JÖRG HOFFMANN et al.: DAS EUROPÄISCHE VOGELSCHUTZGEBIET (SPA) MÄRKISCHE SCHWEIZ 103– einer strukturreichen Agrarlandschaftmit einem hohen Anteil an Grenzlinienund Begleitbiotopen (Hecken, Baumreihen,Solitärbäumen, Feldsöllen, Lesesteinhaufen,Brachen, Randstreifen undTrockenrasen mit eingestreuten Dornbüschenund Obstbäumen sowie einer mosaikartigenNutzungsstruktur– unverbauter, störungsarmer Gewässermit vielfältigen Strukturen (Sand-, Kies-,Schlamminseln u. ä.) und Ufern mitSchwimmblattgesellschaften und ganzjährigüberfluteter ausgedehnter ungemähterVerlandungs- und Röhrichtvegetationsowie Flachwasserbereichen undSubmersvegetation– unverbauter, strukturreicher, naturnaherund natürliche Fließgewässer mit ausgeprägterGewässerdynamik (Mäander,Kolke, Uferabbrüche, Altarme u. a. m.)– störungsarmer Schlaf- und VorsammelplätzeBrut- und Rastbestände im SPA Märkische Schweiz 1998-2004Art Wissensch. Name Brut Rast RL BB VSRL_Anh1 SPECHöckerschwan Cygnus olor 15-20 40-60 vSingschwan Cygnus cygnus 10-30 R xRothalsgans Branta ruficollis 1-2 x 1WWaldsaatgans Anser fabalis fabalis >1Tundrasaatgans Anser fabalis rossicus >25.000Kurzschnabelgans Anser brachyrhynchus 1-5Zwerggans Anser erythropus 1-6 x 1Blässgans Anser albifrons
104 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 14 (3, 4) 2005; 104–106TOBIAS DÜRR, TORSTEN RYSLAVY, GERTFRED SOHNSSPA 7010 – Das Europäische Vogelschutzgebiet Rietzer SeeDas Europäische Vogelschutzgebiet (SPA) Rietzer SeeSchlagwörter:1 Allgemein Angaben<strong>Land</strong>es-Nr. 7010EU-Nr. DE 3642-401Gesamtgröße: ca. 1.127 haEinbezogene Schutzgebiete:NSGFestgesetzt: Rietzer SeeLSG: -SPA Rietzer See, Wiedervernässung, Seggenrieder, WasserundWatvogelarten2 Beschreibung des GebietesDas ca. 7 km südöstlich der Stadt <strong>Brandenburg</strong>gelegene Vogelschutzgebiet gehört zur<strong>Land</strong>schaftseinheit <strong>Brandenburg</strong>-PotsdamerHavelgebiet, deren Gestalt im <strong>Brandenburg</strong>erStadium der Weichseleiszeit geprägtwurde. Der Niederungsteil zwischen Havelund Zauche wird durch einen Wechsel vonflachen Niederungen (überwiegend Niedermoorbis 1,5 m Torfmächtigkeit; stellenweisekalkunterlagert), Talsandstreifen, kleinenGrundmoräneninseln und kleinen Endmoränenrestencharakterisiert.Das Kernstück des Gebietes ist der ca. 4 kmlange, durchschnittlich nur 0,8 m tiefe, hocheutropheRietzer See (ca. 450 ha Wasserfläche),der vom Emsterkanal durchflossen wird.Wegen der starken Phytoplankton-Entwicklungund Eintrübung des Wassers fehlenUnterwasserpflanzen weitgehend. Die Wasserflächewird von breiten Röhrichtzonen gesäumt,denen wenige kleine Schwimmblattzonenvorgelagert sind. An die im Osten des Gebietesteilweise mehrere hundert Meter breitenSchilfzonen grenzen nicht eingedeichteWiesenbereiche. Im Süden tritt die Hochflächedes Lehniner <strong>Land</strong>es (Zauche), die die Niederungum 10 bis 20 m überragt, bis unmittelbaran die Niederung des Rietzer Sees heran. DerHolzberg ist die einzige Erhebung, die direktan die Verlandung des Sees heranreicht. Eineseit 1990 vorhandene Vernässungsfläche zwischendem Rietzer und dem Netzener See(Streng-Niederung) hat zu einer erheblichenAufwertung des Gebietes geführt.Wie auch in der Unteren Havelniederung tretenbesonders die Stromtalpflanzen mit teilweisekontinentalem Verbreitungsschwerpunktund thermophilen Standortansprüchenhervor. Aktuell bedeutende Salzstellen im JeserigerBruch (galt in den 70er und 80er Jahrenbereits als erloschen) und am NetzenerSee beherbergen eine Reihe von Salzpflanzen.Hier liegt das bedeutendste Vorkommender Strandaster in <strong>Brandenburg</strong> (ca. 700.000Ind.). Das Sumpfknabenkraut hat einen Bestandvon über 1.000 Pflanzen.Die Streng-Niederung, ursprünglich die natürlicheWasserverbindung zwischen demNetzener See und dem Moorsee, einem Teildes Rietzer Sees, war bis in die 60er Jahrehinein überwiegend durch Seggenriede charakterisiert,die abhängig vom Havelwasserstandmit ganzjährigen Überflutungen nurextensiv bewirtschaftet werden konnten. Einab den 60er Jahren durchgeführtes Meliorationsprojekt(Eindeichung; Entwässerung überein angelegtes Grabennetz und 2 Schöpfwerke)machte die hohe faunistische und floristischeBedeutung dieser nassen Seggenriede,die beispielsweise wichtigstes Brutgebiet desSeggenrohrsängers am Rietzer See waren,innerhalb weniger Jahre zunichte. Die zentralenBereiche des Strengs verlandeten durchzunehmenden Wasserentzug. Mit der Einstellungdes Schöpfwerkbetriebes am Streng imJahr 1990 vernässte die Streng-Niederungpermanent auf einer Fläche von ca. 80 ha,nachdem auch der Hauptgrabenabzug zumEmsterkanal geschlossen wurde. Es entstandein nahrungsreiches Flachgewässer mitUnterwasservegetation, Röhrichten und kleinenSchlickflächen bei niedrigem Wasserstand,dessen ökologische Entwicklung nochnicht abgeschlossen ist.3 Bedeutung alsVogelschutzgebietDas Gebiet des Rietzer Sees ist besonderswegen seines Vogelreichtums von herausragenderBedeutung. Es dient zahlreichen bestandsgefährdetenWasser- und Watvogelarten,die z. T. in beachtlicher Anzahl vorkommen,als Brutgebiet. Bislang wurden in diesemrelativ kleinflächigen SPA seit 1960 insgesamtetwa 280 Vogelarten nachgewiesen (davon77 als Brutvögel).Das westlichste mitteleuropäische Brutvorkommendes Seggenrohrsängers befand sicham Rietzer See (bis 25 Rev.) und erlosch imZuge der Meliorationsmaßnahmen (Verlustder Seggenriede) 1979. Zu den in den letzten10 Jahren nicht mehr als Brutvögel nachgewiesenenArten zählen Großtrappe, Sumpfohreule,Korn- und Wiesenweihe. Auch dienoch in den 70er Jahren regelmäßig brütendenUferschnepfen verloren durch die Meliorationsmaßnahmeneinen ihrer wichtigstenLebensräume. Die Bestände der Feuchtwiesenbrüterreduzierten sich ganz allgemein inden 70er und 80er Jahren. Dennoch weistdas Gebiet des Rietzer Sees nach weitgehenderMelioration der umliegenden Feuchtlandschaften(1959-1989) wieder den Charaktereines in Teilen erhalten gebliebenen Refugiumsfür viele Wasser- und Schilfvogelartenauf. Die großflächigen Verlandungszonenbeherbergen überregional bedeutsameBrutvogelbestände mit hohen Siedlungsdichtenvon Schilfbrüterarten, (z. B. Bartmeise,Blaukehlchen, Rohrschwirl, Schilfrohrsänger).Mit der Wiedervernässung der Streng-Niederungerfolgte eine schnelle Besiedlung diesesGebietes durch Wasser- und Watvögel. Soentwickelte sich nach 1991 das landesweitgrößte Brutvorkommen des Schwarzhalstauchersmit max. 180 Paaren, ging aber mitAuflösung einer Lachmöwenkolonie wiederdrastisch zurück. Der Rothalstaucher besiedeltedie Flachwasserfläche mit mehr als 10Abb. 1Der Rietzer See mit angrenzenden Wirtschafts- und VernässungsflächenFoto: LUA-Archiv, F. Plücken