B E D A R F S O R I E N T I E R T E M I N D E S T S I C H E R U N GDiese zwei Zugänge existieren zwar theoretisch, es kann jedoch nicht beurteilt werden, <strong>in</strong>wieferndie Selbstverpflichtung des B<strong>und</strong>es <strong>und</strong> jener Forderung an das AMS tatsächlich umgesetzt wurden.Nur Wien, Niederösterreich <strong>und</strong> <strong>Oberösterreich</strong> geben an, dass Kooperationsprojekte zwischenden Ländern <strong>und</strong> der AMS Landesorganisationen gestartet wurden. 154 In e<strong>in</strong>em späterenKapitel dieser Arbeit wird noch näher auf die Rolle des AMS h<strong>in</strong>sichtlich der Arbeitsmarkt<strong>in</strong>tegrationvon BMS-BezieherInnen e<strong>in</strong>gegangen.In vielen Fällen tragen die Problemlagen dazu bei, dass die BMS-BezieherInnen zwar arbeitsfähigs<strong>in</strong>d, aber nicht job-ready. Bevor an e<strong>in</strong>e Arbeitsvermittlung gedacht werden kann, hat daher dieBearbeitung der Probleme Vorrang. 155 Armutsbekämpfung ist somit erst dann erfolgreich, wennneben der Arbeitsmarktpolitik auch bei anderen Dimensionen wie Ges<strong>und</strong>heit, Fre<strong>und</strong>schaften,Bildung, Wohnen oder Existenzsicherung angesetzt wird. 156„Hilfe zur Arbeit, (…) sollte darauf abzielen, Arbeitslosigkeit, Armut<strong>und</strong> soziale Ungleichheit zu verr<strong>in</strong>gern.“ 157Trotz der schwierigen Ausgangssituation von BMS-EmpfängerInnen konnten mit der Umstellungvon der Sozialhilfe auf die <strong>Bedarfsorientierte</strong> <strong>M<strong>in</strong>destsicherung</strong> wichtige Impulse gesetzt werden,um betroffene Personen auf ihren Weg zurück <strong>in</strong> das Arbeitsleben zu unterstützen. Denn dasAusmaß der Erwerbs<strong>in</strong>tegration von BMS-BezieherInnen steigt <strong>und</strong> Analysen zeigen, dass e<strong>in</strong>Rückgang bei der Abhängigkeit von BMS-Leistungen zu verzeichnen ist <strong>und</strong> die Erwerbs<strong>in</strong>tensitätzunimmt. So gesehen sprechen Bergmann <strong>und</strong> Sorger von der L&R Sozialforschung (2012) davon,dass die BMS die Initialzündung für e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensivere Betreuung dieser Personengruppe war. 1581.4. Praktische Umsetzung der <strong>Aktivierung</strong> <strong>in</strong> <strong>Oberösterreich</strong>In diesem Abschnitt wird e<strong>in</strong>e Übersicht über die e<strong>in</strong>zelnen Bauste<strong>in</strong>e des Systems zur Arbeitsmarkt<strong>in</strong>tegrationvon BezieherInnen der <strong>Bedarfsorientierte</strong>n <strong>M<strong>in</strong>destsicherung</strong> <strong>in</strong> <strong>Oberösterreich</strong>gegeben. Nachfolgend werden die Schritte von der Abklärung der Arbeitsfähigkeit bis h<strong>in</strong> zurArbeitsaufnahme <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt oder der Aufnahme e<strong>in</strong>er geschützten Arbeit, mit demdazwischen liegenden Schwerpunkt, dem Case Management, dargestellt.Abklärung der ArbeitsfähigkeitDie Feststellung der Arbeitsfähigkeit ist e<strong>in</strong> unerlässlicher Bestandteil der arbeitsmarktpoltischenBetreuung der BMS-BezieherInnen. Die Feststellung erfolgt über die „Ges<strong>und</strong>heitsstraße“ beider Pensionsversicherungsanstalt (PVA), das heißt VertragsärztInnen bzw. der Arbeitsmediz<strong>in</strong>ischeDienst erstellen im Auftrag des Landes e<strong>in</strong> Gutachten. Problematisch ist, dass es ke<strong>in</strong>eMöglichkeit gibt vorübergehende Arbeitsunfähigkeit festzustellen. Insbesondere bei Menschenmit psychischen Erkrankungen oder mit Suchtkrankheiten, die als arbeitsfähig e<strong>in</strong>gestuft werden,faktisch aber ke<strong>in</strong>e Erwerbsarbeit aufnehmen können, ist das e<strong>in</strong> Problem. Ges<strong>und</strong>heitliche E<strong>in</strong>schränkungenführen zu massiven Problemen im Zugang zum ersten Arbeitsmarkt, denn Arbeit-154 vgl. Die Armutskonferenz (2012), S. 33155 vgl. Bergmann et al. (2012), S. 32156 vgl. Schenk (2011), S. 167157 Schenk (2011), S. 166158 vgl. B<strong>und</strong>esm<strong>in</strong>isterium für Arbeit, Soziales <strong>und</strong> Konsumentenschutz (2012), onl<strong>in</strong>e42 Arbeit <strong>und</strong> Beschäftigung Abschlussbericht
B E D A R F S O R I E N T I E R T E M I N D E S T S I C H E R U N GgeberInnen stellen kaum Personen mit beschränkter Arbeitsfähigkeit e<strong>in</strong>. 159 Nach Feststellung derArbeits- bzw. Arbeitsunfähigkeit erfolgt die Zuteilung zum Case Management durch die Clear<strong>in</strong>gStelle. Die ist e<strong>in</strong>e Kooperation von Arbeitsmarktservice, Bezirkshauptmannschaft bzw. Magistrat<strong>und</strong> gegebenenfalls der durchführenden Soziale<strong>in</strong>richtung.Abbildung 7: Das Angebotssystem für BezieherInnen der BMS (Quelle: FAB, 2012, per E-Mail)Case ManagementUnter Case Management wird e<strong>in</strong>e personenbezogene, <strong>in</strong>dividuelle Maßnahme der aktiven Arbeitsmarktpolitikverstanden. Dabei steht e<strong>in</strong> maßgeschneiderter E<strong>in</strong>satz <strong>und</strong> Nachhaltigkeit imVordergr<strong>und</strong> (Abkehr vom „work first-Pr<strong>in</strong>zip“), wo Entwicklungsschritte <strong>in</strong> Richtung Arbeitsmarkt<strong>in</strong>tegrationermöglicht werden sollen. 160 Case Management wird meistens <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dungmit Beratungs- <strong>und</strong> Betreuungse<strong>in</strong>richtungen durchgeführt, um mit den vielfältigen <strong>und</strong> spezifischenProblemlagen der BMS-BezieherInnen umgehen zu können. 161BMS-BezieherInnen s<strong>in</strong>d beim E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt vor allem <strong>in</strong> geförderten Beschäftigungsprojektentätig, welche meist sehr niederschwellig angesetzt s<strong>in</strong>d. Für die meisten (ehemaligen)BMS-BezieherInnen kommt e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>gliederung <strong>in</strong> den ersten Arbeitsmarkt nicht <strong>in</strong> Frage,da diese Personen oft von multiplen <strong>und</strong> zum Teil auch vermittlungshemmenden Problemlagengeprägt s<strong>in</strong>d. Folgend kann es nicht gel<strong>in</strong>gen, alle Personen nachhaltig <strong>in</strong> den ersten Arbeitsmarktzu <strong>in</strong>tegrieren.159 vgl. Bergmann/ Riesenfelder/ Sorger (2012), S. 88f160 vgl. Woltran (2011), S. 138161 vgl. Bergmann/ Riesenfelder/ Sorger (2012), S. 80Arbeit <strong>und</strong> Beschäftigung Abschlussbericht43