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Diplomarbeit von Michael Schindler

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1.2 Neuronale Interpretation <strong>von</strong> multivar 37<br />

Im Merkmalsraum findet man eine äquivalente kompetitive Lernregel, indem man den<br />

Reiz h und den synaptischen Baum Sr in den Merkmalsraum transformiert. Anwendung<br />

der Gleichungen (1-55) und (1-56) auf (1-68) liefert die Koordinaten der Gleichung<br />

cr(t+1) = cr(t) + εar(t) � x(t) − cr(t) � . (1-70)<br />

Dabei wurde ausgenutzt, dass das Zentrum cr der Aktivierungsfunktion ar gleichzeitig<br />

auch der virtuelle Ort <strong>von</strong> r ist, sofern ar genügend lokalisiert ist. Diese Lokalisierung<br />

wird durch die Annahme für h auf Seite 33 garantiert.<br />

Gleichung (1-70) ist die Lernregel (1-41) des multivar-Algorithmus. Es ist demnach<br />

nicht nur die Verarbeitungsabbildung A des MVNN sowohl in mathematischer und neuronaler<br />

Sichtweise in Übereinstimmung gebracht, sondern es wurde auch seine Lernregel<br />

P als kompetitives Hebb’sches Lernen identifiziert. Man kann sie leicht geometrisch<br />

veranschaulichen, und zwar als Bewegung des virtuellen Ortes cr auf den Reiz x zu,<br />

wobei seine Schrittweite der Anteil εar < 1 an der Gesamtstrecke ist (Abbildung 17).<br />

Auch für die Lernregel (1-42), die eine Hauptachsenbestimmung durchführt, gibt es<br />

eine geeignete neuronale Formulierung (Rubner & Tavan, 1989; Albrecht et al. 2000).<br />

1.2.5 Kortikale Merkmalskarten<br />

Die Lernregel (1-70) ist ein Spezialfall eines Lernszenarios, das die Entstehung neuronaler<br />

Karten erklärt. Untersuchungen am visuellen System <strong>von</strong> Säugetieren zeigen,<br />

dass benachbarte Orte der Netzhaut im V1 ebenfalls benachbart abgebildet werden<br />

(retinotope Abbildung). Die Größe des kodierenden Bereiches im V1 ist proportional<br />

zur Gangliendichte auf der Retina (Schmidt & Schaible, 2000). Eine solche nachbarschaftserhaltende<br />

und gleichzeitig dichteorientierte Repräsentation nennt man eine<br />

topographische Merkmalskarte.<br />

Besonders deutlich wird der Begriff am Beispiel des somatosensorischen Rindenfeldes.<br />

Dort bildet sich eine Repräsentation des gesamten sensorischen Nervensystems<br />

im Körper aus, die man als Homunculus bezeichnet. Dabei wird die (im wesentlichen)<br />

zweidimensionale Hautoberfläche auf die Kortexoberfläche abgebildet. Nebeneinander<br />

liegende Tastrezeptoren werden <strong>von</strong> nebeneinander liegenden Kortexzellen verarbeitet.<br />

Die kortikale Merkmalskarte ist also auch hier nachbarschaftserhaltend.<br />

Ein weiteres Beispiel für die Verwendung einer kortikalen Karte ist das Gehör der Fledermaus,<br />

deren Hörzentrum eine Repräsentation der Tonhöhe und seiner Amplitude<br />

liefert (Rieke et al. 1999). Diese Merkmalskarte ist nicht in dem einfachen Sinne topologieerhaltend<br />

wie der Homunculus, doch wenn man ihn im geeigneten Merkmalsraum<br />

betrachtet (Frequenz, Amplitude, evtl. Phase und Veränderung der Frequenz), dann<br />

sieht man, dass die Erhaltung der Nachbarschaftsbeziehung schon in der Definition<br />

des Merkmalsraumes liegt. Dieser wird gerade <strong>von</strong> denjenigen Features aufgespannt,<br />

die das Nebeneinander auf dem Kortex möglichst gut wiedergeben, wie auch schon im<br />

letzten Abschnitt klar geworden ist.<br />

Anhand solcher Beispiele wird die These formuliert, dass die Organisation in neuronalen<br />

Merkmalskarten ein universelles Prinzip der Verarbeitung <strong>von</strong> Sinnesreizen, vielleicht<br />

sogar des gesamten Gehirns ist (Dersch, 1995 und Schmidt & Schaible, 2000, S.214).

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