Diplomarbeit von Michael Schindler
Diplomarbeit von Michael Schindler
Diplomarbeit von Michael Schindler
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
1.2 Neuronale Interpretation <strong>von</strong> multivar 35<br />
<strong>von</strong> Aktivitäten der gesamten Schicht. Die Neuronen kompetieren um die gemeinsame<br />
Aktivität. Durch diese effektive Beschreibung der Lateralverschaltung wird vermieden,<br />
die Lateralverbindungen explizit simulieren zu müssen. Es müssen keine hemmenden<br />
Querverbindungen berücksichtigt werden, und auch die Verknüpfungen der Eingabezur<br />
Verarbeitungsschicht können als rein exzitatorisch angenommen werden.<br />
An dieser Stelle ist die Modellbildung so weit, dass die Aktivität ar mit der bedingten<br />
Klassenwahrscheinlichkeit ˆ P(r|x) identifiziert werden kann,<br />
ar(x; θ) ≡ ˆ P(r|x; θ). (1-65)<br />
Beide erfüllen die Normierung in (1-62), und mit der Gleichung (1-63) wurde der Bayessche<br />
Satz (1-10) wiederentdeckt. Der Vergleich der Nenner in beiden Gleichungen liefert<br />
zusätzlich die Identität <strong>von</strong> Approximation ˆp(x; θ) und der Gesamtaktivität A(x),<br />
A(x; θ) ≡ ˆp(x; θ). (1-66)<br />
Am Zähler sieht man, dass die gewichtete Normalverteilung ˆ P ˆp(x|r; θ) zum Bild des<br />
synaptischen Baumes im Merkmalsraum gemacht wird. Die Näherung für ar auf Seite<br />
33 ist also nichts anderes als die zentrale Modellannahme, dass die Verteilungsdichte<br />
der Reize mit einer Mischung <strong>von</strong> Normalverteilungen approximiert werden kann.<br />
Physiologisch kann die globale Aktivitätsnormierung als Ressourcennormierung gerechtfertigt<br />
werden. Die Vorstellung dahinter ist, dass immer viele Nervenzellen gemeinsam<br />
<strong>von</strong> wenigen Blutgefäßen versorgt werden. Wenn man sich die Aktivität als<br />
Ressourcen verbrauchenden Zustand vorstellt, kann eine Nervenzelle nur auf Kosten<br />
der Aktivität anderer Zellen erregt werden. Das ML-Prinzip bedeutet hier, dass dieser<br />
grundlegende Organisationsprozess der Kompetition nach (1-66) und (1-7) die mittlere<br />
Aktivität der gesamten Schicht maximiert. Die Forderung nach Load-balance (1-49)<br />
sorgt wegen (1-65) gleichzeitig dafür, dass die mittleren Aktivitäten der einzelnen Neuronen<br />
ähnliche Werte aufweisen. Letztere Bedingung kann durch physiologische Befunde<br />
motiviert werden. So wurde am Beispiel der somatosensorischen Hirnrinde in Amputationsversuchen<br />
festgestellt, dass Kortexneuronen ihre rezeptiven Felder verändern,<br />
wenn sie lange nicht erregt werden. Sie beginnen, sich an der Kodierung noch aktiver<br />
Bereiche zu beteiligen (Schmidt & Schaible, 2000).<br />
Die beiden oben skizzierten Prinzipien, die Aktivitätsmaximierung und Load-balance<br />
(Albrecht et al. 2000), bilden das Kernstück des multivar-Algorithmus. Sie wurden<br />
als ML-Prinzip und als Kopplung der Gewichtungen ˆ Pr an den Wert 1/M in den<br />
multivar-Algorithmus eingebaut. Auf diese Weise fügen sich die beiden Sichtweisen,<br />
mathematische und neuronale, zwanglos ineinander. Ein weiteres Beispiel stellt die<br />
Lernregel (1-41) dar, die im folgenden Abschnitt neuronal motiviert werden soll.