Psychosoziale Onkologie - Institut - Johannes Gutenberg-Universität ...
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Regionaler Wegweiser psychosoziale <strong>Onkologie</strong>: Tumorschmerztherapie Seite 44<br />
zen, die für eine andere Indikation zugelassen wurden. Sie können den Nutzen der Nichtopioidanalgetika<br />
oder der Opioide erhöhen. Zu ihnen zählen die trizyklischen Antidepressiva und<br />
Antikonvulsiva, NMDA-Antagonisten (Ketamin), Glukokortikosteroide und Bisphosphonate.<br />
Trizyklische Antidepressiva wirken in erheblich niedrigeren Dosierungen analgetisch als zur<br />
Behandlung von Depressionen. Neuroleptika und selektive Serotonin-Rückaufnahmeinhibitoren<br />
(SSRI) haben keine analgetische Wirkung. Sie sind jedoch als adjuvante Pharmaka<br />
bei Übelkeit/Erbrechen (Neuroleptika), Sedierung (Neuroleptika) und zur Therapie von Depressionen<br />
(SSRI) wertvoll.<br />
Bei einschießenden Schmerzattacken oder klinischen Zeichen von Hyperalgesie bzw. Allodynie<br />
sind Antikonvulsiva wirksam, ebenso bei Hyperalgesie (besondere Schmerzhaftigkeit auf<br />
schmerzhafte Reize) und Allodynie (Schmerzen bei nicht schmerzhafter Berührung). Sie<br />
dämmen die dafür ursächlichen spinalen Sensibilisierungsprozesse ein. Gabapentin (z.B. Neurontin®)<br />
hat eine günstigere Nutzen-Risiko-Relation als das ältere Carbamazepin. Das neuere<br />
Pregabalin (Lyrica®) hat strukturelle Ähnlichkeit mit Gabapentin und hemmt wie jenes die<br />
Aktivität spannungsabhängiger Calcium-Kanäle im ZNS. Es ist höher potent, kann daher in<br />
geringeren Dosierungen als Gabapentin analgetisch/antihyperalgetisch wirken und erzeugt geringere<br />
Nebenwirkungen. Eine initial zu hohe Dosis erzeugt allerdings die gleichen Nebenwirkungen.<br />
Deshalb ist bei reduziertem Allgemeinzustand ein protrahierter Beginn mit zweimal<br />
25 mg/Tag sinnvoll, während bei anderen Patienten Einzeldosierungen von 50 mg und 75<br />
mg üblich sind. Bei Allodynie können zusätzlich topische Verabreichungen auf Salbengrundlage<br />
wertvoll sein (Lidocain, Clonidin, Capsaicin). An dieser Stelle sollen klinische Beobachtungen<br />
erwähnt werden, die sowohl für Levomethadon als auch für Buprenorphin bei klinisch<br />
ausgeprägter Hyperalgesie eine antihyperalgetische Wirkung belegen. Kontrollierte Studien<br />
fehlen.<br />
Die manchmal quälenden dauerhaften Brennschmerzen bzw. Dysästhesien sprechen gut auf<br />
die Natriumkanal-blockierende Teilwirkung der trizyklischen Antidepressiva an. Die neueren<br />
SSRI hingegen wirken auf diese Beschwerden nicht, sie können aber bei psychischer Komorbidität<br />
(Depression) angezeigt sein und allein aufgrund ihrer antidepressiven Wirksamkeit den<br />
affektiv-emotionalen Anteil von Schmerzempfindungen verringern.