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Diplomarbeit von Michael Schindler

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1.2.2 Der Merkmalsraum<br />

1.2 Neuronale Interpretation <strong>von</strong> multivar 31<br />

Wenn man die Informationsverarbeitung im Gehirn verstehen möchte, muss man nach<br />

der Bedeutung der Nervenzellen und ihrer Aktivitätsmuster fragen. Es ist nicht leicht,<br />

diese Bedeutung festzustellen. Ein Beispiel, bei dem dies gelungen ist, liefern die Untersuchungen<br />

<strong>von</strong> Hubel & Wiesel (1974) am primären visuellen Kortex (V1) <strong>von</strong> Affen<br />

und Katzen. Es eignet sich deshalb gut, um die Modellierung durch ein Neuronales<br />

Netz zu demonstrieren. Die Autoren stellten fest, dass kleine geordnete Bereiche, die<br />

sie deshalb auch Orientierungssäulen nannten, stark reagieren, wenn ein Helligkeitsbalken<br />

bestimmter Position, Orientierung und Bewegungsrichtung auf die Retina des<br />

Labortieres projiziert wird (siehe auch Schmidt & Schaible, 2000). Es scheint also so<br />

zu sein, als wäre der V1 so mit der Retina verschaltet, dass er eine Balkendetektion<br />

durchführt. Jede Zelle dort repräsentiert somit einen Balken definierter Lage, Orientierung,<br />

Geometrie und Bewegung. Allgemein nennt man denjenigen Reiz auf der<br />

Eingabeschicht, der eine Nervenzelle der nachgeschalteten Schicht maximal erregt, ihren<br />

Bestreiz und identifiziert seine Eigenschaften mit der Bedeutung der Zelle. Im Fall<br />

des V1 sind die Bestreize also Balkenmuster.<br />

An dieser Stelle definiert man zum Zweck der Abstraktion und – damit einhergehend<br />

– zur Motivation des multivar-Netzwerkes den Merkmalsraum M als hochdimensionalen<br />

reellen Raum, der <strong>von</strong> den Eigenschaften der Bestreize, den Features, aufgespannt<br />

wird (Dersch, 1995). Im gegebenen Beispiel sind dies die Breite und Länge des Helligkeitsbalkens<br />

sowie sein Orientierungswinkel, ferner die beiden Ortskoordinaten auf<br />

der Retina und seine Bewegungsrichtung. Ein Lichtbalken mit diesen Eigenschaften<br />

stellt nun genau einen Punkt im Merkmalsraum dar. Der Grund für die Definition<br />

liegt darin, dass beliebige Muster auf der Retina gerade nach denjenigen Eigenschaften<br />

sortiert werden, die bei den betrachteten Nervenzellen zu Bestreizen führen. So kann<br />

ein Erregungsmuster in seine Bedeutungsinhalte zerlegt werden.<br />

Der Bestreiz einer Nervenzelle auf der Verarbeitungsschicht ist also nicht nur ein durch<br />

Breite, Länge, Position und Orientierung wohldefinierter Lichtfleck auf der Retina,<br />

sondern gleichzeitig ein Punkt im Merkmalsraum. Hier sieht man die doppelte Beschreibungsweise,<br />

die in der Neuroinformatik immer notwendig ist. Zum einen haben<br />

die betrachteten Größen einen biologischen Hintergrund (den Lichtfleck auf der Retina<br />

und das daraus folgende Aktivitätsmuster der Sinneszellen), auf der anderen Seite<br />

werden sie durch mathematische Begriffe (den Punkt im Merkmalsraum) beschrieben.<br />

Als rezeptives Feld wird derjenige Bereich der Netzhaut bezeichnet, <strong>von</strong> dem aus eine<br />

kortikale Zelle erregt werden kann. Die Verbindungen vom rezeptiven Feld zu dieser<br />

Zelle bilden ihren synaptischen Baum. Entsprechend kann das rezeptive Feld im<br />

Merkmalsraum definiert werden, und zwar als diejenigen Punkte x∈ M, die eine Zelle<br />

erregen können. Analoges gilt für den synaptischen Baum.<br />

Die Transformation T , mit der die Beschreibungsweise <strong>von</strong> den Nervenzellenschichten<br />

in den Merkmalsraum gebracht wird, ist in Abbildung 16 dargestellt. Die Position,<br />

Länge, Breite etc. des Helligheitsbalkens h definieren die Koordinaten des Punktes<br />

x(h) ∈ M. Als Position <strong>von</strong> h wird sein Schwerpunkt in den Koordinaten z1 und

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