Anthroposophie
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Satzkonstruktion könnten es "zwei, drei oder vier Frauen sein", doch ist die<br />
Vierzahl am wahrscheinlichsten. "Am besten versteht man die Aufzählung<br />
(mit den meisten neueren Exegeten) paarweise: die ersten zwei Frauen ohne<br />
Namensangabe, dann zwei mit Namen. Vorangestellt sind die nahen Verwandten<br />
Jesu, dann folgen zwei weitere Frauen mit dem Namen Maria, die<br />
durch Zusätze unterschieden werden." 150 Das von Steiner vorgebrachte<br />
Problem, daß zwei Schwestern "Maria" heißen würden, löst sich bei dieser<br />
Deutung auf, da beide gar nicht mit Namen bezeichnet werden.<br />
Damit aber fällt das Hauptargument weg, welches Steiner anführte, um die<br />
"Mutter" Jesu von "Maria" zu unterscheiden. Die "Mutter" Jesu, die beim<br />
Kreuz steht, kann durchaus "Maria" heißen. Daß sie im Joh nicht namentlich<br />
genannt wird, dürfte auf stilistische oder andere Gründe zurückzuführen sein,<br />
über die wir nur Vermutungen anstellen können. 151 Das Verschweigen ihres<br />
Namens läßt aber keinesfalls den Schluß zu, daß die "Mutter" Jesu im Joh<br />
nicht mit der Mutter Jesu in den Synoptikern identisch sei, die dort stets den<br />
Namen "Maria" trägt.<br />
5.2.3 Die Wertlosigkeit der anthroposophischen Argumentation<br />
für die theologische Forschung<br />
Nun können wir das Ergebnis dieses Kapitels formulieren: Die anthroposophische<br />
"Lösung" der joh Verfasserfrage ist maßgeblich von der Steinerschen<br />
Weltanschauung bestimmt, welche die Evangelien als Einweihungsbücher<br />
betrachtet. Wie wir in III.A.2. grundsätzlich und hier am Beispiel des Joh<br />
nachweisen konnten, steht diese Vorstellung zu den klaren Aussagen der<br />
Evangelientexte im Widerspruch. Daß Lazarus der Verfasser des Joh ist, läßt<br />
sich aus dem vierten Evangelium nicht beweisen, sondern höchstens aufgrund<br />
spekulativer Folgerungen vermuten. Die spezifisch anthroposophische Argumentation<br />
jedoch hilft durch ihre allegorische Willkür überhaupt nicht weiter.<br />
Sie löst die joh Verfasserfrage nicht. Denn im Blick auf das für ihre Argumentation<br />
zentrale Kapitel Joh 11 gilt: Hier wird nicht von einer "Einweihung",<br />
sondern von einer Totenerweckung berichtet. Nicht Lazarus handelt, sondern<br />
Gott der Vater handelt durch seinen Sohn Jesus an ihm. Durch die Auferweckung<br />
des Lazarus wird Jesus als "die Auferstehung und das Leben", als<br />
"der Messias" und "der Sohn Gottes" offenbar- und Gottvater und Gottsohn<br />
werden "verherrlicht".<br />
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