KEM Konstruktion 11.2016
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WERKSTOFFE/VERFAHREN<br />
WERKSTOFFE<br />
Audi war mit der Spaceframe-Karosserie<br />
Vorreiter im Leichtbau<br />
lung jetzt, wo die Kunststoffe und die hybriden Bauteile ins Rennen<br />
kommen, wiederholen wird. „Die Stahlhersteller werden versuchen,<br />
noch festere Stähle zu entwickeln, die Aluminiumhersteller<br />
machen es ähnlich. Durch den Wettbewerb der verschiedenen<br />
Werkstoffe schaukeln sich alle nach oben. Bislang ist noch keine<br />
Technologie hinten heruntergefallen“, ist Kirchhoff überzeugt.<br />
Paradebeispiel B-Säule<br />
Die B-Säule muss als seitliche Verbindung zwischen Fahrzeugboden<br />
und -dach hochbelastbar sein und aus Sicherheitsgründen sehr hohen<br />
Crash-Anforderungen genügen. Derzeit wird dieses anspruchsvolle<br />
Bauteil noch in den meisten Autos aus einem relativ dicken<br />
Stahl hergestellt. Aber die Werkstoffkonkurrenz holt auf. „Ich kann<br />
mir gut vorstellen, dass die B-Säule in Zukunft auch mit carbonfaserverstärktem<br />
Kunststoff realisiert wird. Der große Vorteil von Carbonfasern<br />
ist ja neben der hohen Steifigkeit zum Gewicht auch eine hohe<br />
Energieabsorption im Falle eines Aufpralls“, sagt Nicolas Beyl,<br />
Geschäftsführer Reaktionstechnik bei der KraussMaffei Technologies<br />
GmbH.<br />
Die Sicherheit für die Autoinsassen zu erhöhen, ist schon immer ein<br />
großes Ziel der Konstrukteure gewesen. Nun stehen ihnen verschiedene<br />
Möglichkeiten der Realisierung offen. „Es laufen Entwicklungen,<br />
die Materialien entsprechend der Belastungen im Verlauf<br />
der B-Säule auszuwählen. So kommen hier Kombinationen von<br />
Stahl, hochfesten Stählen und Kunststoffen zum Einsatz. Eine solche<br />
B-Säule bietet die höchste Sicherheit und ist gleichzeitig deutlich<br />
leichter als eine reine Stahlkonstruktion“, erläutert Kirchhoff. Die<br />
prominente B-Säule steht damit exemplarisch für eine Entwicklung,<br />
die sich überall im Fahrzeug abzeichnet. In Zukunft wird in jedem<br />
Anwendungsfall geprüft, welches Material dafür am besten in Frage<br />
kommt: CFK, glasfaserverstärkte Kunststoffe, Aluminium oder<br />
Stahl.<br />
Wieder eine Parallele zum Audi A8 aus den 1990-er Jahren: Die Voll -<br />
aluminium-Karosserie hat sich tatsächlich nicht in allen Fahrzeugklassen<br />
durchgesetzt. Aber sie hat bewirkt, dass immer mehr Teile<br />
im Auto – Motorhauben, Kotflügel, teilweise auch Türbleche – in Aluminium<br />
realisiert werden. Ähnlich wird auch der BMW i3 für einen<br />
stärkeren Einzug von Faserverbundwerkstoffen im Auto sorgen. „Es<br />
werden sich Bereiche im Auto etablieren, wo die faserverstärkten<br />
Kunststoffe dominant sind, andere Bereiche, wo eher Aluminium<br />
oder Stahl dominant sein werden“, sagt Beyl.<br />
Herausforderung Verbindungstechnologie<br />
Schlüssel des künftigen Materialmixes ist die Verbindungstechnik.<br />
Für Bauteile aus demselben Material gibt es schon lange etablierte<br />
Fügemethoden. Stahlbleche werden beispielsweise klassischerweise<br />
miteinander verschweißt. Unterschiedliche Werkstoffe lassen<br />
sich aber auf herkömmliche Art nicht miteinander verbinden. Auch<br />
deshalb ist die Fahrgastzelle des BMW i3 vollständig aus CFK. Man<br />
hat erst einmal genug damit zu tun, diesen neuen Werkstoff in einem<br />
serienreifen Produkt zu verwenden und spart sich zunächst<br />
einmal, Antworten auf die offenen Fragen der Verbindung mit anderen<br />
Werkstoffen zu finden. Einen Faserverbund kann man nämlich<br />
nicht mit einer Blechstruktur verschweißen. Deshalb werden Verfahren<br />
entwickelt, mit denen sie verklebt, vernietet oder verschraubt<br />
werden können.<br />
Eines der Werkzeuge für hybride Verbindungen ist der Laser. „Damit<br />
hat man viele Möglichkeiten, die unterschiedlichen Materialien zu<br />
prozessieren, also zu schneiden zu strukturieren und vieles mehr“,<br />
sagt Kirchhoff von Trumpf. Die Verbindungstechnik ist auch eines der<br />
zentralen Themen, die in der Arbeitsgemeinschaft Hybride Leicht-<br />
108 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> 11 2016