ECHO Top500 2022
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TOP 500 | INTERVIEW<br />
den.<br />
<strong>ECHO</strong>: Womit punkten Sie als Arbeitgeber?<br />
Steinmayr: Wir sind einerseits regional tief<br />
verwurzelt sind und haben andererseits eine<br />
langjährige Historie, die Stabilität und Sicherheit<br />
mit sich bringt. Bei uns kann man im<br />
Betrieb Karriere machen und wachsen. Wir<br />
haben sehr interessante Kunden aus allen<br />
Bereichen des wirtschaftlichen Lebens und<br />
die Zusammenarbeit mit diesen macht große<br />
Freude. Unser Verhältnis zum Kunden ist<br />
ähnlich wie bei einem Steuerberater, einem<br />
Rechtsanwalt, es geht um Vertrauen und<br />
Partnerschaft auf Augenhöhe. Was ich mit Sicherheit<br />
sagen kann ist, dass es bei uns nicht<br />
langweilig wird. Ich glaube auch jeder unserer<br />
Mitarbeiter weiß, dass er mit jedem Anliegen zu<br />
mir oder meinem Partner kommen kann und,<br />
dass wir immer versuchen zu helfen. Das geht<br />
über klassische arbeitsbezogene Themen oft<br />
weit hinaus und das wird auch wertgeschätzt.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wie wird sich der Arbeitsmarkt aus<br />
Ihrer Sicht entwickeln?<br />
Steinmayr: Generell glaube ich, dass sich<br />
dieser extreme Arbeitskräftemangel, den wir<br />
derzeit haben, nach diesem Winter relativieren<br />
wird. Ich befürchte, dass aus gewissen Branchen<br />
wieder Leute in andere wandern, weil die<br />
steigenden Zinsen in der Wirtschaft zu Verwerfungen<br />
führen werden. Wir werden wohl oder<br />
übel in eine Rezession kommen und es wird<br />
weniger Arbeitsplätze geben, und das gepaart<br />
mit steigenden Kosten rundherum wird wohl<br />
dazu führen, dass die Work-Life-Balance sich<br />
wieder mehr in Richtung Work entwickelt.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wie sehr betrifft der Klimawandel<br />
Ihre Branche? Haben klimafreundliche Unternehmen<br />
bessere Versicherungsmöglichkeiten?<br />
Wie schaut es mit den Naturkatastrophen aus?<br />
Steinmayr: Durch bestimmte Klimaphänomene,<br />
die gehäuft auftreten, betrifft es die Branche<br />
zum einen ganz direkt, weil mehr Versicherungsschäden<br />
verursacht werden. Das ist jetzt<br />
schon länger sichtbar, mindestens 10 Jahre,<br />
dass gerade im Sommer die Unwetterthemen<br />
zunehmen. Wir haben Skigebiete, wo wir im<br />
Sommer mehr Schäden haben als im Winter.<br />
Darauf ist die Versicherungsbranche gefasst,<br />
das bildet sich in den Prämien langfristig ab,<br />
„Eine Pandemie habe ich nicht<br />
kommen sehen, aber mit dem<br />
Inflationsthema habe ich seit 10<br />
Jahren gerechnet.“ Christian Steinmayr<br />
damit kann die Branche umgehen. Das Thema,<br />
ob es für Kunden bessere Prämien geben<br />
wird, wenn diese klimaneutral agieren, war<br />
vor der aktuellen Energiekrise, sehr relevant.<br />
Nachhaltigkeit, die Erfüllung der ESG-Ziele,<br />
waren Schlagwörter, die gezeigt haben, dass<br />
Klimaneutralität für die Branche wichtig werden<br />
wird und dass es Branchen geben wird, die<br />
wahrscheinlich gar nicht mehr versichert werden.<br />
Der Ukraine-Krieg und die Energiekrise<br />
haben das Thema wieder ein wenig verdrängt.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wenn Sie Ihre berufliche Zeit in<br />
einer Führungsfunktion betrachten. Wie<br />
würden Sie die letzten drei Jahre mit Corona<br />
Krise, Ukraine-Krieg, Inflation und Teuerung<br />
einordnen?<br />
Steinmayr: Es war eine sehr herausfordernde<br />
Zeit. Zum Glück haben wir wenige Wochen<br />
vor dem Lockdown noch für alle Mitarbeiter<br />
Laptops besorgt, sodass wir, als der Lockdown<br />
kam, alle von zu Hause aus arbeiten konnten.<br />
Wir waren voll umfänglich handlungsfähig<br />
und haben durchgearbeitet. In dieser Zeit war<br />
es meine Aufgabe, Sicherheit zu geben, zu vermitteln,<br />
dass der Job nicht gefährdet ist, dass es<br />
der Firma gut geht. Wir hatten genug zu tun,<br />
wir mussten keine Hilfen in Anspruch nehmen<br />
und konnten normal weiterarbeiten. Ich denke,<br />
das haben wir sehr gut gelöst.<br />
Ich bin aber jemand, der viel reflektiert und<br />
sich mit aktuellen Themen auseinandersetzt.<br />
Eine Pandemie habe ich nicht kommen sehen,<br />
aber das Inflationsthema, das wir jetzt haben,<br />
überrascht mich hingegen gar nicht, damit<br />
habe ich seit vielen Jahren gerechnet. Ich bin<br />
jemand, der sich die Frage stellt, was kann<br />
alles im Leben kommen, wie muss man<br />
aufgestellt sein, um mit solchen Problemen<br />
umgehen zu können. Corona hat das verstärkt.<br />
Es war eine neue Situation, aber auch eine<br />
interessante Erfahrung zu sehen, dass das<br />
Wichtigste im Leben schon da ist.<br />
Was man unter Corona gesehen hat, war ein<br />
richtiger Paradigmenwechsel. Die Menschen<br />
mussten sich daran gewöhnen, dass gewisse<br />
Dinge nicht so laufen, wie sie es sich vorstellen.<br />
Ich war erstaunt, wie gut wir Menschen<br />
das alles verdaut haben. Wie schnell man vom<br />
totalen Anspruchsdenken, alles muss sofort<br />
und immer verfügbar sein, zu dem etwas zufriedeneren<br />
Kundenverhalten umschwenken<br />
konnte. Corona hat gezeigt, wie anpassungsfähig<br />
die Menschen sind, wie schnell wir alle<br />
akzeptiert haben, dass wir massiv eingeschränkt<br />
werden. Diese Anpassungsfähigkeit hat mich<br />
gefreut und erschreckt zugleich.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wie würden Sie die Zeit, in der wir<br />
leben einordnen? Wird man im Rückblick von<br />
einer „normalen“ Zeit sprechen oder leben wir<br />
in einer Zeit der Veränderung? Wie erleben Sie<br />
das selbst?<br />
Steinmayr: Wir befinden uns aus meiner<br />
Sicht in einer Zeitenwende, die es aber immer<br />
wieder mal gegeben hat. Ich glaube viele<br />
Ereignisse, die wir jetzt reflexartig versuchen<br />
einzuordnen, kann man erst später im Rückspiegel<br />
richtig bewerten. Sicherlich haben die<br />
lose Geldpolitik und die ständigen – gut gemeinten<br />
aber langfristig kontraproduktiven<br />
– Eingriffe des Staates in die Wirtschaft dazu<br />
geführt, dass Probleme nicht gelöst wurden,<br />
sondern perpetuiert. Irgendwann wird aber<br />
die Rechnung für die vielen Schulden fällig<br />
und es sieht so aus, dass die Probleme zu groß<br />
sind, um sie noch länger auf die lange Bank zu<br />
schieben. Eine Inflation fällt ja nicht einfach<br />
vom Himmel, sondern ist immer das Ergebnis<br />
einer zu losen Geldpolitik. Auch wenn das<br />
schmerzt und auch wenn viele unverschuldet<br />
zum Handkuss kommen, bietet das aber zumindest<br />
die Chance für nächste Generationen,<br />
wieder ein tragfähiges System zu bauen. Bisher<br />
hat die Politik leider nur versucht die Probleme<br />
in die Zukunft zu schieben, was gegenüber der<br />
Jugend und späteren Generationen auch nicht<br />
gerecht war. Die Welt wird sich weiterdrehen,<br />
aber vieles muss und wird sich ändern.