SPORTaktiv April 2019
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„MANCHMAL<br />
KOMME ICH MIR<br />
SCHLECHT VOR“<br />
XAVER SCHLAGER IST ABGE-<br />
HOBEN. SPORTLICH, WEIL ER<br />
MIT RED BULL SALZBURG<br />
UND DEM NATIONALTEAM<br />
VON EINEM HIGHLIGHT ZUM<br />
NÄCHSTEN FLIEGT. PRIVAT<br />
WÜRDE IHM DAS NIE PASSIE-<br />
REN. ER SAGT: „JEDER ARBEI-<br />
TER LEISTET MEHR ALS ICH.“<br />
VON MARKUS GEISLER<br />
immt man die vergangenen<br />
zwei Jahre als Grundlage,<br />
müsste Xaver Schlager an einem<br />
permanenten Höhenkoller<br />
leider. Kapitän der erfolgreichen<br />
Salzburger<br />
Youth-League-Mannschaft. Euro-Fighter.<br />
Österreichischer Meister und Cupsieger.<br />
Heiße Aktie am Transfermarkt. Und im<br />
Nationalteam durchgestartet. Doch vom<br />
Verlust der Bodenhaftung ist der 21-Jährige<br />
weit entfernt. „Ich sehe mich als normalen<br />
Arbeiter, der ein bisschen intensiver<br />
Fußball spielt. Nein, eigentlich sehe ich<br />
mich sogar etwas darunter, weil andere 40<br />
Stunden arbeiten müssen, um sich ihr<br />
Geld hart zu verdienen. Ich muss schon<br />
auch intensiv etwas tun, aber Arbeiter leisten<br />
vielleicht doch etwas mehr als ich.“<br />
Eine erfrischende Herangehensweise in<br />
der Welt der Louis-Vuitton-Tascherl und<br />
Privatjet-Ausflüge. Dabei könnte es sich<br />
Xaver Schlager durchaus leisten, sich als<br />
Superstar feiern zu lassen, weil er sportlich<br />
so gut wie immer liefert. Doch so etwas<br />
käme dem Mittelfeldspieler, der in der<br />
Öffentlichkeit am liebsten unerkannt unter<br />
dem Radar fliegt, nie in den Sinn. „Ich<br />
bin immer erstaunt, wenn Kinder zu mir<br />
sagen: Du bist mein Vorbild. Ich denke<br />
dann: Das ist schon sonderbar. Manchmal<br />
komme ich mir dabei ein wenig schlecht<br />
vor, weil es doch so viele Dinge gibt, die<br />
wichtiger sind als Fußball. Aber das vergessen<br />
wir Fußballer manchmal, weil wir<br />
ein wenig in einer Parallelwelt leben, in<br />
der alles passt und dir vieles hinterhergetragen<br />
wird. Was aber auch nicht immer<br />
einfach ist.“<br />
Geschenkt worden ist dem Blondschopf<br />
aus St. Valentin allerdings nichts.<br />
Bereits im Alter von zwölf Jahren wurde<br />
er von „Stevies Papa“ (gemeint ist<br />
Ex-Teamspieler und Stefan Lainers Vater<br />
Leo) entdeckt und von Red Bull nach<br />
Salzburg gelotst. An Heimweh litt er nie.<br />
„Ich hab die Tragweite gar nicht realisiert,<br />
das Ganze als lustige Geschichte gesehen.<br />
Man freut sich aufs Internat, aufs Kicken,<br />
auf neue Freunde.“ Und wann hat er zum<br />
ersten Mal das Gefühl gehabt, dass es für<br />
eine Profikarriere reichen könnte? Schlager<br />
lacht. „Bis heute nicht“, sagt er. „Es<br />
kann so viel passieren – Verletzungen, ein<br />
Absturz ... Im Fußball kannst du heute<br />
der Superstar sein, morgen der Trottel und<br />
übermorgen verletzt und austauschbar.<br />
Dann erinnert sich keiner mehr an dich.“<br />
So schnell wird Schlager allerdings<br />
wohl nicht vergessen werden. Zu stark<br />
waren seine Auftritte auf nationaler, vor<br />
allem aber auf internationaler Ebene, wo<br />
er vor allem mit seiner „Ich-scheiß-mirnix“-Attitüde<br />
beeindruckt. „Wovor soll<br />
ich Angst haben“, fragt er. „Ich hab immer<br />
davon geträumt, in großen Stadien<br />
gegen große Gegner zu spielen – warum<br />
soll ich dann in Ehrfurcht erstarren? Die<br />
Gegenspieler sind auch nur Menschen,<br />
die auf meinem Niveau waren und sich<br />
hoch gekämpft haben. Das kann ich<br />
doch genauso schaffen.“ Entspanntheit,<br />
die auch mit einem Ritual zusammenhängt.<br />
Denn vor den Spielen setzt sich<br />
Schlager die Kopfhörer auf und biegt zu<br />
Fotos: Getty Images<br />
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