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Bd 7 Vorträge und Aufsätze - gesamtausgabe

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134 Was heißt Denken? Was heißt Denken? 135nem höheren <strong>und</strong> strengeren Maßstab des Wissens. Er rechnet lediglichmit einem Maßstab <strong>und</strong> zwar mit einem ungemäßen.Denn was sich nur so k<strong>und</strong>gibt, daß es im Sichverbergen erscheint,dem entsprechen wir auch nur dadurch, daß wir daraufhinweisen <strong>und</strong> hierbei uns selber anweisen, das, was sich zeigt, indie ihm eigene Unverborgenheit erscheinen zu lassen. Dieses einfacheWeisen ist ein Gr<strong>und</strong>zug des Denkens, der Weg zu dem,was dem Menschen einsther <strong>und</strong> einsthin zu denken gibt. Beweisen,d.h. aus geeigneten Voraussetzungen ableiten, läßt sich alles.Aber Weisen, durch ein Hinweisen zur Ankunft freigeben, läßtsich nur Weniges <strong>und</strong> dieses Wenige überdies noch selten.Das Bedenklichste zeigt sich in unserer bedenklichen Zeitdaran, daß wir noch nicht denken. Wir denken noch nicht, weildas zu-Denkende sich vom Menschen abwendet <strong>und</strong> keinesfallsnur deshalb, weil der Mensch sich dem zu-Denkenden nichthin-reichend zuwendet. Das zu-Denkende wendet sich vom Menschenab. Es entzieht sich ihm, indem es sich ihm vorenthält. DasVorenthaltene aber ist uns stets schon vorgehalten. Was sich nach129 der Art des Vorenthaltens entzieht, verschwindet nicht. Doch wiekönnen wir von dem, was sich auf solche Weise entzieht, überhauptdas geringste wissen? Wie kommen wir darauf, es auch nurzu nennen? Was sich entzieht, versagt die Ankunft. Allein - dasSichentziehen f ist nicht nichts. Entzug ist hier Vorenthalt <strong>und</strong> istals solcher - Ereignis. Was sich entzieht, kann den Menschenwesentlicher angehen <strong>und</strong> inniger in den Anspruch nehmen alsjegliches Anwesende, das ihn trifft <strong>und</strong> betrifft. Man hält die Betroffenheitdurch das Wirkliche gern für das, was die Wirklichkeitdes Wirklichen ausmacht. Aber die Betroffenheit durch dasWirkliche kann den Menschen gerade gegen das absperren, wasihn angeht, - angeht in der gewiß rätselhaften Weise, daß dasAngehen ihm entgeht, indem es sich entzieht. Der Entzug, dasSichentziehen des zu-Denkenden, könnte darum jetzt als Ereignisgegenwärtiger sein denn alles Aktuelle.’ vgl. Identität <strong>und</strong> Differenz 47. [vorgesehen für GA <strong>Bd</strong>. 1 l]Was sich uns in der genannten Weise entzieht, zieht zwar vonuns weg. Aber es zieht uns dabei gerade mit <strong>und</strong> zieht uns aufseine Weise an. Was sich entzieht, scheint völlig abwesend zusein. Aber dieser Schein trügt. Was sich entzieht, west an, nämlichin der Weise, daß es uns anzieht, ob wir es sogleich oder überhauptmerken oder gar nicht. Was uns anzieht, hat schon Ankunftgewährt. Wenn wir in das Ziehen des Entzugs gelangen, sind wirauf dem Zug zu dem, was uns anzieht, indem es sich entzieht.Sind wir aber als die so Angezogenen auf dem Zuge zu . . . demuns Ziehenden, dann ist unser Wesen auch schon geprägt, nämlichdurch dieses »auf dem Zuge zu . . . «. Als die so Geprägten weisenwir selber auf das Sichentziehende. Wir sind überhaupt nurwir <strong>und</strong> sind nur die, die wir sind, indem wir in das Sichentziehendeweisen. Dieses Weisen ist unser Wesen. Wir sind, indem wirin das Sichentziehende zeigen. Als der dahin Zeigende ist derMensch der Zeigende. Und zwar ist der Mensch nicht zunächstMensch <strong>und</strong> dann noch außerdem <strong>und</strong> vielleicht gelegentlich ein 130Zeigender, sondern: gezogen in das Sichentziehende, auf dem Zugin dieses <strong>und</strong> somit zeigend in den Entzug ist der Mensch allererstMensch. Sein Wesen beruht darin, ein solcher Zeigender zu sein.Was in sich, seiner eigensten Verfassung nach, etwas Zeigendesist, nennen wir ein Zeichen. Auf dem Zug in das Sichentziehendegezogen, ist der Mensch ein Zeichen.Weil jedoch dieses Zeichen in solches zeigt, das sich entzieht,kann das Zeigen das, was sich da entzieht, nicht unmittelbar deuten.Das Zeichen bleibt so ohne Deutung:Hölderlin sagt in einem Entwurf zu einer Hymne:»Ein Zeichen sind wir, deutungslosSchmerzlos sind wir <strong>und</strong> haben fastDie Sprache in der Fremde verloren.«Die Entwürfe zur Hymne sind neben Titeln wie »Die Schlange«,»Die Nymphe«, »Das Zeichen« auch überschrieben »Mnemosyne«.Wir können das griechische Wort in unser deutsches über-

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