PDF / 53,9 MB - Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft
PDF / 53,9 MB - Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft
PDF / 53,9 MB - Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Bericht des Instituts <strong>für</strong> Ostseefischerei (OSF)<br />
Die enormen Schwankungen der Jahrgangsstärken der nachwachsenden<br />
Heringe sind <strong>für</strong> die Fischerei <strong>und</strong> die Fischereiwissenschaft<br />
ein großes Problem. Um die Mechanismen zu verstehen,<br />
die die großen Fluktuationen der jährlichen Rekrutierung<br />
verursachen <strong>und</strong> <strong>für</strong> den generellen Abwärtstrend der Rekrutierung<br />
ab 2003 verantwortlich sind, begann das vTI-OSF, den<br />
Heringsnachwuchs als Teil seines Ökosystems zu erforschen <strong>und</strong><br />
die biotischen <strong>und</strong> physikalisch-chemischen Wechselwirkungen<br />
mit seiner Umwelt zu untersuchen. Da ein Verständnis der Prozesse<br />
<strong>und</strong> Stressoren, welche die Herings-Rekrutierung strukturieren,<br />
ein hohes Maß an Gr<strong>und</strong>lagenforschung voraussetzt, ist<br />
die Zusammenarbeit mit Universitäten <strong>und</strong> die Bearbeitung von<br />
Fragestellungen durch Diplom- <strong>und</strong> Doktorarbeiten eine zentrale<br />
Komponente der Hering-Rekrutierungsforschung des vTI-OSF.<br />
Im Rahmen einer Diplomarbeit wurden bereits erste Ergebnisse<br />
zur Ernährung der Larven gewonnen <strong>und</strong> die inhaltlichen Konzepte<br />
<strong>für</strong> zwei beginnende Promotionsarbeiten fertig gestellt.<br />
Neben den physikalischen Faktoren, wie z. B. Klimaschwankungen,<br />
Änderungen des Salzgehaltes, Fluktuationen des Sauerstoffgehaltes<br />
in der Wassersäule <strong>und</strong> hydrodynamische Kräfte, die das Küstenökosystem<br />
charakterisieren, wirken auch zahlreiche biologische<br />
Faktoren auf den Heringsnachwuchs, deren Einfluss auf die Überlebensraten<br />
im Greifswalder Bodden nahezu unbekannt sind. Generell<br />
betrifft dieses sog. „Top-Down-“ <strong>und</strong> „Bottom-up“-Prozesse.<br />
„Top Down“-Prozesse sind beispielsweise der Fraßdruck auf<br />
verschiedene Frühstadien der Heringsentwicklung durch verschiedene<br />
Räuber, die potenziell den Rekrutierungserfolg beeinflussen.<br />
Die Rolle der Prädation auf Heringslaich <strong>und</strong> -larven zu<br />
untersuchen ist der Inhalt einer Doktorarbeit, die in diesem Jahr<br />
am OSF begonnen wurde. Die Fragen dieser Arbeit beinhalten<br />
einerseits, ob der Fraßdruck auf frühe Entwicklungsstadien die<br />
Jahrgangsstärke des Herings entscheidend beeinflussen kann.<br />
Andererseits soll die Bedeutung der Heringseier <strong>und</strong> -larven im<br />
Nahrungsnetz des Ostsee-Küstenökosystems untersucht werden,<br />
um zu bewerten, welchen Stellenwert die frühen Heringsstadien<br />
als Nahrung <strong>für</strong> Vögel, Fische <strong>und</strong> Krebstiere haben.<br />
Historische Beobachtungen deuten auf intensiven Fraßdruck<br />
auf Heringseier beispielsweise durch Tauchenten <strong>und</strong> Stichlinge<br />
hin. Die Frage, ob die Prädation auf Heringslaich Einfluss auf die<br />
jährliche Rekrutierung hat, wird ein zentraler Forschungsinhalt<br />
96<br />
STRALSUND<br />
205<br />
206 207<br />
61°<br />
Hering Westl. Ostsee (Frühjahrslaicher)<br />
(WBSS)<br />
Überwintern<br />
Laichen<br />
29<br />
59°<br />
IVa(E)<br />
Fressen<br />
Lat (N)<br />
58°<br />
57°<br />
56°<br />
55°<br />
54°<br />
<strong>53</strong>°<br />
52°<br />
0°<br />
Nordsee<br />
IVc<br />
IVb<br />
IIIa<br />
2° 4° 6° 8° 10° 12° 14°<br />
Skagerrak<br />
/Kattegat<br />
IIIb<br />
27 28.1<br />
(23)<br />
26<br />
Zentrale Ostsee<br />
24<br />
25<br />
IIIc<br />
(22) Westl.<br />
Ostsee<br />
16° 18° Lon (E) 22°<br />
Garz<br />
209<br />
Rügen<br />
1 2<br />
9<br />
Koos<br />
15<br />
Vilm<br />
14<br />
24<br />
13 16<br />
I 10<br />
17<br />
II<br />
208<br />
8<br />
Riems<br />
GREIFSWALD<br />
13°30'E 14°00'E<br />
Bergen<br />
20 m<br />
Lauterbach<br />
11<br />
7<br />
18 22<br />
III 19<br />
28 IV<br />
6<br />
4<br />
12<br />
3 5 20<br />
V<br />
23<br />
21<br />
25<br />
Gager<br />
26<br />
27 29<br />
Freest<br />
Lubmin<br />
30<br />
437<br />
WOLGAST<br />
10 m<br />
438<br />
Ruden 401<br />
Peenemünde<br />
402<br />
427<br />
440<br />
Greifswalder Oie<br />
428<br />
10 m<br />
während der kommenden Laichperioden im Greifswalder Bodden<br />
sein, denn die Bedeutung der Prädation auf Larven durch<br />
Fische <strong>und</strong> Invertebraten ist nahezu unerforscht.<br />
„Bottom-up“-Prozesse, sind beispielsweise das Nahrungsangebot<br />
<strong>für</strong> die Heringslarven. Sobald die Heringslarven ihren Dottervorrat<br />
aufgebraucht haben, muss nicht nur ausreichend Plankton-Nahrung<br />
zur Verfügung stehen, sondern diese Nahrung muss außerdem<br />
einen adäquaten Nährwert haben, um das Überleben zu<br />
gewährleisten. Erste Ergebnisse vergleichender Untersuchungen<br />
des OSF über das Nahrungsangebot im schlechten Rekrutierungsjahr<br />
2008 <strong>und</strong> dem deutlich besseren Jahr 2009 ergaben<br />
keine Hinweise auf quantitative Unterschiede der Planktondichte<br />
im Greifswalder Bodden <strong>und</strong> deuten zunächst darauf hin, dass<br />
die Unterschiede der Rekrutierung zwischen den Jahren nicht auf<br />
eine limitierte Nahrungsverfügbarkeit zurückzuführen sind. Analysen<br />
der Mageninhalte verschiedener Larvenstadien zeigen weitgehend<br />
identische Zusammensetzungen des Nahrungsspektrums<br />
in beiden Jahren. Es wäre jedoch verfrüht, aufgr<strong>und</strong> der großen<br />
Menge der potenziell verfügbaren Beuteorganismen im Plankton<br />
den Faktor „Nahrungsangebot“ als strukturierenden Mechanismus<br />
vollends auszuschließen. Vielmehr stellt sich aufgr<strong>und</strong> dieser<br />
Ergebnisse die Frage nach Qualität <strong>und</strong> Nährwert der zur Verfügung<br />
stehenden Planktonnahrung.<br />
Ein weiteres, in diesem Jahr angelaufenes Promotionsprojekt hat<br />
das Ziel, den Einfluss der Bottom up-Prozesse auf die Heringsrekrutierung<br />
genauer zu untersuchen. Hierbei wird die Nahrungsqualitität<br />
des Planktons in unterschiedlichen Heringslaichgebieten<br />
(Greifswalder Bodden, Kieler Förde, Nord-Ostsee-Kanal) verglichen.<br />
Im Fokus dieser Arbeit, die in Kooperation mit dem Leibniz-Institut<br />
<strong>für</strong> Meereswissenschaften an der Universität Kiel (IFM-<br />
GEOMAR) sowie dem Alfred-Wegener-Institut erfolgt, steht die<br />
Klassifizierung der Nahrungsqualität verschiedener Planktongruppen<br />
<strong>und</strong> deren Einfluss auf den Ernährungszustand der Heringslarven.<br />
Die Nahrungsqualität spiegelt sich unter anderem in dem<br />
C:N:P-Verhältnissen <strong>und</strong> im Gehalt essentieller Fettsäuren (essential<br />
fatty acids, EFA) wider. Diese EFAs werden nur von Phytoplankton,<br />
Bakterien <strong>und</strong> Protozoen synthetisiert, wobei nicht alle Taxa<br />
die gleichen EFAs produzieren. Bei den Heringslarven sind zentrale<br />
Funktionen von Zellen <strong>und</strong> Organen von EFAs abhängig, sodass<br />
sie über die Nahrung aufgenommen werden müssen.<br />
20 m<br />
Pommersche Bucht<br />
10 m<br />
19<br />
IV Station<br />
Stratum<br />
54°15'N<br />
Abb. 10: Verbreitungsgebiet des frühjahrslaichenden<br />
Herings der westlichen Ostsee<br />
im Sommer <strong>und</strong> Laichgebiet im Greifswalder<br />
Bodden – Summer distribution of Western<br />
Baltic Spring Spawning Herring and spawning<br />
area in Greifswalder Bodden