KEM Konstruktion 11.2016
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MASCHINENELEMENTE<br />
MECHANISCHE ANTRIEBSTECHNIK<br />
Interview mit NSK-Vizepräsident Dr. Jürgen Ackermann zum 100-jährigen Bestehen des Unternehmens<br />
Erfolg mit beeindruckender Präzision<br />
Im November 1916 gründete Takehiko Yamaguchi in Shinagawa-ku, Tokyo/Japan ein Unternehmen,<br />
das die von ihm entwickelten Wälzlager in Großserie produzierte. Das war die Geburtsstunde der NSK Ltd,<br />
die heute zu den drei weltgrößten Wälzlagerherstellern gehört. Das 100-jährige Jubiläum gibt Gelegenheit<br />
für eine Standortbestimmung im Gespräch mit Dr. Jürgen Ackermann, Vizepräsident des<br />
Unternehmens und verantwortlich für die europäischen Aktivitäten.<br />
Bild: NSK<br />
„Oft können Unternehmen<br />
sechsstellige<br />
Summen sparen, wenn<br />
sie Wälzlager verwenden,<br />
die exakt für das<br />
jewei lige Anwendungsprofil<br />
entwickelt wurden.“<br />
Dr. Jürgen Ackermann,<br />
CEO der NSK Europe Ltd.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Unter den Anbietern von Wälzlagern gibt<br />
es Hersteller und Händler, Spezialisten und Generalisten, kleine<br />
und große Unternehmen. Welche Position nimmt NSK in diesem<br />
Markt ein?<br />
Dr. Ackermann: Mit einem Umsatz von umgerechnet 8,25 Milliarden<br />
Euro – davon entfallen rund 28 % auf das Industriegeschäft –<br />
gehören wir zu den drei größten Wälzlagerherstellern weltweit und<br />
fertigen pro Jahr etwa 2,2 Milliarden Einheiten. Das sind 13 % des<br />
Weltbedarfs. Bei dieser Größe ist es selbstverständlich, dass wir<br />
ein Komplettprogramm aller gängigen Typen und Baugrößen bieten.<br />
Zugleich aber erarbeiten wir in vielen Branchen, die sehr hohe Anforderungen<br />
an Wälzlager stellen, gemeinsam mit unseren Kunden<br />
spezifische Lösungen.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Können Sie Beispiele für solche branchenspezifischen<br />
Lösungen nennen?<br />
Dr. Ackermann: Für die Windtechnik haben wir einen eigenen Qualitätsstandard<br />
entwickelt und ein komplettes Programm an Wälz -<br />
lagern eigens für diese Branche. Ähnliches gilt zum Beispiel für die<br />
Landtechnik, für Schienenfahrzeuge und für Pumpen und Kompressoren.<br />
Auch für die Stahlindustrie und für den Bereich Pulp & Paper,<br />
wo die Lager oft hohen mechanischen Belastungen in Verbindung<br />
mit Feuchtigkeit ausgesetzt sind, bieten wir dezidierte Baureihen<br />
an, ebenso für die Lebensmittelindustrie.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Was unterscheidet solche Lager von Katalogprodukten?<br />
Dr. Ackermann: Sie unterscheiden sich zum Beispiel durch das<br />
Lagerdesign, Dichtungen und Schmierstoffe und natürlich die verwendeten<br />
Stahlsorten. NSK hat eigene Wälzlagerstähle entwickelt.<br />
Oft wird auch die Integration in die Umgebungskonstruktion indi -<br />
viduell gestaltet. In der Windkraft werden die Lager in die Getriebe<br />
integriert, in Schienenfahrzeugen direkt in den Antriebsstrang.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Sie sind für das Europa-Geschäft von NSK<br />
verantwortlich. Wie ist der Footprint in Europa und in Deutschland?<br />
Dr. Ackermann: In Europa beschäftigt NSK rund 3500 Mitarbeiter,<br />
die einen Umsatz von ziemlich genau einer Milliarde Euro erwirtschaften.<br />
NSK ist seit 1963 in Deutschland präsent, das erste europäische<br />
Produktionswerk wurde 1976 in Peterlee (UK) eröffnet. Seitdem<br />
sind wir hier vor allem organisch, aber auch durch Zukäufe<br />
gewachsen und produzieren heute an neun Standorten in England,<br />
Polen und Deutschland. Unsere Zentrale für Europa ist in England,<br />
in Ratingen sind jedoch das European Technology Center (ETC) sowie<br />
wesentliche Zentralfunktionen angesiedelt. In Munderkingen<br />
bei Ulm produzieren wir vor allem kundenspezifische Wälzlager in<br />
kleineren Serien, u. a. für die Landtechnik. Insgesamt unterhält NSK<br />
übrigens 65 Produktionsstätten in dreizehn Nationen.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Neben den Wälzlagern gehören Linearsysteme<br />
zu ihrem Produktprogramm, und auch hier hat NSK eine<br />
Führungsposition.<br />
Dr. Ackermann: Richtig. Wir sind der weltgrößte Hersteller von<br />
Kugelgewindetrieben, die als hochgenaue und energieeffiziente<br />
Linearantriebe zurzeit sehr gefragt sind – etwa in Werkzeugmaschinen,<br />
Pressen und Spritzgießmaschinen.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Wir haben bisher nur über mechanische<br />
Antriebselemente gesprochen. In vielen Bereichen und Unternehmen<br />
geht der Trend zur Mechatronik – auch bei Ihnen?<br />
Dr. Ackermann: Die Mechatronik gehört – neben der Tribologie, der<br />
Werkstofftechnik und der Analysentechnik – zu den vier technischen<br />
Kernkompetenzen von NSK. In unserem großen Geschäftsfeld Automotive<br />
entwickeln wir neben Wälzlagern für Anwendungen in Chassis<br />
und im Antriebsstrang auch elektrische Servolenksysteme (EPS)<br />
für weite Teile der europäischen Automobilindustrie. Das ist Mechatronik<br />
pur. Und bei den Wälzlagern haben wir zum Beispiel Sensor -<br />
lager für Schienenfahrzeuge entwickelt, die ihren eigenen Zustand<br />
überwachen und Unregelmäßigkeiten per Funk an eine Leitwarte<br />
melden.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Wo wir gerade von der Automobilindustrie<br />
sprechen: Da ist das Thema Energieeffizienz vorherrschend.<br />
Wie verhält sich das in Industrieanwendungen?<br />
Dr. Ackermann: Hier gibt es Anwenderbranchen wie Weiße Ware<br />
90 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> 11 2016