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ECHO Top500 2022

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TOP 500 | INTERVIEW<br />

unkomplizierter gehen. Das war<br />

auch in den 80er Jahren möglich.<br />

Das muss auch jetzt wieder möglich<br />

sein.<br />

<strong>ECHO</strong>: Wie stehen Sie zur Forderung<br />

nach einer Senkung der<br />

Lohnnebenkosten?<br />

Walser: Die Lohnkosten sind in<br />

Österreich zu hoch. Wir sprechen<br />

von rund 36 Prozent im Vergleich<br />

zu Deutschland mit 29 Prozent.<br />

Aber, und da teile ich die Meinung<br />

von AK-Präsident Erwin Zangerl,<br />

wir müssen definieren, welche<br />

Lohnnebenkosten gesenkt werden<br />

sollen. Jene auf Arbeitgeberseite,<br />

jene auf Arbeitnehmerseite, bei<br />

der Arbeitslosenversicherung, der<br />

Pensionsvorsorge, der Krankenvorsorge,<br />

der Kommunalsteuer? Also<br />

ja zur Senkung der Lohnnebenkosten,<br />

mit dem klaren Ziel, dass<br />

den Mitarbeitern mehr Geld netto<br />

übrigbleibt. Auch ein wichtiges<br />

Thema ist die Besteuerung von<br />

Überstunden. Derzeit sind fünf<br />

Überstunden steuerfrei, wir haben<br />

30 gefordert. Ich denke, dass wir in<br />

einer Zeit, in der wir viel zu wenig<br />

Mitarbeiter haben, nicht darüber<br />

diskutieren sollten, dass man die<br />

Arbeitszeit von 40 auf 35 Stunden<br />

verkürzt, sondern wir sollten über<br />

40 plus reden und das „Plus“ steuerfrei<br />

auszahlen.<br />

<strong>ECHO</strong>: Bei aller Sinnhaftigkeit<br />

dieser Maßnahmen, Ihre Partei<br />

– die ÖVP – war in allen Regierungen<br />

der letzten Jahrzehnte maßgeblich<br />

vertreten. Warum konnte<br />

und kann nichts davon umgesetzt<br />

werden?<br />

Walser: Auch da bin ich ehrlich<br />

und teile die Ungeduld. Ich lasse<br />

auch die Ausrede nicht zu, dass der<br />

jeweilige Koalitionspartner schuld<br />

daran ist, wenn etwas nicht umgesetzt<br />

werden kann. Wir müssen<br />

uns den Vorwurf gefallen lassen,<br />

dass wir da wenig weitergebracht<br />

haben, und müssen das nun endlich<br />

ändern und in die Umsetzung<br />

kommen – am besten in den nächsten<br />

Wochen.<br />

<strong>ECHO</strong>: Kommen wir zum<br />

Thema Energie. Wie wird der<br />

Winter und wie gehen die Unternehmen<br />

mit der aktuellen<br />

Situation um.<br />

Walser: Nehmen wir das Beispiel<br />

Metallwerke Deutsch. Dieses<br />

sehr gut geführte Unternehmen<br />

in Inns bruck hat 700 Mitarbeiter<br />

und bislang Energiekosten von 3,5<br />

Millionen Euro. Nach der angekündigten<br />

Erhöhung belaufen sich<br />

die Kosten für Energie – Strom<br />

und Gas – auf zwischen 20 und<br />

23 Mio Euro. Der Gaspreis erhöht<br />

sich um das Neunfache, der Strompreis<br />

um das Sechsfache. Das kann<br />

das Unternehmen nicht durch<br />

Preiserhöhungen an die Kunden<br />

weitergeben, weil das Energieproblem<br />

ein rein europäisches Thema<br />

ist. Damit wäre das Unternehmen<br />

nicht mehr wettbewerbsfähig. Meiner<br />

Meinung nach gibt es nur eine<br />

Lösung: den Gaspreis zu deckeln<br />

und damit den Strompreis auch<br />

günstiger zu machen. Und durch<br />

diesen Markteingriff die überbordenden<br />

Energiekosten in den Griff<br />

zu bekommen. Das heißt natürlich<br />

auch, dass der Staat, und damit der<br />

Steuerzahler, den Überpreis für<br />

Gas finanzieren muss. Das wünschen<br />

wir uns als Wirtschaftspartei<br />

eigentlich nicht, weil das nichts<br />

mehr mit dem Markt zu tun hat,<br />

aber in dieser Situation müssen wir<br />

etwas tun und kurzfristig regulierend<br />

eingreifen.<br />

<strong>ECHO</strong>: Was passiert, wenn die<br />

Energiepreise nicht günstiger werden?<br />

Walser: Mit diesen Preisen kann<br />

langfristig nicht gearbeitet werden,<br />

sondern da werden viele größere<br />

Unternehmen über eine Auslagerung<br />

außerhalb Europas nachdenken<br />

müssen. In Südamerika ist der<br />

Gaspreis derzeit 14 Mal günstiger<br />

als in Europa. Diese Unterschiede<br />

kann man nicht mehr abbilden.<br />

Und Klein- und Mittelbetriebe, die<br />

gar nicht abwandern können, wären<br />

im Fall solch hoher Kosten oftmals<br />

gezwungen aufzugeben. Man<br />

„Ich spüre in vielen<br />

Gesprächen, dass<br />

die Belastung extrem<br />

hoch ist und die<br />

Freude und Euphorie<br />

abhandengekommen<br />

ist.“<br />

<br />

Christoph Walser<br />

muss auch sagen, dass wir gerade<br />

aus der Corona-Krise kommen,<br />

in der viele Klein- und Mittelbetriebe<br />

sehr gelitten haben und auf<br />

Rücklagen zurückgreifen mussten.<br />

Die können nicht noch so ein Jahr<br />

verkraften. Die Gefahr ist groß, dass<br />

die Insolvenzen deutlich steigen.<br />

Wenn das kommt, haben wir ganz<br />

schnell andere Themen als das aktuelle<br />

Mitarbeiterproblem.<br />

<strong>ECHO</strong>: Wie kann Energie wieder<br />

deutlich günstiger werden?<br />

Walser: Die Energiepreise sind<br />

globalen Faktoren unterlegen. Da<br />

ist zum einen der Ukraine-Krieg<br />

in dem bewusst hohe Preise generiert<br />

werden, um die Menschen<br />

im Westen zu beeinflussen. Andererseits<br />

geht es aber auch um eine<br />

Neuordnung der Lieferketten. Wir<br />

müssen raus aus der Komfortzone<br />

und neue Netzwerke knüpfen,<br />

dann werden sich auch die Preise<br />

wieder in die richtige Richtung<br />

bewegen. Dass Frieden in der Ukraine<br />

die schnellste Lösung wäre ist<br />

klar. Wichtig ist es aber jetzt unsere<br />

Unternehmer und die Menschen<br />

zu schützen und richtige Wirksame<br />

Deckelungen zu realisieren.<br />

<strong>ECHO</strong>: Sie haben in letzter Zeit<br />

immer wieder Maßnahmen gegen<br />

den Klimawandel kritisiert. Glauben<br />

Sie, dass wir noch genug Zeit<br />

haben, die Maßnahmen gegen den<br />

Klimawandel zu verschieben?<br />

Walser: Die CO 2<br />

-Steuer ist für<br />

mich eine totale Katastrophe. Zu<br />

einem Zeitpunkt, wo uns die Energiekosten<br />

erschlagen, kann man<br />

doch nicht noch eine CO 2<br />

-Steuer<br />

14<br />

<strong>ECHO</strong> TOP 500 UNTERNEHMEN <strong>2022</strong>

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