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Bd 7 Vorträge und Aufsätze - gesamtausgabe

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130 Was heißt Denken? Was heißt Denken? 131Nur wenn wir das mögen, was in sich das zu-Bedenkende ist,vermögen wir das Denken.Damit wir in dieses Denken gelangen, müssen wir an unseremTeil das Denken lernen. Was ist Lernen? Der Mensch lernt, indemer sein Tun <strong>und</strong> Lassen zu dem in die Entsprechung bringt, wasihm jeweils an Wesenhaftem zugesprochen wird. Das Dlenken lernenwir, indem wir auf das achten, was es z u bedenken gibt.Unsere Sprache nennt das, was zum Wesen des Fre<strong>und</strong>es gehört<strong>und</strong> ihm entstammt, das Fre<strong>und</strong>liche. Demgemäß nennenwir jetzt das, was in sich das zu-Bedenkende ist, das Bedenkliche.Alles Bedenkliche gibt zu denken. Aber es gibt diese Gabe immernur insoweit, als das Bedenkliche schon von sich her das zu-Bedenkendeist. Wir nennen darum jetzt <strong>und</strong> in der Folge dasjenige,was stets, weil einsther, was allem voraus <strong>und</strong> so einsthin zu denkengibt: das Bedenklichste.Was ist das Bedenklichste? Woran zeigt es sich in unserer bedenklichen”Zeit?Das Bedenklichste zeigt sich daran, daß wir noch nicht denken.Immer noch nicht, obgleich der Weltzustand fortgesetzt bedenklicherwird. Dieser Vorgang scheint freilich eher zu fordern, daßder Mensch handelt, statt in Konferenzen <strong>und</strong> auf Kongressen zureden <strong>und</strong> dabei sich im bloßen Vorstellen dessen zu bewegen,was sein sollte <strong>und</strong> wie es gemacht werden müßte. Demnachfehlt es am Handeln <strong>und</strong> keineswegs am Denken.Und dennoch - vielleicht hat der bisherige Mensch seit Jahrh<strong>und</strong>ertenbereits zu viel gehandelt <strong>und</strong> zu wenig gedacht.Aber wie kann heute jemand behaupten, daß wir noch nicht125 denken, wo doch überall das Interesse für die Philosophie rege ist<strong>und</strong> immer geschäftiger wird, so daß jedermann wissen will, wases denn mit der Philosophie auf sich habe.Die Philosophen sind die Denker. So heißen sie, weil das Denkensich vornehmlich in der Philosophie abspielt. Niemand wirdleugnen, daß heute ein Interesse für die Philosophie besteht.Doch gibt es heute noch etwas, wofür der Mensch sich nicht interessiert,in der Weise nämlich, wie der heutige Mensch das »Interessieren«versteht?Inter-esse heißt: unter <strong>und</strong> zwischen den Sachen sein, mitten ineiner Sache stehen <strong>und</strong> bei ihr ausharren. Allein, für das heutigeInteresse gilt nur das Interessante. Das ist solches, was erlaubt, imnächsten Augenblick schon gleichgültig zu sein <strong>und</strong> durch anderesabgelöst zu werden, was einen dann ebensowenig angeht wiedas vorige. Man meint heute oft, etwas sei dadurch besonders gewürdigt,daß man es interessant findet. In Wahrheit hat mandurch dieses Urteil das Interessante zum Gleichgültigen hinabgewürdigt<strong>und</strong> in das alsbald Langweilige weggeschoben.Daß man ein Interesse für die Philosophie zeigt, bezeugt keineswegsschon eine Bereitschaft zum Denken. Selbst die Tatsache,daß wir uns Jahre hindurch mit den Abhandlungen <strong>und</strong>Schriften der großen Denker eindringlich abgeben, leistet nochnicht die Gewähr, daß wir denken oder auch nur bereit sind, dasDenken zu lernen. Die Beschäftigung mit der Philosophie kannuns sogar am hartnäckigsten den Anschein vorgaukeln, daß wirdenken, weil wir doch »philosophieren«.Gleichwohl erscheint es als anmaßend, zu behaupten, daß wirnoch nicht denken. Allein, die Behauptung lautet anders. Siesagt: das Bedenklichste zeigt sich in unserer bedenklichen Zeitdaran, daß wir noch nicht denken. In der Behauptung wird daraufhingewiesen, daß das Bedenklichste sich zeigt. Die Behauptungversteigt sich keineswegs zu dem abschätzigen Urteil, über- 126all herrsche nur die Gedankenlosigkeit. Die Behauptung, daß wirnoch nicht denken, will auch keine Unterlassung brandmarken.Das Bedenkliche ist das, was zu denken gibt. Von sich her sprichtes uns daraufhin an, daß wir uns ihm zuwenden, <strong>und</strong> zwar denkend.Das Bedenkliche wird keineswegs durch uns erst aufgestellt.Es beruht niemals nur darauf, daß wir es vorstellen. Das Bedenklichegibt, es gibt uns zu denken. Es gibt, was es bei sich hat.d Es’ 3. Auflage 1967: unbedenklichen? d 3. Auflage 1967: Es gibt

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