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Bd 7 Vorträge und Aufsätze - gesamtausgabe

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64 Wissenschaft <strong>und</strong> Besinnung Wissenschaft <strong>und</strong> Besinnung 65Das Wort »bilden« meint einmal: ein Vor-bild aufstellen <strong>und</strong> eineVor-Schrift herstellen. Es bedeutet sodann: vorgegebene Anlagenausformen. Die Bildung bringt ein Vorbild vor den Menschen,demgemäß er sein Tun <strong>und</strong> Lassen ausbildet. Bildung bedarfeines zum voraus gesicherten Leitbildes <strong>und</strong> eines allseitig befestigtenStandortes. Das Erstellen eines gemeinsamen Bildungsideals<strong>und</strong> seine Herrschaft setzen eine fraglose, nach jeder Richtunggesicherte Lage des Menschen voraus. Diese Voraussetzungihrerseits muß in einem Glauben an die unwiderstehliche Machteiner unveränderlichen Vernunft <strong>und</strong> ihrer Prinzipien gründen.Die Besinnung bringt uns dagegen erst auf den Weg zu demOrt unseres Aufenthalts. Dieser bleibt stets ein geschichtlicher k ,d.h. ein uns zugewiesener, gleichviel ob wir ihn historisch vorstellen,zergliedern <strong>und</strong> einordnen oder ob wir meinen, durch einenur gewollte Abkehr von der Historie uns künstlich aus der Geschichtelösen zu können.Wie <strong>und</strong> wodurch unser geschichtlicher Aufenthalt sein Wohnenan- <strong>und</strong> ausbaut, darüber vermag die Besinnung unmittelbarnichts zu entscheiden.Das Zeitalter der Bildung geht zu Ende, nicht weil die Ungebildetenan die Herrschaft gelangen, sondern weil Zeichen einesWeltalters sichtbar werden, in dem erst das Fragwürdige wiederdie Tore zum Wesenhaften aller Dinge <strong>und</strong> Geschicke öffnet.Dem Anspruch der Weite, dem Anspruch des’ Verhaltens” diesesWeltalters entsprechen wir, wenn wir beginnen, uns zu besinnen,indem wir uns auf den Weg einlassen, den jener Sachverhaltschon eingeschlagen hat, der sich uns im Wesen der Wissenschaft,jedoch nicht nur hier, zeigt.Gleichwohl bleibt die Besinnung vorläufiger, langmütiger <strong>und</strong>ärmer als die vormals gepflegte Bildung im Verhältnis zu ihrem66 Zeitalter. Die Armut der Besinnung ist jedoch das Versprechenauf einen Reichtum, dessen Schätze im Glanz jenes Nutzlosenleuchten, das sich nie verrechnen läßt.Die Wege der Besinnung wandeln sich stets, je nach der Wegstelle,an der ein Gang beginnt, je nach der Wegstrecke, die erdurch mißt, je nach dem Weitblick, der sich unterwegs in dasFragwürdige öffnet.Wenngleich die Wissenschaften gerade auf ihren Wegen <strong>und</strong>mit ihren Mitteln niemals zum Wesen der Wissenschaft vordringenkönnen, vermag doch jeder Forscher <strong>und</strong> Lehrer derWissenschaften, jeder durch eine Wissenschaft hindurchgehendeMensch als denkendes Wesen auf verschiedenen Ebenen der Besinnungsich zu bewegen <strong>und</strong> sie wachzuhalten.Doch selbst dort, wo einmal durch eine besondere Gunst diehöchste Stufe der Besinnung erreicht würde, müßte sie sich dabeibegnügen, eine Bereitschaft nur vorzubereiten für den Zuspruch,dessen unser heutiges Menschengeschlecht bedarf.Besinnung braucht es, aber nicht, um eine zufällige Ratlosigkeitzu beheben oder den Widerwillen gegen das Denken zu brechen.Besinnung braucht es als ein Entsprechen, das sich in derKlarheit unablässigen Fragens an das Unerschöpfliche des Fragwürdigenvergißt, von dem her das Entsprechen im geeignetenAugenblick den Charakter des Fragens verliert <strong>und</strong> zum einfachenSagen wird.’ Geschick’ ihm gemäßen“’ Ver- HältnisVerhaltens

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