nuthe-Notte-Niederungund die Niederungen von Pfefferfließ,Nieplitz und Nuthe. Kennzeichnendsind die hocheutrophen Flachseen im Bereichder Nieplitz und Nuthe mit dem Blanken-,Grössin- und Gröbener See und im Bereichder Notteniederung mit dem RangsdorferSee. Hinzu kommen am Pfefferfließ die neudurch Wiedervernässung ab 1990 entstandenenFlachgewässer Gänselaake, Entenweiherund Schwanensee bei Stangenhagen. Der RiebenerSee nimmt als undurchflossener Flachseeeinen Sonderstatus ein: Er gehört zum Typdes eutrophen Klarwasserflachsees. Die Gewässerumfassen insgesamt ca. 850 ha; nebenden Fließen handelt es sich durchweg um flache,maximal 2 m tiefe Weiher mit ausgedehntenSchilf- und Rohrbeständen. An dieVerlandungsbereiche schließen sich landwärtsErlenbrüche, Riedgras-, Schlankseggen- undNasswiesen an. Im Gebiet befinden sich Flächenehemaliger Frischwiesen im Prozess einerallmählichen Umwandlung zu nährstoffarmenNasswiesen, so vor allem westlich desBlankensees und in den Ungeheuerwiesen.Die Fließgewässer sind fast gänzlich kanalisiertund begradigt.Die seit dem 18. Jahrhundert erfolgten meliorativenEingriffe in die <strong>Land</strong>schaft schafftenVoraussetzungen für die Nutzung derNiedermoore als Grünland und Intensivackerland.Vor allem seit den 1960er Jahrendegradierte der Großteil der Flächen. DurchAusfall von Schöpfwerken erfolgte ab 1990die Wiedervernässung. Wegen vorangegangenerMoorsackungen entstanden hier diesehr flachen temporären oder permanentüberfluteten Gewässer, deren ökologischeEntwicklung noch nicht abgeschlossen ist.Auf höher gelegenen Grundmoränenrückenentwickelten sich ab 1990 nach Aufgabe derAckerwirtschaft steppenartige Trockenrasen.Die zum Gebiet gehörenden Wälder sindmeist Kiefernforsten in Monokultur, in denenerst allmählich an einigen Standorten durchWaldumbau Mischwälder entstehen werden.3 Bedeutung alsVogelschutzgebietAbb. 1Nuthe-Nieplitz-Niederung – Stangenhagener PolderDas SPA ist vor allem wegen des Vorkommenszahlreicher an Feuchtgebiete und Gewässergebundener Brutvögel sowie alsDurchzugs- und Rastgebiet für Wasservögelvon großer Bedeutung. Es gehört in <strong>Brandenburg</strong>zu den wichtigsten Feuchtgebieten mitnationaler Bedeutung gem. Ramsar-Konvention(FNB) und bestätigt mehrfach die IBA-Kriterien. Die stark gegliederte <strong>Land</strong>schaft gewährleisteteine mannigfaltige Vogelwelt. Esbrüten mehrere Gründel- und Tauchentenarten,sporadisch auch die Spießente. In denVerlandungsbereichen nisten Wasserralle,Tüpfelsumpfhuhn-, Bläss- und Teichhuhn; dieRöhrichtzonen werden zahlreich von Rohrsängern(Drossel-, Teich-, Schilf-, Sumpfrohrsänger),Rohrschwirlen, Blaukehlchen undBartmeisen besiedelt. In den Feuchtwiesenhaben Kiebitz, Bekassine und Rotschenkel ihrBrutrevier, auch das des Waldwasserläufers inErlenbrüchen ist belegt.Von großer Bedeutung sind die Brutvorkommenverschiedener Greifvogelarten mit Seeadler,Fischadler, Rotmilan, Schwarzmilanund Rohrweihe.Seit etwa 1992 brütet der Seeadler im Gebiet,zunächst siedelte sich ein Brutpaar an, das inden meisten Jahren 1 bis 2 Jungvögel aufzog.Seit vermutlich 2003 brütet ein zweites Paarim SPA. Erste Bruten des Fischadlers wurdenbereits in den 70er Jahren registriert. Seitherentwickelte sich der Bestand auf gegenwärtigmindestens 5 Brutpaare. Bis auf ein Paar brütenalle auf Kunsthorsten.In den 60er Jahren brütete in den KörzinerWiesen regelmäßig nur ein Kranichpaar. Inzwischengibt es mindestens 23 Brutpaare inder Nuthe-Nieplitz-Niederung. Hinzu kommen5 BP im Teilgebiet Rangsdorfer See.1998 wurde das Rallenvorkommen in derNuthe-Nieplitz-Niederung genauer erfasst.Neben mindestens 34 Revieren der Wasser-LUA-Archiv, F. PlückenSPA 7023 – Das Europäische Vogelschutzgebiet Nuthe-Nieplitz-Niederung
138 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 14 (3, 4) 2005SPA 7023 – Das Europäische Vogelschutzgebiet Nuthe-Nieplitz-NiederungAbb. 2Spätsommer registriert, verbleiben sie ganzjährigim Gebiet und überwintern in kleinererZahl bis zu 11.4 ErhaltungszieleWesentliche Erhaltungsziele für VogelartenErhaltung und Wiederherstellung– eines repräsentativen Ausschnittes derweiträumigen, relativ unverbauten Niederungslandschaftder Nuthe-Notte-Niederungmit einer Reihe von Flachseen– strukturreicher, unverbauter, störungsarmerGewässer und deren Ufer mit ungemähtenSeggenrieden, VerlandungsundRöhrichtzonen sowie mit Submersvegetation– eines für Niedermoore, Feuchtwiesen undBruchwald typischen <strong>Land</strong>schaftswasserhaushaltesmit periodisch überflutetenFlächen (Grünland) und ganzjährig hohemWasserstand– eines Mosaiks an Lebensräumen von intaktenMooren, Sümpfen, Bruch- undSumpfwiesen sowie Binnendünen undTrockenrasen– einer strukturreichen Agrarlandschaft miteinem hohen Anteil an Grenzlinien undBegleithabitaten (z. B. Hecken, Baumreihen,Solitärbäumen, Lesesteinhaufen, Brachen,Randstreifen u. a. m.)ralle gelang auch der Nachweis von mindestens11 Revieren des Tüpfelsumpfhuhns; amRangsdorfer See beläuft sich der Bestand desTüpfelsumpfhuhns auf mind. 4 Reviere. DasKleine Sumpfhuhn wurde im Gebiet mehrfachnachgewiesen.2003 wurde der Rohrsängerbestand des TeilgebietesNuthe-Nieplitz-Niederung genauererfasst: Drosselrohrsänger 37, Teichrohrsänger>350, Schilfrohrsänger 116, Sumpfrohrsänger83, Feldschwirl 17, Rohrschwirl 63.Die Heidelerche ist in den armen Kiefernheidenmit angrenzenden Feldfluren nicht selten.Für das Teilgebiet Nuthe-Nieplitz-Niederungwurden in den Jahren 2000 bis 2004mindestens 22 bis 24 Reviere registriert, derMaximalbestand dürfte bei 34 bis 38 Revierenliegen.Während der Zugzeiten und im Winterhalbjahrkommt es zu Ansammlungen verschiedenerWasservögel in einer Größenordnung von185.000 Vögeln, darunter bis zu 140.000nordische Gänse auf den Schlafplätzen desGebietes, bis zu 1.800 Sturm- und Silbermöwenund mehrere Tausend Gründelenten.Zwischen den großen Gänseschlafplätzen anRangsdorfer, Blanken-, Grössinsee und Gänselaakebestehen enge Bindungen. DieÄsungsplätze befinden sich im Umkreis vonca. 30 km. Hauptsächlich rasten Bläss- undSaatgänse im Gebiet, selten sind Weißwangen-,Kurzschnabel-, Zwerggans und Rothalsgans.Zwei Schlafplätze für rastende Kranicheim Herbst umfassen bis zu 2.600 Vögel.Seit 1998 stieg der Winterbestand des Singschwansauf über 200. Bekannt ist die Artenvielfaltdurchziehender Limikolen in denWiedervernässungsgebieten mit Nachweisenseltener Arten wie Pfuhl- und Zwergschnepfe,Teichwasser-, Graubruststrand- und Sumpfläufersowie Odinshühnchen.Seit 1995 stieg der Bestand des Silberreihersauf mehr als 25 Vögel an. Zunächst nur ab5 Vorschläge zu MaßnahmenFür das Teilgebiet Nuthe-Nieplitz-Niederungwurde ein 10-jähriges Naturschutzgroßprojektrealisiert, in dessem Zuge der <strong>Land</strong>schaftsfördervereinca. 3.000 ha <strong>Land</strong> fürden gezielten Naturschutz erwarb. Die im<strong>Land</strong>schafts-Entwicklungsplan vorgesehenenMaßnahmen wurden weitgehend realisiert.Es ergeben sich jedoch folgende notwendigeAbb. 3Ansammlungen von Wat- und Wasservögeln sind typisch für die Vernässungsflächen im Nuthe-Nieplitz-GebietFoto: P. Koch