NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 14 (3, 4) 2005; 113–115 113MATHIAS PUTZE, TORSTEN RYSLAVYDas Europäische Vogelschutzgebiet (SPA) –Agrarlandschaft Prignitz-StepenitzSchlagwörter:1 Allgemeine AngabenSPA Agrarlandschaft Prignitz-Stepenitz, Fließgewässer,strukturreiche Agrarlandschaft, Truppenübungsplatz<strong>Land</strong>es-Nr.: 7015EU-Nr.: DE 2738-421Gesamtgröße: ca. 34.155 haEinbezogene Schutzgebiete:NSGFestgesetz: Hainholz an der Stepenitz; Marienfließ;Quaßliner Moor; StepenitzIm Verfahren: Gülitzer Kohlegruben; SchlatbachLSGFestgesetzt: Osargebiet bei Perleberg2 Beschreibung des GebietesDas SPA Agrarlandschaft Prignitz-Stepenitzbefindet sich im Nordwesten <strong>Brandenburg</strong>sim nördlichen Teil des <strong>Land</strong>kreises Prignitz,an Mecklenburg-Vorpommern anschließend.Es wird in seinem nördlichen Randbereichvon der A 24 durchschnitten.Die Prignitz, naturräumlich zum NordbrandenburgischenPlatten- und Hügelland gehörend,ist eine flachwellige Grundmoränenplattemit moorigen Rinnen und Niederungszügensowie einigen Hügelketten. DerAnbau von Getreide und Hackfrüchten aufden sandig-lehmigen Böden hat im Gebieteine Jahrhunderte lange Tradition. Hiervonzeugen große <strong>Land</strong>güter, wie z. B. in GroßLangerwisch und Lockstädt. Charakteristischfür diese <strong>Land</strong>schaft ist ihr Reichtuman Alleen und Hecken, die große landwirtschaftlicheFlächen unterteilen und einerVielzahl an Vögeln als Brut- und Nahrungshabitatdienen.In der Agrarlandschaft finden sich Solitärbäume,Feldsölle, Lesesteinhaufen, Brachen,Randstreifen und Trockenrasen, die den Biotopverbundbegünstigen. Besonders hervorzuhebenist das dichte Netz von z. T. naturnahenund weitgehend unverbauten, Fließgewässernwie der Stepenitz mit ihren Zuflüssen(z. B. Dömnitz, Schlat-, Freuden-,Rot- und Kreuzbach), die oft mit Erlensäumenbestanden sind. Sie durchfließen odertangieren Feuchtwiesen, teilweise artenreicheLaubmischwälder mit Erle, Stieleiche,Hainbuche und Rotbuche. Kiefern- undLaubmischwälder nehmen etwa ein Fünftelder Gebietsfläche ein. An Standgewässerngibt das Teichgebiet Retzin/Kreuzburg undden Flachlandspeicher Preddöhl. Zum SPAgehört auch das NSG Marienfließ im Norden,das als ehemaliger Truppenübungsplatz(TÜP) aus Sandoffenflächen, -heiden sowielichten Kiefernwäldern und -heiden besteht(BEUTLER 1993).3 Bedeutung alsVogelschutzgebietVon besonderer Bedeutung ist die Agrarlandschaftfür Arten wie Ortolan (>300 BP) undNeuntöter (200-300 BP). Der hohe Grenzlinienanteilund die vielfältige Struktur der<strong>Land</strong>schaft sind eine wesentliche Voraussetzungfür EU-weit bedeutende Brutbeständedieser beiden Arten. Eine reichhaltige Heckenstrukturbedingt einen relativ hohen Bestandvon Neuntöter und Sperbergrasmücke.Auch der Raubwürger ist gut vertreten. DieWiesenweihe findet in diesem Gebiet günstigeBrutbedingungen. Mindestens 4 Paare haben2005 in der Agrarlandschaft gebrütet.Das Fließgewässersystem der Stepenitz undLöcknitz bietet mit angrenzenden Feuchtwäldernund -wiesen u. a. Lebensraum für landesweitbeachtliche Bestände von Schwarzstorch(4-5 BP), Kranich und Eisvogel. DerSchwarzstorch-Bestand in diesem SPA bildetsogar über 10 % des <strong>Land</strong>esbestandes. Dasdürfte im verfügbaren Nahrungsangebot (vorrangigKleinfische) der Stepenitz-Fließgewässerbegründet sein. In den Laub- und -mischwäldernmit einem hohen Anteil an Alt- undHöhlenbäumen kommen u. a. Schwarz- undMittelspecht sowie Wespenbussard (>6 BP)vor. Ebenfalls von Bedeutung sind die großenzusammenhängenden halboffenenSand- und Kiefernheideflächen des NSG Marienfließ,die Brut- und Nahrungshabitate fürindividuenreiche Populationen von Ziegenmelker(15-30 BP/> 55 balzende Männchen– 2005), Heidelerche, Raubwürger undSchwarzkehlchen bieten. See- und Fischadler,Rot- und Schwarzmilan sowie Weißstorchbrüten im Gebiet. Feuchte und überstauteGrünland- und Niedermoorbereichesind u. a. als Rast- und Nahrungsgebiet fürKranich, Goldregenpfeifer, Kiebitz, SchwarzundWeißstorch wichtig. Das Teichgebiet beiRetzin ist für Wasservögel (insbes. Taucher,Enten, Limikolen) von regionaler Bedeutung,während der Flachlandspeicher bei Preddöhlnur in den ersten Jahren seiner Existenz avifaunistischinteressant war; Sukzession undStörungen beeinträchtigen Ufer und Inselerheblich.Abb. 1Stepenitz und Dömnitz sind bedeutende naturnahe Fließgewässer im SPA Prignitz-StepenitzLUA-Archiv, CIRNSPA 7015 – Das Europäische Vogelschutzgebiet Agrarlandschaft Prignitz-Stepenitz
114 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 14 (3, 4) 2005SPA 7015 – Das Europäische Vogelschutzgebiet Agrarlandschaft Prignitz-StepenitzAbb. 24 ErhaltungszieleWesentliche Erhaltungsziele für VogelartenErhaltung und Wiederherstellung– einer strukturreichen Agrarlandschaft miteinem hohen Anteil an Grenzlinien undBegleitbiotopen (Hecken, Baumreihen,Solitärbäumen, Feldsöllen, Lesesteinhaufen,Brachen, Randstreifen und Trockenrasenmit eingestreuten Dornbüschenund Obstbäumen sowie einer mosaikartigenNutzungsstruktur– des Stepenitz- und Löcknitz-Fließgewässersystemsmit ihren Zuflüssen als unverbaute,naturnahe und natürliche Fließgewässermit ausgeprägter Gewässerdynamik(Mäander, Kolke, Uferabbrüche, Steilwände,Altarme, Sand- und Kiesbänken)– störungsfreier Waldgebiete, strukturreichernaturnaher Laub- und -mischwäldermit hohem Altholzanteil sowie stehendemund liegendem Totholz, vonÜberhältern sowie Habitat-Holzstrukturen(Höhlen, Risse, Teilkronenbrücheu. a.); von Bruchwäldern und Waldmooren,halboffenen Kiefernwäldern und -heiden (Laubholzanteil) und strukturiertenWaldrändern (Eichenanteil)– von Waldmooren, Sümpfen, Kleingewässernmit naturnaher Wasserstandsdynamik– eines für Niedermoore typischen <strong>Land</strong>schaftswasserhaushaltes,vor allem in derStepenitz-Flussniederung mit periodischüberschwemmten winterlich oder ganzjährigüberfluteten Flächen (Grünland)und ganzjährig hohen GrundwasserständenAbb. 3Mohnfeld in der Agrarlandschaft Prignitz-Stepenitz5 Vorschläge zu MaßnahmenDer Erhalt der Alleen ist für den Ortolan wichtig,um geeignete Habitatstrukturen zu fördern.Eine Bestandsgefährdung entsteht ausder Fällung von Alleebäumen sowie fehlendenNach- und Neupflanzungen. Sie sind insbesonderein der relativ ausgeräumten Agrarlandschaftzwischen Steffenshagen undSchönhagen erforderlich. Hecken, AckerrandstreifenSolitärbäume sollten erhalten bzw.neu gepflanzt werden. Bäume auf Weideflächenauszukoppeln, dient ihrem Schutz.In Teilbereichen ist eine Extensivierung der<strong>Land</strong>wirtschaft anzustreben, um u. a. auchdas Insektenangebot zu erhöhen. So gibt esderzeit einen relativ hohen Anteil an RapsundMaisschlägen, der für die wertbestimmendenArten wie Ortolan, Wiesenweihe,Schwarz- und Rotmilan ungeeignete Habitatbedingungenschafft. Dagegen wäre eineFörderung des Anbaus von Hackfrüchtenund Getreide für einen günstigen Erhaltungszustandder Arten geeignet.Sehr wichtig ist es, die relative Unzerschnittenheitder <strong>Land</strong>schaft zu erhalten. Deshalbsollten ein systematischer Wegeausbau nichtzugelassen und die historischen Kopfsteinpflasterwegeund -straßen erhalten werden.Der Rückbau wenig begangener Wege wäresinnvoll.Um den ökologischen Zustand des Stepenitz-Fließgewässerystems zu optimieren, sind begradigteFließe bzw. Teilbereiche (z. B. Zieskenbach)zu renaturieren, ihre Ufersäume zuschützen und Nährstoffeinträge zu reduzieren(Auskopplung Uferstreifen bei Beweidung,Düngungsverbot in Pufferstreifen).Im SPA sollten aufgrund von Konzentrationender Großvögel keine weiteren Windkraftanlagenerrichtet und die vorhandenen nach Ab-Foto: M. Putze