Anthroposophie
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"Die menschliche Aktivität erscheint als kleines Zwischenglied zwischen der objektiv<br />
geschaffenen Voraussetzung und der von oben schaffenden Gnade. Dieses kleine<br />
Zwischenglied ist aber das Kennzeichen des anthroposophischen Erkenntnisweges.<br />
Ohne den Menschen geht es nicht." 62<br />
Das Mitwirken des Menschen bezieht sich auf die "Ausbildung höherer<br />
Erkenntnisorgane". Die Bibel jedoch spricht von der Alleinwirksamkeit der<br />
Gnade bzw. den Gnadengaben des Geistes (Rom 3,24; 9,12; Gal 5,4; l.Petr<br />
1,13 u.ö.). Für sie "gibt es jenes Zwischenglied nicht". Zwar wissen ihre<br />
Verfasser um die eigenmächtige Erkenntnisbemühung des Menschen, aber<br />
"die vom Menschen erstrebte und erreichte Erkenntnis ist nicht Erkenntnis<br />
Gottes, sondern schließt die Gotteserkenntnis geradezu aus" 63 .<br />
1.3.3.9 "Flucht" in die Zukunft<br />
Die <strong>Anthroposophie</strong> kann sich somit nicht auf den klaren Wortsinn der<br />
biblischen Schriften berufen, sondern hat diesen gegen sich. Deshalb verstehen<br />
wir, daß sie die "Flucht" antritt - diesmal aber nicht in die Vergangenheit<br />
(wie mit der Reinkarnationslehre), sondern in die Zukunft: Die Bibel spreche<br />
zwar vom Glauben, aber auch vom Schauen, und die Zeit des Glaubens (im<br />
Sinn des "letzten Rests eines alten 'Schauens'") gehe vorbei (Rittelmeyer;<br />
s.o.). "Ein neues Hellsehen für die ätherische Welt, die nächst benachbarte<br />
Sphäre des Übersinnlichen, will im Menschen aufwachen, so daß es wie Schuppen<br />
von seinen Augen fallen wird" (Bock VII,370). Der erste Repräsentant<br />
dieses zukunftsträchtigen "neuen Schauens" oder "Äthersehens" (und somit<br />
der Vorläufer der anthroposophischen Schau) sei Paulus gewesen (ebd, 7).<br />
Damit schließt sich der Kreis der Argumentation, der wir gefolgt sind. Bereits<br />
am Anfang unserer theologischen Kritik haben wir die Unvereinbarkeit<br />
von biblischer und anthroposophischer Schau nachgewiesen. Auf die Frage<br />
des "Äthersehens" bei Paulus werden wir gesondert eingehen (s. III.B.6).<br />
Soviel sei hier jedoch schon gesagt: Die Behauptung, der Glaube in der Bibel<br />
werde bereits hier und jetzt durch das Schauen abgelöst, kann die <strong>Anthroposophie</strong><br />
nur aufgrund einer spiritualistischen Umdeutung des Wortlauts (etwa<br />
in Form der "Vorverlegung" der Wiederkunft Christi in die Gegenwart) aufrechterhalten<br />
(vgl. II.B.3).<br />
1.3.4 Zusammenfassung<br />
Damit sind wir am Ende eines langen und komplizierten Argumentationsgangs<br />
angekommen. In seinem Verlauf ist die theologische Unhaltbarkeit des anthroposophischen<br />
Erkenntnisweges an verschiedenen zentralen Punkten klar hervorgetreten.<br />
Auf der Grundlage des Herausgearbeiteten können wir die Kernpunkte<br />
unserer theologischen Kritik in Form von Thesen formulieren:<br />
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