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SPORTaktiv April 2019

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BERNHARD KOHL<br />

EX-RADPROFI UND ÜBER-<br />

FÜHRTER DOPINGSÜNDER<br />

„Mein Jugendtraum war: Profisportler werden und<br />

eine Top-10-Platzierung bei der Tour de France zu<br />

erreichen. Doch noch bevor ich Profi wurde, mit 20<br />

Jahren, habe ich aus meinem sportlichen Umfeld<br />

mitbekommen: Ohne Doping wird es nicht funktionieren.<br />

Und zwar nicht nur an der Weltspitze,<br />

sondern bereits auf nationaler Ebene wird Doping<br />

verwendet. Ich dachte dann, wenn ich mir meinen<br />

Traum erfüllen will, gehört es scheinbar<br />

dazu. So bin ich da hineingerutscht.<br />

Wenn man einmal angefangen hat,<br />

redet man sich ein, dass es ohnehin<br />

alle machen und man somit niemanden<br />

betrügt. Egal, ob das stimmt oder<br />

nicht, aber das Unrechtsbewusstsein<br />

geht verloren, genauso wie die Einsicht,<br />

einen Fehler zu machen.<br />

Die Angst, erwischt zu werden, ist zwar ein ständiger<br />

Begleiter. Aber als Sportler hat man die Gabe,<br />

negative Dinge auszublenden. Außerdem hatte ich<br />

in meiner Karriere bestimmt 200 Dopingproben<br />

und hätte bei 100 davon erwischt werden müssen.<br />

Wirklich überführt wurde ich aber nur einmal. Das<br />

zeigt, wie grobmaschig das Kontrollnetz ist.<br />

Der finanzielle Anreiz war dagegen nie mein Motiv<br />

und ich glaube auch nicht, dass es bei anderen<br />

Sportlern der Fall ist. Das ist maximal ein Nebenprodukt.<br />

Es geht um die Erfüllung eines Jugendtraums.<br />

Und da können Sportler manchmal Sturschädel<br />

sein. Das wird ihnen dann zum Verhängnis.<br />

Und wenn ich das Ganze mit Abstand sehe, bin ich<br />

heilfroh, damals reinen Tisch gemacht und mein<br />

neues Leben mit dem Radgeschäft gestartet<br />

zu haben.“<br />

Während der nordischen WM in<br />

Seefeld wurden unter anderem die<br />

Österreicher Max Hauke (Bild) und<br />

Dominik Baldauf überführt.<br />

MANFRED BEHR<br />

JOURNALIST UND<br />

DOPINGEXPERTE<br />

„Meine Erfahrung aus 20 Jahren Dopingberichterstattung:<br />

HochleistungssportlerInnen sind VerdrängungskünstlerInnen.<br />

Sie ordnen alles dem Erfolg<br />

unter, blenden alles andere aus. Und sie wissen,<br />

dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nie wieder<br />

etwas so gut können werden, nie wieder von einer<br />

Sache so herausgefordert und emotional berührt sein<br />

werden wie vom Leistungssport. Das Leben danach<br />

stellt sich in der Vorausschau hingegen oft recht trist<br />

dar. Demgemäß ist der Anreiz groß, für Glanz und<br />

Ruhm im Jetzt bzw. im Demnächst große, selbst gesundheitsgefährdende<br />

Risiken einzugehen. Anabolika,<br />

die, in großen Mengen konsumiert, Herzinfarkte,<br />

Leberschäden und vieles mehr auslösen können,<br />

externes Wachstumshormon, das in Verdacht steht,<br />

die Tumorbildung zu unterstützen – alles wird in<br />

Kauf genommen. Es ist diese Realitätsverweigerung,<br />

die sprachlos macht. Eine gedopte Athletin hat mir<br />

einmal erzählt, dass sie ihren Freund angeschrien<br />

hat: „Ich dope nicht!“ Obwohl ihr der am Vortag die<br />

verbotenen Mittel selbst übergeben hatte.“<br />

Fotos: GEPA pictures, Christian Hofer, iStock<br />

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