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NEUE MOBILITÄT 02

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status quo der ELEKTRO<strong>MOBILITÄT</strong> - Dr.-Ing. jan Traenckner<br />

Welche »Wette«, gehen diese beiden Neuzeit-Pioniere der<br />

Autoindustrie ein?<br />

Sie wetten auf ihre Fähigkeit eAutos in Massenproduktion<br />

kostengünstig herzustellen. In diese Fähigkeit haben beide<br />

Unternehmen bislang schon Milliarden investiert. Hierbei<br />

spielt die Lithium-Ionen-Batterie die mit Abstand größte<br />

Rolle. Nicht nur, dass sie, bezogen auf die Gesamtkosten,<br />

die größte Einzelkomponente darstellt. Vielmehr sind die<br />

Herstellprinzipien für solche Batterien für die Autoindustrie<br />

gänzlich neu. Deshalb sind GM und Nissan Kooperationen<br />

mit etablierten Unternehmen aus der Batterieszene eingegangen.<br />

Diese Gemeinschaftsunternehmen haben nun die<br />

Aufgabe Produktionsanlagen aufzubauen, in denen hochwertige<br />

Lithium-Ionen-Batterien in riesigen Stückzahlen zu<br />

günstigen Kosten hergestellt werden können. Der Partner<br />

von GM, der koreanische Spezialist LG Chem, investiert dazu<br />

in Michigan in der Nähe des GM-Stammwerkes in Detroit<br />

ca. 500 Mio. Dollar in neue Produktionsanlagen. Und LG ist<br />

nicht alleine. Insgesamt werden im Großraum Michigan in<br />

den nächsten drei Jahren fast vier Milliarden Dollar in den<br />

Aufbau von Mega-Batterie-Fabriken investiert. Auch hier ist<br />

der Staat als Mit-Finanzierer kräftig dabei. Ca. 1,4 Milliarden<br />

Dollar stehen in Form von Steuervergünstigungen oder Billigkrediten<br />

zur Verfügung.<br />

Lohnt sich eine solche Wette?<br />

Aus der Sicht der beiden Industrieunternehmen könnte<br />

die »Wette« aus zwei Gründen aufgehen. Einerseits würden<br />

sich beide Unternehmen zu den globalen Marktführern bei<br />

der neuen Fahrzeuggeneration aufschwingen, und damit<br />

ihren Wettbewerbern empfindliche Marktanteile abluchsen.<br />

Andererseits halten diese Unternehmen auf Jahre hin den<br />

Schlüssel für die Massenproduktion von Batterien in ihren<br />

Händen. Kaum ein Wettbewerber wird die so entstehende<br />

Know-How-, Kosten- und Zeitlücke bei der Batteriefertigung<br />

schließen können. Ein lukratives Zusatzgeschäft würde so<br />

entstehen: Den Wettbewerbern (selektiv) Batterien für deren<br />

eAutos verkaufen und kräftig daran mit verdienen.<br />

Ist die Massenfertigung von Batterien wirklich ein so bedeutender<br />

Schlüssel?<br />

Lithium-Ionen-Batterien sind nur kostengünstig in Massenproduktion<br />

herzustellen. Der Rohstoffanteil ist relativ zum<br />

Gesamtpreis ein geringer Faktor. Die Investitionen in die<br />

Produktionsanlagen hingegen sind enorm. Insbesondere<br />

schlägt hier die Zellenfertigung zu Buche. Lithium-Ionen-<br />

Zellen sind die kleinsten Elemente, aus denen Batterien hergestellt<br />

werden. Die Investitionen in die Produktionsanlagen<br />

amortisieren sich nur über sehr große Stückzahlen. Sind die<br />

gegeben, besteht allerdings kein Grund mehr, dass Lithium-<br />

Ionen-Batterien vom heutigen Niveau aus nicht viel, viel billiger<br />

werden. Genau das wurde bereits bei den Zellen für Laptops<br />

und Handys erreicht. Erst mit der Massenfertigung der<br />

Lithium-Ionen-Zellen wird das Elektroauto gegenüber dem<br />

Benzinauto wirtschaftlich und damit auch massentauglich.<br />

Und was passiert bei uns in Deutschland?<br />

Deutschland ist in Bezug auf Elektromobilität noch ein Entwicklungsland.<br />

Das liegt hauptsächlich an drei wesentlichen<br />

Faktoren:<br />

Erstens beginnt die heimische Autoindustrie erst gegen Mitte<br />

des Jahrzehnts mit der Fertigung größerer Stückzahlen,<br />

wenn denn die Pläne auch wirklich so umgesetzt werden.<br />

Zwar bringt BMW »bereits« 2013 sein durchaus bahnbrechendes<br />

»Project i«. Dieses Fahrzeug wird aber eher »Premium«<br />

sein und wohl - verglichen mit den Plänen von Nissan<br />

und GM - zunächst in homöopathischen Stückzahlen<br />

produziert. Daimler und VW werden bis 2015 nur umgebaute<br />

Benzinautos präsentieren. Auch hier kann von echter Massenproduktion<br />

kaum die Rede sein. Einzig Opel bringt den<br />

Ampera, der baugleich mit dem Volt ist, allerdings vollständig<br />

in den USA gebaut wird.<br />

Zweitens gibt es keine bedeutende Produktionsbasis für<br />

Lithium-Ionen-Batterien in Deutschland. Auch bislang keine<br />

Pläne dafür. Lediglich Bosch wird zusammen mit seinem<br />

Partner Samsung Batterien anbieten. Deren Produktion wird<br />

aber hauptsächlich in Korea stattfinden. Daimlers Zellenfabrik<br />

Li-Tec steht erst ganz am Anfang und kämpft mit der Aufholjagd<br />

gegenüber der asiatischen Konkurrenz. Die Investitionen<br />

in die Fertigungsanlagen sind verglichen mit denen in<br />

Asien und USA verschwindend gering, somit ist nicht damit<br />

zu rechnen, dass die Lücke schnell geschlossen wird. Auch<br />

der Bedarf der heimischen Industrie (siehe Erstens) hält sich<br />

eben auch in Grenzen, so dass der Anreiz für weitere Investitionen<br />

so nicht gegeben ist.<br />

Drittens wird der Staat in Deutschland beim Systemwechsel<br />

zur Elektromobilität relativ wenig beitragen. Die politische<br />

Bereitschaft, massiv zu investieren und damit die einheimische<br />

Industrie zu fördern, ist (verständlich) außerordentlich<br />

gering. Die deutsche Autoindustrie ist dazu viel zu erfolgreich.<br />

Deshalb sind Subventionen politisch nicht durchsetzbar.<br />

Weder durch Förderung von Produktionsanlagen, noch<br />

durch direkte Förderung eines Autokaufs bei Endkunden.<br />

Letzteres wäre ohnehin im Moment nicht zielführend da<br />

man damit nur die ausländische Autoindustrie fördern würde<br />

(siehe Erstens). Folglich verkaufen Nissan und GM ihre<br />

innovativen eAutos wohl zuletzt bei uns in Deutschland.<br />

Natürlich beginnt man zunächst dort, wo es die meisten<br />

Erfolgsaussichten sprich Subventionen gibt. Und das ist<br />

nicht in Deutschland sondern z.B. USA (5.780 €), Frankreich<br />

(5.000 €), Spanien (5.000 €), Japan (bis zu 6.000 €)<br />

und China (bis zu 8.000 €). »Early Adopter« in Deutschland<br />

müssen ihre eAutos teuer importieren. Nichts Neues! War<br />

so auch schon bei Fax, Flachbildschirmen und vielen anderen<br />

Innovationen, die ursprünglich hier mal erfunden wurden.<br />

Und die deutsche Autoindustrie wird dann wohl sagen: Seht<br />

mal unsere eAutos will keiner kaufen. Viel zu teuer. Nehmt<br />

doch einen Diesel. Auch ne Wette!<br />

Dr.-Ing. Jan Traenckner, VentureCheck Company<br />

jan.traenckner@venturecheck.com<br />

Neue Mobilität<br />

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