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Bd 7 Vorträge und Aufsätze - gesamtausgabe

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14 Die Frage nach der TechnikDie Frage nach der Technik 1517Dieser Ausblick befremdet uns. Er soll es auch, soll es möglichstlange <strong>und</strong> so bedrängend, daß wir endlich auch einmal dieschlichte Frage ernst nehmen, was denn der Name »Technik«sage. Das Wort stammt aus der griechischen Sprache. Τεχνικονmeint solches, was zur τέχνη gehört. Hinsichtlich der Bedeutungdieses Wortes müssen wir zweierlei beachten. Einmal ist τέχνηnicht nur der Name für das handwerkliche Tun <strong>und</strong> Können, sondernauch für die hohe Kunst <strong>und</strong> die schönen Künste. Die τέχνηgehört zum Her-vor-bringen, zur ποίησισ; sie ist etwas Poietisches.Das andere, was es hinsichtlich des Wortes τέχνη zu bedenkengilt, ist noch gewichtiger. Das Wort τέχνη geht von früh an bis indie Zeit Platons mit dem Wort έπιστήμη zusammen. Beide Wortesind Namen für das Erkennen im weitesten Sinne. Sie meinendas Sichauskennen in etwas, das Sichverstehen auf etwas. DasErkennen gibt Aufschluß. Als aufschließendes ist es ein Entbergen.Aristoteles unterscheidet in einer besonderen Betrachtung(Eth. Nic. VI, c. 3 <strong>und</strong> 4) die έπιστήμη <strong>und</strong> die τέχνη, <strong>und</strong> zwar imHinblick darauf, was sie <strong>und</strong> wie sie entbergen. Die τέχνη ist eineWeise des άληθεύειν. Sie entbirgt solches, was sich nicht selberher-vor-bringt <strong>und</strong> noch nicht vorliegt, was deshalb bald so, baldanders aussehen <strong>und</strong> ausfallen kann. Wer ein Haus oder einSchiff baut oder eine Opferschale schmiedet, entbirgt das Her--vor-zu-bringende nach den Hinsichten der vier Weisen der Veranlassung.Dieses Entbergen versammelt im voraus das Aussehen<strong>und</strong> den Stoff von Schiff <strong>und</strong> Haus auf das vollendet erschautefertige Ding <strong>und</strong> bestimmt von da her die Art der Verfertigung.Das Entscheidende der τέχνη liegt somit keineswegs im Machen<strong>und</strong> Hantieren, nicht im Verwenden von Mitteln, sondern in demgenannten Entbergen. Als dieses, nicht aber als Verfertigen, istdie τέχνη ein Her-vor-bringen.So führt uns denn der Hinweis darauf, was das Wort τέχνη sagt<strong>und</strong> wie die Griechen das Genannte bestimmen, in den selbenZusammenhang, der sich uns auftat, als wir der Frage nachgingen,was das Instrumentale als solches in Wahrheit sei.Technik ist eine Weise des Entbergens. Die Technik west indem Bereich, wo Entbergen <strong>und</strong> Unverborgenheit, wo αλήθεια,wo Wahrheit geschieht.Gegen diese Bestimmung des Wesensbereiches der Technikkann man einwenden, sie gelte zwar für das griechische Denken<strong>und</strong> passe im günstigen Fall auf die handwerkliche Technik, treffejedoch nicht für die moderne Kraftmaschinentechnik zu. Undgerade sie, sie allein ist das Beunruhigende, das uns bewegt, nach»der« Technik zu fragen. Man sagt, die moderne Technik sei eineunvergleichbar andere gegenüber aller früheren, weil sie auf derneuzeitlichen exakten Naturwissenschaft beruhe. Inzwischen hatman deutlicher erkannt, daß auch das Umgekehrte gilt: die neuzeitlichePhysik ist als experimentelle auf technische Apparaturen<strong>und</strong> auf den Fortschritt des Apparatebaues angewiesen. DieFeststellung dieses Wechselverhältnisses zwischen Technik <strong>und</strong>Physik ist richtig. Aber sie bleibt eine bloß historische Feststellungvon Tatsachen <strong>und</strong> sagt nichts von dem, worin dieses Wechselverhältnisgründet. Die entscheidende Frage bleibt doch: welchenWesens ist die moderne Technik, daß sie darauf verfallenkann, die exakte Naturwissenschaft zu verwenden?Was ist die moderne Technik? Auch sie ist ein Entbergen. Erstwenn wir den Blick auf diesem Gr<strong>und</strong>zug ruhen lassen, zeigt sichuns das Neuartige der modernen Technik.Dasjenige Entbergen, das die moderne Technik durchherrscht,entfaltet sich nun aber nicht in ein Her-vor-bringen im Sinne derποίησισ. Das in der modernen Technik waltende Entbergen ist einHerausfordern, das an die Natur das Ansinnen stellt, Energie zuliefern, die als solche herausgefördert <strong>und</strong> gespeichert werdenkann. Gilt dies aber nicht auch von der alten Windmühle? Nein.Ihre Flügel drehen sich zwar im Winde, seinem Wehen bleibensie unmittelbar anheimgegeben. Die Windmühle erschließt abernicht Energien der Luftströmung, um sie zu speichern.Ein Landstrich wird dagegen in die Förderung von Kohle <strong>und</strong>Erzen herausgefordert. Das Erdreich entbirgt sich jetzt als Kohlenrevier,der Boden als Erzlagerstätte. Anders erscheint das Feld,das der Bauer vormals bestellte, wobei bestellen noch hieß: hegen18

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