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Anthroposophie

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entwicklungsgeschichtlichen Kontinuität" ("Evolutionsmodell") wie es - mit<br />

gewissen Variationen - Schleiermacher und Troeltsch vertreten haben. 45 Die<br />

Nähe der führenden Anthroposophen zu diesen theologischen Richtungen<br />

ist im biographischen Teil (I.) tatsächlich immer wieder deutlich geworden.<br />

Kennzeichnend für dieses Modell ist, daß religiöses Bewußtsein "keine<br />

zeitlose Vernunftwahrheit", sondern "eine anthropologische Grundstruktur<br />

[ist], die sich in konkreten religiösen Gestaltungen geschichtlich entwickelt.<br />

Christlicher Glaube verhält sich zu außerchristlichen Religionen wie die definitiv<br />

oder schließlich nur relativ (Troeltsch) reifste Stufe zu weniger reifen<br />

Stufen in der geschichtlichen Entfaltung des religiösen Bewußtseins." 46<br />

Dieses Modell hat jedoch vielfach - und u.E. zu Recht - Widerspruch hervorgerufen.<br />

Der Widerspruch gipfelt darin, daß zwischen biblischem Gottesglauben<br />

und nichtchristlicher Religiosität im tiefsten Grunde nicht Kontinuität,<br />

sondern Diskontinuität und Konfrontation besteht.<br />

So spricht Gerhard von Rad von "Jahwes Eiferheiligkeit" und bezeichnet als<br />

"das Eigentümlichste an Israels Kultus" den "schroffen Ausschließlichkeitsanspruch<br />

Jahwes im ersten Gebot... Dieser intolerante Ausschließlichkeitsanpruch<br />

ist religionsgeschichtlich ein Unikum, denn die antiken Kulte waren<br />

gegeneinander duldsam und ließen den Kultteilnehmern freie Hand, sich<br />

zugleich auch noch bei anderen Gottheiten einer Segnung zu versichern." 47<br />

Der Ausschließlichkeitsanspruch Jahwes, der automatisch die Verwerfung<br />

der Götter und magisch-mantischen Praktiken der heidnischen Kulte einschließt,<br />

zieht sich wie ein roter Faden durch die alttestamentlichen Schriften.<br />

Er wird an wichtigen Stellen immer wieder besonders betont, so etwa im<br />

Heiligkeitsgesetz (Lev 19), im S e ma Jisräel (Dtn 6,4), im antibaalistischen<br />

Kampf des Elia (l.Kön 18), in der Wiederherstellung des Jahwedienstes durch<br />

Josia (2.Kön 23), in der Götzenpolemik der großen Schriftpropheten (z.B.<br />

Jes 44,9-20; Jer 10,1-14) usw. 48<br />

Im Neuen Testament tritt nun nicht, wie E. Bock meint, eine "Synthese"<br />

zwischen "Judentum" und "Heidentum" ein, sondern Jesus als der zwar erwartete,<br />

aber von vielen nicht erkannte Messias und Gottessohn steht in<br />

unüberbrückbarem Gegensatz zu den fremdreligiösen Göttern. Der Absolutheitsanpruch<br />

Jesu, der alleinige Offenbarer Gottes und einzige Weg zum<br />

Heil zu sein, wird - etwa in den johanneischen "Ich-bin"-Worten - mit Bestimmtheit<br />

zum Ausdruck gebracht. Die Aufrichtung der Herrschaft Christi<br />

geht einher mit der Entmachtung der anderen Götter, die im Neuen Testament<br />

nicht als Vorläufer Christi, sondern als gottfeindliche "Mächte" und<br />

"Dämonen" bezeichnet werden (vgl. 1 .Kor 10,20; 2.Kor 6,14-17; Kol 2,15). 49<br />

Treffend weist diesbezüglich der Religionswissenschaftler Hendrik Kraemer<br />

nach, daß "der Ausdruck Erfüllung" im Sinne einer ungebrochenen Kontinuität<br />

"nicht anwendbar [ist] auf das Verhältnis der nichtchristlichen Religionen<br />

zu der Offenbarung in Christo". Zwar gibt es in den nichtchristlichen<br />

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