WINFRIED DITTBERNER, RALF KÖHLER: DAS EUROPÄISCHE VOGELSCHUTZGEBIET (SPA) UNTERES ODERTAL 97Abb. 2und Karmingimpel, während das Vorkommenanderer Wiesenbrüter wie Kampfläufer, Uferschnepfeund Wiesenweihe erloschen ist. Hervorzuhebensind die auch überregional wichtigenBrutplätze von Brandgans, Spieß-, Knäk-,Schnatter- und Löffelente. Gelegentlich, wieim Sommer 1996 nach sommerlicher Flutungeines Teils der Polder, unternahmen Zwergmöwe,Weißbart- und WeißflügelseeschwalbeBrutversuche.Im unteren Odertal hat sich mit 12 BP(2005) ein Brutbestand des Gänsesägers erhalten,der in Verbindung mit den Vorkommenan der Alten Oder, am mittleren Oderlaufund einer Teilpopulation in Schleswig-Holstein sowie an der Ostseeküste das einzigestabile Brutvorkommen der nordeuropäischenPopulation der Art darstellt. Maßgeblichfür das Vorkommen sind ausreichendbemessene Höhlen im Altholz verschiedenerLaubbäume, die Fließe und Strom säumen.In den Hangwäldern des Gebietes leben Seeadler,Rot- und Schwarzmilan, Wespenbussardsowie Mittelspecht. Auf reich strukturiertenWiesen mit Gebüschen und Altwässern befindensich die Brutvorkommen von Sperbergrasmücke,Neuntöter, Beutelmeise und Sprosser.Die Flutungspolder haben als Rastgebiet fürZugvögel eine internationale Bedeutung.Zum Frühjahr liegen die Rastbestände derWasservögel bei über 100.000. Hervorzuhebensind die Rastbestände von Saat-, Blässgans,Sing-, Zwerg- und Höckerschwan, diehier größere Schlaf- und Nahrungsplätze innehaben.Vor allem im Frühjahr bevölkernPfeif-, Spieß-, Löffel-, Krick- und Knäkentenzahlreich, oft zu mehreren Tausend, dieFeuchtwiesen und Flachgewässer. Auf dentieferen Gewässern und der Oder versammelnsich Tauchenten, wie Schell-, ReiherundTafelente.Die großflächigen Feuchtwiesen erlangen indieser Zeit besonderen Wert für durchziehendeLimikolen, u. a. Bekassine, Zwergschnepfe,Kiebitz, Kampfläufer, Dunkler Wasserläu-SPA 7007 – Das Europäische Vogelschutzgebiet Unteres OdertalAbb. 3 Schwarzhalstaucher auf dem <strong>Land</strong>iner Haussee Foto: W. Dittberner
98 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 14 (3, 4) 2005SPA 7007 – Das Europäische Vogelschutzgebiet Unteres OdertalAbb. 4Wasservogelkonzentrationen im SPA Untere Oder u. a. mit Singschwänen und PfeifentenFoto: W. Dittbernerfer, Grünschenkel, Bruchwasserläufer, Rotschenkel.Alpen- und Temminckstrandläufer.Hervorzuheben sind die Rastbestände desKampfläufers (bis zu 2.300).Auf polnischer Seite befindet sich ein größererKranichschlafplatz, auf dem zeitweilig imHerbst bis zu 15.000 Vögel rasten, die teilweiseauch die Polder auf deutscher Seitefrequentieren, hauptsächlich aber die westlichan das Vogelschutzgebiet angrenzendenÄcker zur Nahrungssuche aufsuchen. Hierbefinden sich auch die Nahrungsgründe dernordischen Gänse, die im Gebiet durchausdie 80.000 erreichen.Im Herbst und im Winter haben die Oderund die Hohensaaten-Friedrichstaler Wasserstraßebei Eisfreiheit als Rastgebiet für Tauchenten,Zwerg- und Gänsesäger erheblicheBedeutung. Vor allem für die beiden Sägerartenstellt das Gebiet mit dem Oderhaff daswichtigste Überwinterungsgebiet in <strong>Brandenburg</strong>und Westpolen dar. Bis zu 2.200Gänse- und 250 Zwergsäger fliegen dann abNovember ins Odertal ein. Im Haff befindensich zu dieser Zeit noch deutlich größere Ansammlungen(MIZERA et al. 1994).Der Reichtum an Wasservögeln im Winter undzu den Zugzeiten lockt zahlreiche Greifvögelan. Herausragend sind die Winterbestände desSeeadlers mit bis zu 60 Vögeln. Aber auch dasAuftreten von Raufußbussard, Kornweihe, Habicht,Sperber, Merlin und Wanderfalke imWinterhalbjahr verdient Beachtung.4 ErhaltungszieleWesentliche Erhaltungsziele für VogelartenErhaltung und Wiederherstellung– des Unteren Odertales als einer mitteleuropäischbedeutsamen Tieflandstromniederungund Auenlandschaft– der naturnahen störungsarmen Flussauemit natürlicher Überschwemmungsdynamikund einem Mosaik von offenen Flächen,Wald und Gebüschen entlang derOder einschließlich deren Ufer mit ganzjährigüberfluteten Seggenrieden, Verlandungs-und Röhrichtvegetation sowieFlachwasser mit Schwimmblattgesellschaftenund Submersvegetation– eines für Auen und Niedermoore typischen<strong>Land</strong>schaftswasserhaushaltes, einesnaturnahen Wasserregimes und des natürlichenSelbstreinigungspotenzials desStromes und der Aue– einer ausgeprägten Gewässerdynamik(Uferabbrüche, Steilwände, Altarme,Sand-, Schlamm-, Kiesinseln)– störungsarmer und -freier, reich strukturierter,naturnaher Auen- und Hangwäldersowie Laubmischwälder mit hohemAlt- und Totholz-Anteil, alten Einzelbäumen,Überhältern sowie langen Grenzlinienund Freiflächen, langfristiger Regenerationvon Forsten zu Naturwäldern,ausgerichtet an der potenziellen natürlichenVegetation– eines reichen Angebotes an Habitat-Holzstrukturen(Höhlen, Risse, Teilkronenbrüche,Wurzelteller, rauer Stammoberflächeu. a.), vor allem in Eichen- und Buchen-Mischwäldern sowie Mischbeständen– mehrjähriger Grünlandbrachen und -flächenin extensiver Nutzung mit Verzahnungvon Feucht- und Nasswiesen mitganzjährig überfluteter, ungemähter Verlandungs-und RöhrichtvegetationAbb. 5SeggenrohrsängerFoto: A. Kozulin