ECHO Top500 2022
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TOP 500 | INTERVIEW<br />
„Europas grüner Umbau ist ein Jahrhundertprojekt“<br />
MMag. Reinhard Mayr, Vorstandsvorsitzender<br />
Raiffeisen-Landesbank Tirol AG.<br />
Nachhaltigkeit<br />
<strong>ECHO</strong>: Gibt es Veränderungen in Ihrem<br />
Unternehmen, die direkt oder indirekt mit<br />
dem Klimawandel in Zusammenhang stehen?<br />
Reinhard Mayr: Durchaus, denn Banken<br />
spielen bei der Umsetzung des europäischen<br />
Green Deals eine Schlüsselrolle. Mit diesem<br />
Fahrplan der Europäischen Kommission<br />
soll Europa bis 2050 klimaneutral werden.<br />
Und entscheidend sind schon die nächsten<br />
Jahre. Bis 2030 sollen CO 2<br />
-Emissionen um<br />
65 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Das<br />
braucht enorme Geldmittel – die EU geht<br />
im ersten Schritt von einer Billion Euro aus<br />
– und es ist Aufgabe von uns als Bank, die<br />
Projekte der Unternehmen zu finanzieren<br />
und das private Kapital vermehrt in nachhaltige<br />
Anlageprodukte zu lenken. Dazu<br />
müssen wir im Rahmen des „Aktionsplans<br />
zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums“<br />
auch eine Vielzahl regulatorischer Anforderungen<br />
erfüllen. Als Beispiel legt die sogenannte<br />
Taxonomie-Verordnung fest, welche<br />
Investitionen tatsächlich nachhaltig sind und<br />
einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung<br />
der Klimaziele leisten. Wir integrieren diese<br />
und andere Richtlinien mit durchaus hohem<br />
Aufwand in unsere relevanten Prozesse, etwa<br />
in den Bereichen Kreditvergabe oder<br />
Risikomanagement. Die nachhaltige Regulatorik<br />
ist komplex, wir stellen uns ihr aber<br />
sehr gerne. Denn am grünen Umbau führt<br />
kein Weg vorbei. Er verhindert den Klimakollaps,<br />
erhält die Lebensgrundlagen für die<br />
nächsten Generationen und sichert Wirtschaftskraft<br />
und Arbeitsplätze. Vor allem<br />
aber führt er aus der Energiekrise und ihren<br />
vielen Folgen.<br />
„Eine Rückkehr zur alten<br />
Normalität wird es kaum<br />
mehr geben.“<br />
<strong>ECHO</strong>: Gibt es ein Nachhaltigkeitskonzept<br />
in Ihrem Unternehmen? Welche Inhalte/Maßnahmen<br />
hat dieses Konzept?<br />
Mayr: Nachhaltigkeit ist seit jeher ein wesentlicher<br />
Eckpfeiler des Wertesystems von<br />
Raiffeisen. Um möglichst wirksam zum<br />
nachhaltigen Umbau zu motivieren und zu<br />
bewegen, wollen wir aber selbst noch besser<br />
werden. Deshalb beschäftigen wir zwei<br />
Nachhaltigkeitsmanager, verankern mit deren<br />
Unterstützung Nachhaltigkeit sauber im<br />
gesamten Geschäftsmodell und eine eigene<br />
Nachhaltigkeitsstrategie gibt den Fahrplan<br />
in den vier Handlungsfeldern<br />
Infrastruktur,<br />
Produkte,<br />
Personal und Kommunikation<br />
vor. Die<br />
Ziele sind jeweils<br />
ehrgeizig. So wollen<br />
wir etwa im Bereich<br />
Produkte den Anteil nachhaltiger Veranlagungen<br />
am eigenen Kundendepotvolumen<br />
bis 2025 vervierfachen und bei Infrastruktur<br />
und Betrieb die eigenen CO 2<br />
-Emissionen<br />
um mehr als 60 Prozent senken. Auch unsere<br />
künftige RLB-Zentrale DAS RAIQA in<br />
der Innsbrucker Adamgasse errichten wir<br />
als hoch energieeffizientes, nach Nachhaltigkeitskriterien<br />
zertifiziertes Gebäude. Wir<br />
setzen also von allen Seiten an, und das auch<br />
im übertragenen Sinn. Denn gemeinsam mit<br />
den Raiffeisenbanken erarbeiten wir zurzeit<br />
eine Nachhaltigkeitsstrategie für die gesamte<br />
Raiffeisen-Bankengruppe Tirol. Diese orientiert<br />
sich an der Nachhaltigkeitsstrategie<br />
der Landesbank, geht dabei aber selbstverständlich<br />
auf die spezifischen Bedürfnisse<br />
der Raiffeisenbanken und ihrer Kunden vor<br />
Ort in den Regionen ein.<br />
Mobilität<br />
<strong>ECHO</strong>: Welche Mobilitätskonzepte gibt es<br />
in Ihrem Unternehmen?<br />
Mayr: CO 2<br />
-Emissionen senken heißt vor<br />
allem auch den Verkehr vermeiden, verlagern<br />
und verbessern. Deshalb verankert<br />
unsere Nachhaltigkeitsstrategie auch einen<br />
ganzen Mix an Mobilitätsmaßnahmen. Bei<br />
Dienstreisen hat der öffentliche Verkehr<br />
immer Vorrang. Das reduziert auch den<br />
Bedarf an Dienstautos. Und dort, wo sie<br />
noch erforderlich sind, stellen wir weiter<br />
auf E-Antrieb um. Wenn Mitarbeiter für die<br />
Fahrt zum und vom Arbeitsplatz öffentliche<br />
Verkehrsmittel nutzen, übernimmt die RLB<br />
die Kosten. Und mit dem hybriden Arbeitsmodell<br />
– bis zu 60 Prozent ihrer Arbeitszeit<br />
können Mitarbeiter im Homeoffice leisten<br />
– reduzieren wir Verkehr insgesamt deutlich.<br />
Über eine Kooperation<br />
mit ummadum<br />
können wir nun sogar<br />
Arbeitswege, die<br />
mit dem Rad, zu Fuß<br />
oder in Fahrgemeinschaften<br />
zurückge-<br />
MMag. Reinhard Mayr<br />
legt werden, in einer<br />
App mit Punkten belohnen, die dann bei<br />
Handelspartnern von ummadum einlösbar<br />
sind. Und frische Motivation, sich zu beteiligen,<br />
bringen zudem – ganz aktuell – auch<br />
neue Holzdiensträder mit Elektroantrieb.<br />
Dass das Bewusstsein und die Begeisterung<br />
für das Thema hoch bleiben, dafür sorgen<br />
auch Initiativen wie der autofreie Tag in der<br />
RLB oder unsere Teilnahme an „Tirol radelt“.<br />
Foto: Raiffeisen/Frans Oss<br />
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