SPORTaktiv April 2019
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Fotos: GEPA pictures, Albert Moser, iStock<br />
JÖRG ZEYRINGER<br />
SPORTPSYCHOLOGE, AUTOR<br />
„Das Hauptmotiv für Profisportler könnte eine Sehnsucht nach<br />
Unsterblichkeit sein. Gewinner denken: Ich bin dafür geboren,<br />
ganz oben zu stehen. Und ich bin bereit, alles dafür zu geben, es<br />
zu schaffen. Die hohen Quoten bei Goldman kommen dadurch<br />
zustande, dass diese Sportler so sozialisiert werden,<br />
dass die sportliche Leistung immer Priorität hat.<br />
Das sehe ich auch heute beim Blick in so manche<br />
Nachwuchsakademie. Da erlauben sich Schüler<br />
Dinge, die man nicht für möglich hält. Aber solange<br />
die Leistung passt, spielt das keine Rolle. Die<br />
erleben, dass sie sich mit besonderen Leistungen<br />
über Grenzen und Regeln hinwegsetzen können.<br />
Dann greift ein Automatismus: Wie kann ich<br />
besser werden, mich optimieren, um zu gewinnen? Dann ist es<br />
nur noch ein kleiner Schritt von Nahrungsergänzungsmitteln zu<br />
verbotenen Substanzen. Eine entscheidende Frage, die sich die<br />
meisten Sportler – bewusst oder unbewusst – stellen: Bin ich gut<br />
genug, um das zu leisten, was ich und mein Umfeld von mir erwarten?<br />
Gut genug, um zu siegen? Wer dies mit einem überzeugten Ja<br />
beantwortet, ist weniger in der Versuchung zu dopen. Wer unsicher<br />
ist, zweifelt, ist anfällig, erst recht, da Sportler in einem System<br />
leben, das ständige Optimierung als oberstes Ziel hat.<br />
Wir reden von Menschen, die dem Sport höchst emotional verbunden<br />
sind. Wir wissen, dass man im Zustand höchster emotionaler<br />
Erregung oft nicht in der Lage ist, kluge Entscheidungen zu treffen.<br />
Dann fällt es diesen Sportlern oft schwer, an die negativen Folgen<br />
zu denken, die ihr Handeln in drei Monaten oder in fünf Jahren<br />
haben könnte. Denn diese Typen bewerten das Gewinnen emotional<br />
wesentlich höher als die Angst vor möglichen Verlusten.“<br />
MICHAEL CEPIC<br />
GESCHÄFTSFÜHRER<br />
NADA<br />
„Die Motive sind sehr vielfältig, meist ist es<br />
eine Kombination aus vielen unterschiedlichen<br />
Beweggründen. Klar ist aber, dass kein<br />
Sportler seine Karriere mit den Gedanken<br />
an Tabletten und Spritzen beginnt. Vielmehr<br />
wurden über einen längeren Zeitraum<br />
durch unterschiedlichste Einflüsse die<br />
vorhandenen Hemmschwellen schrittweise<br />
abgebaut. Rückblickend betrachtet,<br />
haben die meisten dopenden Sportler mit<br />
Nahrungsergänzungsmitteln begonnen,<br />
es folgten Schmerzmittel, später kamen<br />
Suchtmittel dazu, dann wurden Produkte<br />
gespritzt und irgendwann war in der Spritze<br />
keine legale Substanz mehr, sondern ein<br />
Dopingmittel. Das Unrechtsbewusstsein ist<br />
dann meist nicht mehr vorhanden.“<br />
<strong>SPORTaktiv</strong><br />
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