NEUE MOBILITÄT 02
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Status Quo der Elektromobilität - Dr. Gregor Matthies<br />
2011 wird das Jahr der<br />
ersten eAutos<br />
Dr. Gregor Matthies, Bain & Company<br />
Im nächsten Jahr werden die ersten eAutos der großen Hersteller<br />
in die Verkaufsräume kommen, zunächst von Nissan,<br />
Mitsubishi und GM, später auch von Citroën, Ford und anderen.<br />
Opel wird mit dem Ampera eine europäische Version<br />
des Chevrolet Volt auf den Markt bringen, ein eAuto mit zusätzlichem<br />
Benzingenerator. Mit diesen noch sehr teuren<br />
Fahrzeugen - der Opel Ampera etwa soll ab 42.900 Euro<br />
kosten - wird hierzulande zunächst nur das obere Ende des<br />
Markts bedient.<br />
Eine aktuelle Bain-Studie zeigt, dass es bereits heute einen<br />
weltweiten Markt für 350.000 rein batteriebetriebene eFahrzeuge<br />
im Jahr gibt, ein Drittel davon in Europa - und dies auch<br />
ganz ohne öffentliche Förderung. Die potenziellen eAuto-<br />
Käufer von heute sind überwiegend sehr kaufkräftige Konsumenten,<br />
die bereits ein Premiumfahrzeug besitzen. Sie sind<br />
vom innovativen Umweltimage, aber auch von den flotten<br />
Fahrleistungen der neuen eFahrzeuge begeistert. Diese ersten<br />
eAutos werden ausschließlich zuhause aufgeladen und<br />
urban für die täglichen Fahrten zur Arbeit, zur Schule und<br />
in den Supermarkt genutzt. Damit decken sie vollwertig die<br />
Funktion eines Zweitwagens ab.<br />
Finanziell attraktiv ist die eMobilität in diesem Stadium allerdings<br />
noch nicht. Eine echte Kostendegression wird erst durch<br />
Großserienfertigung möglich. Und die benötigt auch Förderprogramme<br />
der öffentlichen Hand und Mut zu Zukunftsinvestitionen<br />
seitens der Automobilindustrie.<br />
In Deutschland zeichnet sich bisher keine konkrete Förderung<br />
ab, in Frankreich dagegen gibt es sie schon. International<br />
gesehen kann man für die Zukunft fest mit einer Förderung<br />
des eAutos rechnen. Zusätzlich werden weltweit,<br />
ähnlich wie bereits heute schon in London, viele emissionsgeplagte<br />
Ballungsgebiete entweder lokale eAuto-Förderprogramme<br />
starten oder Benzinautos stark benachteiligen.<br />
Für den teuersten Teil des eAutos, die Batterie, hat Bain<br />
anhand vergleichbarer Industriekostenkurven eine Simulationsrechnung<br />
erstellt, die zeigt, dass eine heute zwischen<br />
7.000 und 8.500 Euro teure eAuto-Batterie, wie sie etwa im<br />
Smart ED oder im Chevrolet Volt zum Einsatz kommt, durch<br />
Massenproduktion bis zum Jahr 2<strong>02</strong>0 um 60 bis 65 Prozent<br />
günstiger zu fertigen sein wird. Zum Vergleich: Der Preis von<br />
Lithium-Ionen-Standardzellen für Laptop-Akkus sank durch<br />
die Massenproduktion innerhalb von 10 Jahren um mehr als<br />
80 Prozent. So könnten die oben genannten Batteriekosten<br />
eines Smart ed durch Serienfertigung im Jahr 2015 auf rund<br />
3.500 Euro sinken und bereits dann eAutos auch finanziell<br />
attraktiv machen.<br />
Wie bei entsprechender staatlicher Förderung eine konkrete<br />
eAuto-Rechnung bereits nächstes Jahr schon aussehen<br />
könnte, zeigt ein Beispiel aus Frankreich: Der 2011 auf den<br />
Markt kommende elektrische Renault Kangoo Express ZE<br />
soll dann für den gewerblichen Endkunden genau so viel<br />
kosten wie die Dieselvariante. Gleichzeitig wird die Batterie<br />
für 72 Euro im Monat geleast. Ab einer Jahresfahrleistung von<br />
16.000 km ist die Elektro-Variante in seinen Betriebskosten<br />
gleich teuer. Die jährliche Diesel Rechnung über 1.300 Euro<br />
fällt weg. Der elektrische Strom hingegen kostet für dieses<br />
Auto in Frankreich nur 320 Euro. Dazu fährt der Kunde lokal<br />
absolut emissionsfrei.<br />
Das eAuto wird innerhalb dieses Jahrzehnts seinen<br />
festen Platz im Angebotsspektrum der Automobilindustrie<br />
erobern. Dabei wird es künftig ein breites Spektrum an Antrieben<br />
geben. Lange Strecken und große Autos werden die<br />
Domäne des Verbrennungsmotors und der Hybride bleiben.<br />
Mittlere Distanzen in Ballungsgebieten werden am besten<br />
mit intelligenten Kombinationen aus Elektro- und Benzinantrieb<br />
bewältigt. Das rein batteriebetriebene eAuto wird dank<br />
seiner überragenden Energieeffizienz und der lokalen völligen<br />
Emissionsfreiheit das ideale Stadtauto der Zukunft sein.<br />
Dr. Gregor Matthies<br />
Partner und Automobilexperte<br />
Bain & Company<br />
www.bain.de<br />
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