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Bd 7 Vorträge und Aufsätze - gesamtausgabe

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195204 »... dichterisch wohnet der Mensch...«Des Himmels von ihm. Die Blize nemlichDer Zorn sind eines Gottes. Jemehr ist einsUnsichtbar, schiket es sich in Fremdes ...«Was dem Gott fremd bleibt, die Anblicke des Himmels, dies istdem Menschen das Vertraute. Und was ist dies? Alles, was amHimmel <strong>und</strong> somit unter dem Himmel <strong>und</strong> somit auf der Erdeglänzt <strong>und</strong> blüht, tönt <strong>und</strong> duftet, steigt <strong>und</strong> kommt, aber auchgeht <strong>und</strong> fällt, aber auch klagt <strong>und</strong> schweigt, aber auch erbleicht<strong>und</strong> dunkelt. In dieses dem Menschen Vertraute, dem Gott aberFremde, schicket sich der Unbekannte, um darin als der Unbekanntebehütet zu bleiben. Der Dichter jedoch ruft alle Helle derAnblicke des Himmels <strong>und</strong> jeden Hall seiner Bahnen <strong>und</strong> Lüftein das singende Wort <strong>und</strong> bringt darin das Gerufene zum Leuchten<strong>und</strong> Klingen. Allein, der Dichter beschreibt nicht, wenn erDichter ist, das bloße Erscheinen des Himmels <strong>und</strong> der Erde. DerDichter ruft in den Anblicken des Himmels Jenes, was im Sichenthüllengerade das Sichverbergende erscheinen läßt <strong>und</strong> zwar:als das Sichverbergende. Der Dichter ruft in den vertrauten Erscheinungendas Fremde als jenes, worein das Unsichtbare sichschicket, um das zu bleiben, was es ist: unbekannt.Der Dichter dichtet nur dann, wenn er das Maß nimmt, indemer die Anblicke des Himmels so sagt, daß er sich seinen Erscheinungenals dem Fremden fügt, worein der unbekannte Gott sich»schiket«. Der uns geläufige Name für Anblick <strong>und</strong> Aussehenvon etwas lautet »Bild«. Das Wesen des Bildes ist: etwas sehen zulassen. 8 Dagegen sind die Abbilder <strong>und</strong> Nachbilder bereits Abartendes eigentlichen Bildes, das als Anblick das Unsichtbare sehenläßt <strong>und</strong> es so in ein ihm Fremdes einbildet.' Weil das Dichten jenesgeheimnisvolle Maß nimmt, nämlich am Angesicht des Himmels,deshalb spricht es in »Bildern«. Darum sind die dichterischenBilder Ein-Bildungen in einem ausgezeichneten Sinne:s Akzente (1954): vgl. Sprache <strong>und</strong> Heimat »bilden« [in: GA <strong>Bd</strong>. 13]t είκω»...dichterisch wohnet der Mensch...« 205nicht bloße Phantasien <strong>und</strong> Illusionen, sondern Ein-Bildungenals erblickbare Einschlüsse des Fremden in den Anblick des Vertrauten.Das dichtende Sagen der Bilder versammelt Helle <strong>und</strong>Hall der Himmelserscheinungen in Eines mit dem Dunkel <strong>und</strong>dem Schweigen des Fremden. Durch solche Anblicke befremdetder Gott. In der Befremdung bek<strong>und</strong>et er seine unablässige Nähe.Darum kann Hölderlin im Gedicht nach den Versen »Voll Verdienst,doch dichterisch, wohnet der Mensch auf dieser Erde«fortfahren:»... Doch reinerIst nicht der Schatten der Nacht mit den Sternen.Wenn ich so sagen könnte, alsDer Mensch, der heißet ein Bild der Gottheit.«»... der Schatten der Nacht« — die Nacht selber ist der Schatten,jenes Dunkle, das nie bloße Finsternis werden kann, weil es alsSchatten dem Licht zugetraut, von ihm geworfen bleibt. DasMaß, welches das Dichten nimmt, schickt sich als das Fremde,worein der Unsichtbare sein Wesen schont, in das Vertraute derAnblicke des Himmels. Darum ist das Maß von der Wesensart desHimmels. Aber der Himmel ist nicht eitel Licht. Der Glanz seinerHöhe ist in sich das Dunkle seiner alles bergenden Weite. DasBlau der lieblichen Bläue des Himmels ist die Farbe der Tiefe.Der Glanz des Himmels ist Aufgang <strong>und</strong> Untergang der Dämmerung,die alles Verkündbare birgt. Dieser Flimmel ist das Maß.Darum muß der Dichter fragen:»Giebt es auf Erden ein Maaß?«Und er muß antworten: »Es giebt keines«. Warum? Weil das, waswir nennen, wenn wir sagen »auf der Erde«, nur besteht, insofernder Mensch die Erde be-wohnt <strong>und</strong> im Wohnen die Erde als Erdesein läßt.Das Wohnen aber geschieht nur, wenn das Dichten sich ereig- 196net <strong>und</strong> west <strong>und</strong> zwar in der Weise, deren Wesen wir jetzt ahnen,

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