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Bd 7 Vorträge und Aufsätze - gesamtausgabe

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162 Bauen Wohnen Denken Bauen Wohnen Denken 163Die Griechen denken die +q, das Hervorbringen, vom Erscheinenlassenher. Die so zu denkende &xvq verbirgt sich von altersherim Tektonischen der Architektur. Sie verbirgt sich neuerdingsnoch <strong>und</strong> entschiedener im Technischen der Kraftmaschinentechnik.Aber das Wesen des bauenden Hervorbringens läßt sichweder aus der Baukunst noch aus dem Ingenieurbau, noch auseiner bloßen Verkoppelung beider zureichend denken. Das bauendeHervorbringen wäre auch dann nicht angemessen bestimmt,wollten wir es im Sinne der ursprünglich griechischen &xvq nurals Erscheinenlassen denken, das ein Hervorgebrachtes als einAnwesendes in dem schon Anwesenden anbringt.Das Wesen des Bauens ist das Wohnenlassen. Der Wesensvollzugdes Bauens ist das Errichten von Orten durch das Fügen ihrer155 Bäume. Nur wenn wir das Wohnen vermögen, können wir bauen.Denken wir für eine Weile an einen Schwarzwaldhof, den vorzwei Jahrh<strong>und</strong>erten noch bäuerliches Wohnen baute. Hier hatdie Inständigkeit des Vermögens, Erde <strong>und</strong> Himmel, die Göttlichen<strong>und</strong> die Sterblichen einfältig in die Dinge einzulassen, dasHaus gerichtet. Es hat den Hof an die windgeschützte Berglehnegegen Mittag zwischen die Matten in die Nähe der Quelle gestellt.Es hat ihm das weit ausladende Schindeldach gegeben, dasin geeigneter Schräge die Schneelasten trägt <strong>und</strong> tief herabreichenddie Stuben gegen die Stürme der langen Winternächteschützt. Es hat den Herrgottswinkel hinter dem gemeinsamenTisch nicht vergessen, es hat die geheiligten Plätze für Kindbett<strong>und</strong> Totenbaum, so heißt dort der Sarg, in die Stuben eingeräumt<strong>und</strong> so den verschiedenen Lebensaltern unter einem Dach dasGepräge ihres Ganges durch die Zeit vorgezeichnet. Ein Handwerk,das selber dem Wohnen entsprungen, seine Geräte <strong>und</strong>Gerüste noch als Dinge braucht, hat den Hof gebaut.Nur wenn wir das Wohnen vermögen, können wir bauen. DerHinweis auf den Schwarzwaldhof meint keineswegs, wir sollten<strong>und</strong> könnten zum Bauen dieser Höfe zurückkehren, sondern erveranschaulicht an einem gewesenen Wohnen, wie es zu bauenvermochte.Das Wohnen aber ist der Gr<strong>und</strong>zug des Seins, demgemäß dieSterblichen sind. Vielleicht kommt durch diesen Versuch, demWohnen <strong>und</strong> Bauen nachzudenken, um einiges deutlicher ansLicht, daß das Bauen in das Wohnen gehört <strong>und</strong> wie es von ihmsein Wesen empfängt. Genug wäre gewonnen, wenn Wohnen<strong>und</strong> Bauen in das Fragwürdige gelangten <strong>und</strong> so etwas Denkwürdigesblieben.Daß jedoch das Denken selbst in demselben Sinn wie das Bauen,nur auf eine andere Weise, in das Wohnen gehört, mag derhier versuchte Denkweg bezeugen.Bauen <strong>und</strong> Denken sind jeweils nach ihrer Art für das Wohnen 156unumgänglich. Beide sind aber auch unzulänglich für das Wohnen,solange sie abgesondert das Ihre betreiben, statt aufeinanderzu hören. Dies vermögen sie, wenn beide, Bauen <strong>und</strong> Denken,dem Wohnen gehören, in ihren Grenzen bleiben <strong>und</strong> wissen, daßeines wie das andere aus der Werkstatt einer langen Erfahrung<strong>und</strong> unablässigen Übung kommt.Wir versuchen, dem Wesen des Wohnens nachzudenken. Dernächste Schritt auf diesem Wege wäre die Frage: wie steht es mitdem Wohnen in unserer bedenklichen Zeit? Man spricht allenthalben<strong>und</strong> mit Gr<strong>und</strong> von der Wohnungsnot. Man redet nichtnur, man legt Hand an. Man versucht, die Not durch Beschaffungvon Wohnungen, durch die Förderung des Wohnungsbaues,durch Planung des ganzen Bauwesens zu beheben. So hart <strong>und</strong>bitter, so hemmend <strong>und</strong> bedrohlich der Mangel an Wohnungenbleibt, die eigentliche Not des Wohnens besteht nicht erst im Fehlenvon Wohnungen. Die eigentliche Wohnungsnot ist auch älterals die Weltkriege <strong>und</strong> die Zerstörungen, älter auch denn dasAnsteigen der Bevölkerungszahl auf der Erde <strong>und</strong> die Lage desIndustrie-Arbeiters. Die eigentliche Not des Wohnens beruht darin,daß die Sterblichen das Wesen des Wohnens immer erst wiedersuchen, daß sie das Wohnen erst lernen müssen. Wie, wenn dieHeimatlosigkeit des Menschen darin bestünde, daß der Menschdie eigentliche Wohnungsnot noch gar nicht als die Not bedenkt?Sobald der Mensch jedoch die Heimatlosigkeit bedenkt, ist sie be-

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