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Anthroposophie

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Die anthroposophische "spirituelle Interpretation" geht in ihren Auslegungen<br />

weit über die vom biblischen Literalsinn und Gesamtkontext her verifizierbaren<br />

Inhalte hinaus, ja sie tritt - wie wir zuletzt in exegetischen<br />

Einzeluntersuchungen ausführlich aufgezeigt haben (III.B.) - vielfach in direkten<br />

Gegensatz zu diesen. Das biblisch-reformatorische Schriftverständnis<br />

nämlich bindet jede Auslegung an den Literalsinn und Gesamtzusammenhang<br />

der Texte und wehrt damit exegetische Willkür und Spekulation grundsätzlich<br />

ab. Die anthroposophische Auslegung hingegen öffnet als allegoristische<br />

"Eisegese" der Spekulation und Willkür Tor und Tür. Indem sie die biblischen<br />

Aussagen in das okkulte Weltbild Rudolf Steiners einzuordnen versucht,<br />

werden diese bis zur Unkenntlichkeit entstellt und ihres eigentlichen Inhaltes<br />

beraubt (H.B.3.).<br />

Diese Willkür zeigt sich deutlich an der Art, wie die anthroposophische<br />

Exegese die Einheitlichkeit und Ganzheitlichkeit der Schrift begründen und<br />

Unterschiede zwischen verschiedenen biblischen Büchern erklären will. Nach<br />

anthroposophischer Vorstellung sind die biblischen Schriften "Einweihungsbücher".<br />

Unterschiede zwischen ihnen erklären sich von den unterschiedlichen<br />

"Inspirations-" und "Einweihungsstufen" der Verfasser her. Eine<br />

Harmonisierung wird auf "geistigem" Wege - sprich: durch allegorische<br />

Umdeutung des Wortlautes -mit Hilfe des "ewigen Evangeliums" (= Akasha-<br />

Chronik) angestrebt.<br />

Harmonisierungsversuche dieser Art erweisen sich jedoch als unhaltbar, da<br />

sie den Literalsinn und Kontext der betreffenden Stellen nicht ernstnehmen<br />

und ihnen die Akasha-Chronik als völlig spekulative Größe überstülpen. Auch<br />

besitzt der anthroposophische Inspirationsbegriff, der den Geistempfang<br />

quantifizieren will, zur biblisch-theologischen Auffassung von Inspiration<br />

keinerlei Bezug, die mit der Freiheit, Unverfügbarkeit und völligen Andersartigkeit<br />

des göttlichen Geistes rechnet (III.A.l.).<br />

Ferner ergibt die historische und theologische Untersuchung, daß die<br />

biblischen Schriften keine Einweihungsbücher in Analogie zu den Einweihungsschriften<br />

antiker Mysterien sind, wie Steiner behauptet. Steiners Interpretation<br />

der antiken Mysterien ist ahistorisch. Eine Abhängigkeit der<br />

biblischen Schriften von diesen läßt sich nicht nachweisen. Das hervorstechende<br />

inhaltliche Merkmal der im Alten und Neuen Testament bezeugten<br />

Offenbarung ist vielmehr gerade die Abgrenzung gegen fremdreligiöse Kulte<br />

mit ihren magisch-mantischen Praktiken sowie die Verkündigung des einen<br />

Gottes, Jahwe, der keine anderen Götter neben sich duldet.<br />

Hier tut sich ein tiefer Graben zwischen <strong>Anthroposophie</strong> und biblisch-theologischen<br />

Aussagen auf, der über das Schriftverständnis hinausgeht und den<br />

Kern des Glaubens, das Gottesverständnis, betrifft. Denn die anthroposophische<br />

Vorstellung von einer "göttlich-geistigen Welt", zu der man durch bestimmte<br />

Meditationstechniken vordringen kann, weist deutliche Parallelen<br />

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