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Bd 7 Vorträge und Aufsätze - gesamtausgabe

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232 Logos (Heraklit, Fragment JO) Logos (Heraklit, Fragment JO) 233wesen des Anwesenden ereignet. Das Anwesen des Anwesendenheißt bei den Griechen ~0 Eh, d. h. ~0 ~tvat ZOV OVTWV, römisch: esseentium; wir sagen: das Sein des Seienden. Seit dem Beginn desabendländischen Denkens entfaltet sich das Sein des Seienden alsdas einzig Denkwürdige. Wenn wir diese historische Feststellunggeschichtlich denken, dann zeigt sich erst, worin der Beginn desabendländischen Denkens beruht: daß im Zeitalter des Griechentumsdas Sein des Seienden zum Denkwürdigen wird, ist der Beginndes Abendlandes, ist der verborgene Quell seines Geschickes.Verwahrte dieser Beginn nicht das Gewesene, d.h. die Versammlungdes noch Währenden, dann waltete jetzt nicht das Sein desSeienden aus dem Wesen der neuzeitlichen Technik. Durch dieseswird heute der ganze Erdball auf das abendländisch erfahrene, inder Wahrheitsform der europäischen Metaphysik <strong>und</strong> Wissenschaftvorgestellte Sein um- <strong>und</strong> festgestellt.Im Denken Heraklits erscheint das Sein (Anwesen) des Seiendenals i> AOyos, als die lesende Lege. Aber dieser Aufblitz desSeins bleibt vergessen. Die Vergessenheit wird ihrerseits nochdadurch verborgen, daß sich die Auffassung des AOyoc alsbaldwandelt. Darum liegt es zunächst <strong>und</strong> für eine lange Zeit außerhalbdes Vermutbaren, im Wort 8 Aoyos könnte sich gar das Seindes Seienden zur Sprache gebracht haben.Was geschieht, wenn das Sein des Seienden, das Seiende in seinemSein, wenn der Unterschied beider als Unterschied zur Spra-220 ehe gebracht wird? »Zur Sprache bringen« heißt für uns gewöhnlich:etwas mündlich oder schriftlich ausdrücken. Aber die Wendungmöchte jetzt anderes denken: zur Sprache bringen: Sein indas Wesen der Sprache bergen. Dürfen wir vermuten, daß solchessich vorbereitete, als für Heraklit 0 AOyoc zum Leitwort seinesDenkens, weil zum Namen des Seins des Seienden wurde?‘0 A~YOC, ~0 A~YELV ist die lesende Lege. Doch h&tv heißt fürdie Griechen immer zugleich: vorlegen, darlegen, erzählen, sagen.‘0 AOyos wäre dann der griechische Name für das Sprechenals Sagen, für die Sprache. Nicht nur dies. ‘0 AOyos wäre, als dielesende Lege gedacht, das griechisch gedachte Wesen der Sage.Sprache wäre Sage. Sprache wäre: versammelndes vorliegen--Lassen des Anwesenden in seinem Anwesen. In der Tat: die Griechenwohnten in diesem Wesen der Sprache. Allein, sie haben diesesWesen der Sprache niemals gedacht, auch Heraklit nicht.So erfahren die Griechen zwar das Sagen. Aber sie denken niemals,auch Heraklit nicht, das Wesen der Sprache eigens als denAbyos, als die lesende Lege.Was hätte sich ereignet, wenn Heraklit - <strong>und</strong> seit ihm dieGriechen - eigens das Wesen der Sprache als Abyo~, als die lesendeLege gedacht hätten! Nichts Geringeres hätte sich ereignet alsdieses: die Griechen hätten das Wesen der Sprache aus dem Wesendes Seins, ja sogar als dieses selbst gedacht. Denn 8 A6yo~ istder Name für das Sein des Seienden. Doch all dieses ereignetesich nicht. Nirgends finden wir eine Spur davon, daß die Griechendas Wesen der Sprache unmittelbar aus dem Wesen desSeins dachten. Statt dessen wurde di e Sprache - <strong>und</strong> zwar durchdie Griechen zuerst - von der Verla U tbarung her vorgestellt alsqx~vfi, als Laut <strong>und</strong> Stimme, phonetisch. Das griechische Wort,das unserem Wort »Sprache« entspricht, heißt yh&JCJa die ZunwvhoqpavzLK-i\, Verlautbar ung, die etwas be-ge. Die Sprache istzeichnet. Dies besagt: die Sprache gelangt zum voraus in denGr<strong>und</strong>charakter, den wir dann mit dem Namen »Ausdruck«kennzeichnen. Diese zwar richtige, aber von außen her genommeneVorstellung von der Sprache, Sprache als Ausdruck, bleibtfortan maßgebend. Sie ist es heute noch. Sprache gilt als Ausdruck<strong>und</strong> umgekehrt. Jede Art des Ausdrückens stellt man gernals eine Art von Sprache vor. Die Kunsthistorie redet von der Formensprache.Einmal jedoch, im Beginn des abendländischenDenkens, blitzte das Wesen der Sprache im Lichte des Seins auf.Einmal, da Heraklit den AOyoc als Leitwort dachte, um in diesemWort das Sein des Seienden zu denken. Aber der Blitz verloschjäh. Niemand faßte seinen Strahl <strong>und</strong> die Nähe dessen, was er erleuchtete.Wir sehen diesen Blitz erst, wenn wir uns in das Gewitter desSeins stellen. Doch heute spricht alles dafür, daß man lediglich221

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