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Bd 7 Vorträge und Aufsätze - gesamtausgabe

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202 »... dichterisch wohnet der Mensch,..«haben als diese, wenn nur unsere Hände nicht greifen, sonderndurch Gebärden geleitet sind, die dem Maß entsprechen, das hierzu nehmen ist. Dies geschieht in einem Nehmen, das nie das Maßan sich reißt, sondern es nimmt im gesammelten Vernehmen 0 ,das ein Hören bleibt.Aber warum soll dieses, für uns Heutige so befremdliche Maßdem Menschen zugesprochen <strong>und</strong> durch die Maß-Nahme desDichtens mitgeteilt sein? Weil nur dieses Maß das Wesen desMenschen er-mißt. Denn der Mensch wohnt, indem er das »aufder Erde« <strong>und</strong> das »unter dem Himmel« durchmißt. Dieses »auf«<strong>und</strong> dieses »unter« gehören zusammen. Ihr Ineinander ist dieDurchmessung, die der Mensch jederzeit durchgeht, insofern erals Irdischer ist. In einem Bruchstück (Stuttg. Ausgabe II,1 S. 334)sagt Hölderlin:»Immer, Liebes! gehetDie Erd <strong>und</strong> der Himmel hält.«Weil der Mensch ist, insofern er die Dimension aussteht, mußsein Wesen jeweils vermessen werden. Dazu bedarf es eines Maßes,das in einem zumal die ganze Dimension betrifft. DiesesMaß erblicken, es als das Maß er-messen <strong>und</strong> es als das Maß nehmen,heißt für den Dichter: dichten. Das Dichten ist diese Maß-Nahme <strong>und</strong> zwar für das Wohnen des Menschen. Unmittelbarnach dem Wort »Des Menschen Maaß ist's« folgen nämlich p imGedicht die Verse: »Voll Verdienst, doch dichterisch, wohnet derMensch auf dieser Erde.«193 Wissen wir jetzt, was für Hölderlin das »Dichterische« ist? Ja<strong>und</strong> nein. Ja, insofern wir eine Weisung empfangen, in welcherHinsicht das Dichten zu denken ist, nämlich als ein ausgezeichnetesMessen. Nein, insofern das Dichten als das Er-messen jenesseltsamen Maßes immer geheimnisvoller wird. So muß es wohl° An-nehmen Sichwerdankenp d.h. eigens genannt: gesagt —»...dichterisch wohnet der Mensch...« 203auch bleiben, wenn anders wir bereit sind, uns im Wesensbereichder Dichtung auf-zu-halten. qIndessen befremdet es doch, wenn Hölderlin das Dichten alsein Messen denkt. Und das mit Recht, solange wir nämlich dasMessen nur in dem uns geläufigen Sinne vorstellen. Da wird mitHilfe von Bekanntem, nämlich den Maßstäben <strong>und</strong> Maßzahlen,ein Unbekanntes abgeschritten, dadurch bekannt gemacht <strong>und</strong> soin eine jederzeit übersehbare Anzahl <strong>und</strong> Ordnung eingegrenzt.Dieses Messen kann sich je nach der Art der bestellten 1 Apparaturenabwandeln. Doch wer verbürgt denn, daß diese gewohnteArt des Messens, nur weil sie die gewöhnliche ist, schon das Wesendes Messens trifft? Wenn wir vom Maß hören, denken wirsogleich an die Zahl <strong>und</strong> stellen beides, Maß <strong>und</strong> Zahl, als etwasQuantitatives vor. Allein, das Wesen des Maßes ist sowenig wiedas Wesen der Zahl ein Quantum. Mit Zahlen können wir wohlrechnen, aber nicht mit dem Wesen der Zahl. Wenn Hölderlindas Dichten als ein Messen erblickt <strong>und</strong> es vor allem selber als dieMaß-Nahme vollbringt, dann müssen wir, um das Dichten zudenken, immer wieder zuerst das Maß bedenken, das im Dichtengenommen wird; wir müssen auf die Art dieses Nehmens achten,das nicht in einem Zugriff, überhaupt nicht in einem Greifenberuht, sondern in einem Kommen-lassen des Zu-Gemessenen.Was ist das Maß für das Dichten? Die Gottheit; also Gott? Wer istder Gott? Vielleicht ist diese Frage zu schwer für den Menschen<strong>und</strong> zu voreilig. Fragen wir darum zuvor, was von Gott zu sagensei. Fragen wir erst nur: Was ist Gott?Zum Glück <strong>und</strong> zur Hilfe sind uns Verse Hölderlins erhalten,die sachlich <strong>und</strong> zeitlich in den Umkreis des Gedichtes »In lieblicherBläue blühet...« gehören. Sie beginnen (Stuttg. Ausgabe 194II,1 S. 210):»Was ist Gott? unbekannt, dennochVoll Eigenschaften ist das Angesichtq bleiben — aushalten — anhalten — zurückhaltenrbestellbaren

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