Diplomarbeit von Michael Schindler
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72 3. Neuronale Gewöhnung in Aplysia californica<br />
Abbildung 38: Plan der identifizierten Nervenzellen im Abdominalganglion der<br />
Aplysia. (Aus Bailey & Kandel, 1985.)<br />
Die Meeresschnecke Aplysia californica (Abbildung 37) ist eines der Paradetiere der<br />
Erforschung biologischer neuronaler Netze. Sie besitzt etwa 20 000 Nervenzellen, aufgeteilt<br />
auf zehn größere Ganglien. Der Grund für die detaillierte Erforschung ihres<br />
Nervensystems ist die außergewöhliche Größe ihrer Nervenzellen. Manche haben einen<br />
Durchmesser <strong>von</strong> bis zu 1mm und gehören damit zu den größten tierischen Zellen<br />
überhaupt. Viele der Nervenzellen sind bei allen Individuen gleich und eignen sich<br />
deshalb hervorragend zum Studium ihrer Funktionsweise. Man bezeichnet sie mit R2,<br />
L7, etc. (s. Abbildung 38).<br />
Wegen ihrer Größe lassen sich sowohl elektrophysiologische, biochemische als auch morphologische<br />
Studien an den Nervenzellen durchführen. Es wird dann möglich, die synaptische<br />
Konnektivität <strong>von</strong> Paaren identifizierter Zellen genau zu bestimmen, nämlich<br />
(a) die Existenz einer funktionierenden Verbindung,<br />
(b) ihr Vorzeichen (exzitatiorisch oder inhibitorisch) und<br />
(c) ihre Stärke.<br />
Dies ermöglicht, die neuronale Verschaltungsstruktur aufzufinden, die bestimmten Verhaltensmustern<br />
zugrundeliegt. Ein prominentes Beispiel dafür ist der Kiemenrückzugsreflex.<br />
Wie bei anderen Weichtieren ist Aplysias Kiemen in einer Hautöffnung verborgen<br />
und durch den Mantle shelf geschützt, der in einem fleischigen Rohr, dem Siphon<br />
endet. Wenn Mantle shelf oder Siphon gereizt werden, reagieren sie mit heftigem Zusammenziehen<br />
und verbergen sich und den Kiemen in der Öffnung. Wie Eric Kandel,<br />
der dafür mit dem Nobelpreis bedacht wurde, zeigen konnte, ist es eine typische Eigenschaft<br />
dieses defensiven Rückzugsreflexes, dass er durch Erfahrung modifiziert werden<br />
kann. Dabei treten sowohl Kurz- als auch Langzeitgedächtniseffekte auf.