SPORTaktiv April 2019
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
RO<br />
IST E-SPORTS<br />
WIRKLICH SPORT?<br />
„E-SPORTLER<br />
MÜSSEN FIT SEIN“<br />
Also, wenn Darts oder Schach als Sport gelten, trifft das<br />
für E-Sports aus meiner Sicht erst recht zu. Der Aspekt der<br />
körperlichen Anstrengung ist jedenfalls hier und da etwa<br />
gleich. Aber auch abseits dieses Vergleichs ist E-Sports für<br />
mich in die Rubrik Sport einzuordnen. Und zwar aus<br />
mehreren Gründen: Man muss sich viel damit befassen,<br />
um wirklich ein sehr guter Spieler auf Topniveau zu<br />
werden. Man muss sich Gedanken über Taktik machen,<br />
zum Beispiel beim beliebten Spiel FIFA. Spiele ich<br />
auf Ballbesitz oder Gegenpressing? Abwartend oder<br />
attackierend? Und mit welchem System habe ich die<br />
größten Chancen, meinen Gegner zu bezwingen? Ich<br />
zum Beispiel kann vom Zocken auf der Konsole eine<br />
Menge für meine Arbeit als Fußballprofi mitnehmen.<br />
Und zu all dem kommt: Man muss körperlich<br />
fit sein, um sich über einen langen Zeitraum so gut<br />
konzentrieren zu können, sodass man auf Topniveau<br />
Spiele gewinnt. Ich selbst merke auf meinem<br />
Freizeitlevel, dass ich bei längeren Sessions immer<br />
wieder Pausen brauche, auch wenn ich heute<br />
längst nicht mehr so viel zocke wie früher. Was<br />
ich allerdings zugeben muss: Zuschauen, wie<br />
andere Leute zum Beispiel Fortnite spielen,<br />
wäre nichts für mich. Das ist mir dann doch<br />
zu langweilig.<br />
THOMAS MURG<br />
Rapid-Profi und Hobby-Gamer<br />
„ES IST DAS<br />
FALSCHE SIGNAL“<br />
Eins vorweg: Ich verstehe die Interessen, die hinter<br />
E-Sports stecken, und will ihn keineswegs verteufeln.<br />
Aber mich irritiert das Wort „Sport“ hinter dem<br />
E schon sehr. Denn mit Bewegung an der frischen<br />
Luft und dem Spüren des eigenen Körpers hat das<br />
Ganze nichts zu tun. Und es ist in Zeiten, in denen<br />
wir immer mehr Zeit vor dem Bildschirm und weniger<br />
mit realen Begegnungen verbringen, das falsche Signal<br />
an unsere Kinder: Du brauchst dir gar keine echten Ski<br />
anzuschnallen um auf die Piste zu gehen, es reicht, wenn<br />
du dich virtuell die Abfahrt hinunterstürzt. Befürworter<br />
sagen, dass man über E-Sports Kids animieren kann,<br />
auch den echten Sport auszuprobieren. Das halte ich für<br />
eine Illusion. Die Kids spielen nicht auf der Konsole Karate<br />
und gehen dann in den Karateverein, sondern sie spielen<br />
erst Karate, dann Golf, dann Eishockey usw. Das ist der<br />
falsche Weg. Es geht wohl auch für Sportverbände darum,<br />
die Kids mit besseren Argumenten abzuholen als mit einem<br />
Spiel mehr auf der Spielkonsole. Wir sollten uns gemeinsam<br />
in Bewegung setzen, wie wir die Kinder wieder auf natürliche<br />
Weise zu echter körperlicher Bewegung einladen können.<br />
Demnach fände ich es ein schönes Zeichen – beispielsweise eines<br />
Skiverbandes – nicht bei jedem Trend dabei sein zu wollen,<br />
sondern vielmehr die Kerndisziplin jeder Sportart – nämlich die<br />
soziale Kompetenz – weiter zu etablieren!<br />
FELIX GOTTWALD<br />
Dreifacher Olympiasieger nordische Kombination<br />
Fotos: GEPA-Pictures.com, Caro Strasnik<br />
164 <strong>SPORTaktiv</strong>