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Anthroposophie

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völlig den Kontext von l.Kor 15,8 außer acht, der die Deutung als Bildwort<br />

erforderlich macht. Paulus kommentiert nämlich das "ektröma" aus V. 8 in<br />

den darauffolgenden Versen als Schimpfwort, das er sich - vielleicht aufgrund<br />

der Vorwürfe seiner Gegner - selber beilegt, um seine überraschende<br />

und unverdiente Begegnung mit dem Auferstandenen, dessen Anhänger er<br />

verfolgt hat, um so deutlicher zu kennzeichnen: "Denn ich bin der geringste<br />

unter den Aposteln, der ich nicht wert bin, daß ich ein Apostel heiße, darum<br />

daß ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe" (V. 9). "Ektröma" ist somit die<br />

"Fehlgeburt", die "unzeitige Geburt", die "nicht lebensfähige Geburt", die<br />

nur durch Gottes Gnade zum Leben finden und am Leben bleiben durfte:<br />

"Aber von Gottes Gnade bin ich, was ich bin" (V. 10). Die Deutung als<br />

Bildwort ist also der vom Kontext gebotene Literalsinn an dieser Stelle,<br />

wogegen die Steinersche scheinbar "wörtliche" Deutung dem Literalsinn<br />

widerspricht. 154<br />

6.2.3 Die Fehldeutung von "en emoi"(Gal 1,16)<br />

Einen Hinweis auf die Art der Christus-Offenbarung beim Damaskus-Ereignis<br />

vermutet die <strong>Anthroposophie</strong> schließlich in Gal 1,15f, wo Paulus sagt,<br />

daß Gott seinen Sohn "in" ihm offenbarte. Bock kommentiert: "Nicht ein<br />

Wesen außerhalb seiner selbst wurde Paulus offenbar: zu seinem tiefsten Erstaunen<br />

mußte er in ihm das eigene höhere Selbst, aber eben zugleich das<br />

höhere Selbst aller Menschen, erkennen. Nicht ein Mensch, sondern der<br />

Mensch, nicht ein Ich, sondern das Ich offenbarte sich ihm." Nach Bocks<br />

Ansicht charakterisiert Paulus das Damaskus-Ereignis hier "als einen innerseelischen<br />

Vorgang", bei dem der Weg frei wird "für die Bejahung und das<br />

Wachstum des höheren wahren Selbstes im Menschen" (VII,86; HiO).<br />

Bock setzt das Ich des Menschen mit dem Sohn Gottes gleich - eine Deutung,<br />

der wir schon wiederholt begegnet sind und deren Unvereinbarkeit mit dem<br />

biblischen Schriftverständnis wir aufgezeigt haben. Daß sich Christus "in"<br />

Paulus offenbart, besagt hingegen nichts darüber, wo die Offenbarung herkommt,<br />

sondern nur, wo sie ankommt: Sie kommt (was sich vom gesamtbiblischen<br />

Kontext her ergibt) vom souveränen, auferstandenen Herrn, also<br />

von außen, und sie trifft Paulus im Innersten seines Wesens. Das "in mir"<br />

wird an dieser Stelle wohl auch deshalb betont, weil die gesamte paulinische<br />

Verkündigung ihre Wurzel im Damaskus-Ereignis hat 155 und Paulus gegenüber<br />

den galatischen Angriffen seine direkte Beauftragung durch Jesus Christus<br />

- ohne Zwischenpersonen - zum Ausdruck bringen möchte. In Gal 1,15f<br />

betont er "die Unmittelbarkeit und die darin begründete Echtheit seiner<br />

Verkündigung und Beauftragung" 156 . Zudem ist es auch möglich, das "en<br />

emoi" einfach als Dativ zu deuten. 157<br />

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