ECHO Top500 2022
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TOP 500 | INTERVIEW<br />
Das Ende von „schneller,<br />
höher und weiter“?<br />
Interview. Armin Schneider, Direktor der Oesterreichischen Nationalbank West, über die<br />
Teuerung und deren Auswirkungen, die Entwicklungen der Zinsen und des Immobilienmarkts<br />
sowie die unbegründete Sorge vor dem Ende des Bargelds.<br />
<strong>ECHO</strong>: Die Teuerung beunruhigt<br />
die Menschen sehr. Wie beurteilt<br />
die OeNB die Lage?<br />
Armin Schneider: Wir verstehen<br />
die berechtigten Sorgen der Menschen<br />
und wiewohl die Europäische<br />
Zentralbank nicht die einzige<br />
Institution ist, die hier die Rahmenbedingungen<br />
beeinflussen kann, hat<br />
sie heuer schon mit einem Zurückfahren<br />
der Liquiditätsbereitstellung<br />
und mehrmaligen Zinserhöhungen<br />
reagiert, um der Entwicklung gegenzusteuern.<br />
Es ist davon auszugehen,<br />
dass noch weitere geldpolitische<br />
Schritte folgen werden, wiewohl<br />
das Zinsniveau auch dann noch<br />
historisch betrachtet nach wie vor<br />
niedrig ist. Die aktuell unerfreulich<br />
hohe Inflationsrate wird durch viele<br />
Faktoren beeinflusst. Der Krieg samt<br />
Lieferkettenproblemen ist aber nicht<br />
der einzige Treiber. Die Preise haben<br />
schon im Vorjahr aufgrund von<br />
Nachholeffekten und höherem Konsum nach<br />
der Pandemie anzuziehen begonnen.<br />
<strong>ECHO</strong>: Was kann das für die Tiroler Wirtschaft<br />
bedeuten?<br />
Schneider: Wir sind jahrzehntelang einem<br />
immer „Schneller, höher und weiter“-Grundsatz<br />
gefolgt und müssen möglicherweise anerkennen,<br />
dass in Anbetracht einer geringeren<br />
Verfügbarkeit von Arbeitskräften, eines stark<br />
wachsenden Anteils an Pensionisten, geänderter<br />
Interessen der Kunden, eines Klimawandels<br />
und deutlich höherer Kosten, vor allem<br />
Armin Schneider,<br />
Direktor der<br />
Oesterreichischen<br />
Nationalbank West<br />
auch im Tourismusbereich, Downsizing auch<br />
ein realistisches Szenario sein wird müssen, um<br />
auf die aktuellen Rahmenbedingungen adäquat<br />
zu antworten, konkurrenzfähig zu bleiben und<br />
betriebswirtschaftlich sinnvoll zu agieren. Ebenso<br />
wird man sich vom jahrelang praktizierten<br />
„Just in time“-Szenario verabschieden müssen.<br />
Abgesehen davon, dass Transportwege nach<br />
wie vor zu günstig sind. Ob Gratis-Retouren<br />
und ungefragtes Werbematerial im Postkasten<br />
noch dem Zeitgeist entspricht, wird man hoffentlich<br />
auch über kurz oder lang hinterfragen.<br />
Im touristischen Bereich ist sehr gut erkennbar,<br />
dass die Menschen kurzfristiger<br />
buchen und kürzere Wege<br />
bevorzugen. Daher wird der<br />
inländische Gast künftig mehr<br />
Aufmerksamkeit und Wertschätzung<br />
bekommen müssen.<br />
Dies auch insbesondere<br />
in Anbetracht einer nahenden<br />
Rezession in unserem Hauptmarkt<br />
Deutschland.<br />
<strong>ECHO</strong>: Sie waren gerade bei<br />
einem Unternehmertreffen in<br />
der Ostschweiz. Haben Sie da<br />
Unterschiede zu Österreich<br />
wahrgenommen?<br />
Schneider: Ja, sehr große. Die<br />
wirtschaftlichen Herausforderungen<br />
sind die gleichen. Die<br />
Inflation beträgt zwar nur ein<br />
Drittel der Eurozone, wird aber<br />
von den Schweizern selbst als<br />
extrem hoch empfunden.<br />
Dafür sehen sie sich mit einer<br />
stark aufwertenden Währung konfrontiert, die<br />
ihre Position am Markt deutlich beeinträchtigt.<br />
Es würde aber einem Schweizer in keiner Phase<br />
in den Sinn kommen, nach der Hilfe des Staates<br />
zu rufen, weder nach Energiepreisdeckeln noch<br />
nach Teuerungsausgleichen oder erhöhten Kilometergeldern.<br />
In deren DNA ist die Eigenverantwortung<br />
eine gelebte Selbstverständlichkeit<br />
und in der Wertekultur ganz oben. Ein Eingriff<br />
des Staates müsste einen deutlichen Mehrwert<br />
bringen, sonst wird er abgelehnt. Einen geordneten<br />
Staatshaushalt sehen sie als erstrebenswertes<br />
Gut und als Verpflichtung an, analog zu<br />
Fotos: Ascher<br />
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<strong>ECHO</strong> TOP 500 UNTERNEHMEN <strong>2022</strong>