Anthroposophie
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Diese "Exegese" widerspricht in zweifacher Hinsicht den oben genannten<br />
Prinzipien:<br />
a) Sie trägt völlig andere, spekulativ-mythische Vorstellungen ("Atlantis",<br />
"Manu"), die mit einem vorgegebenen, nicht verifizierbaren Geschichtsbild<br />
verbunden werden, an die biblische Schilderung heran. Für diese Vorstellungen<br />
gibt es zwar Anhaltspunkte in der Sagenwelt außerchristlicher<br />
Überlieferungen oder Religionen, nicht jedoch in den biblischen Berichten<br />
selber. 112 Die Behauptung, daß Noah der "große Manu" und der "Führer<br />
derjenigen Mysterienstätte in der alten Atlantis [war], die sich aus allen<br />
anderen als ein hell-leuchtendes Zentrum heraushob" (so Bock 1,79), ist<br />
reine Phantasie.<br />
b) Verschiedene Einzelheiten dieses Weltbildes treten überdies in direkten<br />
Gegensatz zum Wortsinn des Textes, z.B. die Behauptung, Noah habe<br />
"die Völker aus der untergehenden Atlantis" herausgeführt (der Erzähler<br />
in Gen 7,7 spricht lediglich von "seinen Söhnen, seiner Frau und den Frauen<br />
seiner Söhne"; vgl. auch l.Petr 3,20; 2.Petr 2,5) oder der Regenbogen sei<br />
"kein Symbol" (Gen 9,12 kennzeichnet ihn ausdrücklich als "Zeichen"<br />
bzw. "Symbol" - hebr. "öt" - des Bundesschlusses Gottes mit den Überlebenden;<br />
diese eigentliche theologische Bedeutung des Regenbogens für<br />
den biblischen Erzähler geht bei der naturmythologischen Deutung Steiners<br />
völlig verloren). 113<br />
Es handelt sich somit nicht um "Exegese", sondern um "Eisegese", um die<br />
Hineininterpretation fremder Inhalte in den Text. Die Person des Noah und<br />
der Begriff des Regenbogens werden nicht in ihrem vom biblischen Kontext<br />
und Wortsinn her festgelegten Gehalt erfaßt, sondern lediglich in einem formalen<br />
Sinn als Bindeglieder benutzt, um die eigenen, angeblich von der<br />
"Akasha-Chronik" diktierten, in Wirklichkeit aber assoziativ gewonnenen<br />
Inhalte in sie hineinzutragen.<br />
Als zweites wählen wir ein Beispiel aus dem Neuen Testament. Nach Joh<br />
13,18 sagt Jesus im Anschluß an Ps 41,10: "Der mein Brot ißt, der tritt mich<br />
mit Füßen." Steiner gibt folgende Deutung:<br />
"Dieses Wort muss wörtlich genommen werden. Der Mensch isst das Brot der Erde<br />
- und wandelt mit seinen Füssen hier auf dieser Erde herum. Ist die Erde der Leib des<br />
Erdengeistes, das heisst des Christus, dann ist der Mensch derjenige, der mit den<br />
Füssen herumwandelt auf dem Erdenleib, der also den Leib dessen, dessen Brot er<br />
isst, mit Füssen tritt" (103,133).<br />
Auch mit dieser Deutung verliert Steiner den Wortsinn gerade; denn vom<br />
Wortsinn her handelt es sich in Ps 41,10 um ein Bildwort, das den Verrat des<br />
ehemaligen Freundes zum Ausdruck bringt. Die Auslegung als Bildwort ist<br />
die wörtliche, weil vom Textzusammenhang geforderte Auslegung. Das macht<br />
sowohl der Kontext von Ps 41 als auch der Kontext im Joh deutlich. Die<br />
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