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Bedarfsorientierte Mindestsicherung und Aktivierung in Oberösterreich

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B E D A R F S O R I E N T I E R T E M I N D E S T S I C H E R U N G1.1.5. Aktive <strong>und</strong> aktivierende Arbeitsmarktpolitik: Ideen <strong>und</strong> KonzepteBetrachtet man die Entwicklung der österreichischen Arbeitsmarktpolitik im Ganzen, so können<strong>in</strong> Anlehnung an Tayloor-Gooby 57 <strong>in</strong>sbesondere drei Phasen des arbeitsmarktpolitischen Wandelsidentifiziert werden. In der ersten Phase, <strong>in</strong> Zeiten des Wirtschaftsw<strong>und</strong>ers, kam es zu e<strong>in</strong>emexzessiven Ausbau von wohlfahrtstaatlichen Leistungen. Die Arbeitsmarktlage war stabil<strong>und</strong> die Arbeitsmarktpolitik fokussierte hauptsächlich die Existenzsicherung jener Menschen,die aufgr<strong>und</strong> wirtschaftlicher Bed<strong>in</strong>gungen ke<strong>in</strong>en Platz im Erwerbsleben hatten. In der zweitenPhase, Ende der 1970er Jahre, kam es mit dem Aufkommen der Wirtschaftskrise allmählichzu e<strong>in</strong>em Kurswechsel, sowohl <strong>in</strong> der Arbeitsmarktpolitik an sich als auch <strong>in</strong> den öffentlichenDebatten über die Ursache von Arbeitslosigkeit. In der dritten Phase, mit bee<strong>in</strong>flusst von derneoklassischen Denkweise, ist dann e<strong>in</strong> gr<strong>und</strong>legender Paradigmenwechsel zu verzeichnen:„(…)from the traditional welfare state to the enabl<strong>in</strong>g 58 welfare state (…)“. 59 Damit verb<strong>und</strong>en war e<strong>in</strong>eneue Funktionszuschreibung der Arbeitsmarktpolitik „(…) which emphasises stronger work <strong>in</strong>centivesand employment assistance“. 60 Diese Neudef<strong>in</strong>ierung von Arbeitsmarktpolitik wird auchklar durch die Sprache zum Ausdruck gebracht, <strong>in</strong>dem man nicht mehr bloß von e<strong>in</strong>er „aktiven“,sondern von e<strong>in</strong>en „aktivierenden“ Arbeitsmarktpolitik spricht. 61 Damit soll ausgedrückt werden,dass wohlfahrtsstaatliche Maßnahmen verstärkt auf <strong>in</strong>dividuelle Eigen<strong>in</strong>itiative <strong>und</strong> weniger aufstaatliche Interventionen fokussieren. Nach Stelzer-Orthofer ist der zögerliche Ausbau aktiver Arbeitsmarktpolitik<strong>in</strong> den 1990er Jahren nicht zuletzt auf die mediale Darstellung der Arbeitslosenzurückzuführen. Das Bild der Arbeitslosen als „arbeitsunwillige SchmarotzerInnen“ verfestigtesich zunehmend <strong>in</strong> der Gesellschaft. Die Folge waren Restriktionen <strong>und</strong> Sanktionen. Der Bezugvon Arbeitslosengeld <strong>und</strong> Notstandshilfe wurden systematisch erschwert, um zu verh<strong>in</strong>dern,dass arbeitsunwillige Personen das soziale System „ausnützen“. 62 Es geht seit dieser Zeit nichtmehr primär um die Steuerung oder Veränderung wirtschaftlicher Abläufe <strong>und</strong> Marktstrukturen,<strong>in</strong>dem der Staat nach keynesianischer Ansicht nach aktiv <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt durch Ausdehnungder Nachfrage e<strong>in</strong>greifen soll. Vielmehr fokussiert sich die Arbeitsmarktpolitik vermehrt auf angebotsorientierteStrategien. Demnach müssen umfassend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen,um mit der Wettbewerbsfähigkeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er globalisierten Welt mithalten zu können. 63 D<strong>in</strong>geldeysubsumiert diese Entwicklung unten den Slogan „Vom fürsorgenden zum aktivierenden Wohlfahrtsstaat“<strong>und</strong> zeigt damit gleichzeitig die Problematik, die h<strong>in</strong>ter dem ambivalenten Begriff der„<strong>Aktivierung</strong>“ steckt, auf. 64Wie bereits erläutert f<strong>in</strong>det sich der Begriff der „<strong>Aktivierung</strong>“ derzeit <strong>in</strong> vielen wissenschaftlichen<strong>und</strong> politischen Debatten wieder. Generell herrscht <strong>in</strong> der Politik E<strong>in</strong>igkeit darüber, dass die sozialeSicherung neu justiert werden muss, um sich an den veränderten Kontext anzupassen. DieseNeujustierung des Wohlfahrtsstaates ist <strong>in</strong>sbesondere an dem Leitbild der aktivierenden Arbeitsmarktpolitikerkennbar. 65 Aktivierende Arbeitsmarktpolitik grenzt sich ganz bewusst von der passivenArbeitsmarktpolitik ab. Ganz allgeme<strong>in</strong> formuliert, zielt aktivierende Arbeitsmarktpolitik darauf57 vgl. Taylor-Gooby (2008)58 Me<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>en befähigenden Staat bzw. aktivierenden Sozialstaats; e<strong>in</strong> Wandel vom Versorgungsanspruch zurEigenverantwortung59 D<strong>in</strong>geldey (2007a), S. 82560 Bonoli (2010), S. 44861 vgl. Bonoli (2010), S. 44862 vgl. Stelzer-Orthofer (2011), onl<strong>in</strong>e63 vgl. Atzmüller (2009b), S. 3364 vgl. D<strong>in</strong>geldey (2006), S. 3ff65 vgl. D<strong>in</strong>geldey (2007a), S. 2ffArbeit <strong>und</strong> Beschäftigung Abschlussbericht25

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