Anthroposophie
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Die Vergleichspaare stehen inhaltlich unverbunden nebeneinander. Diese<br />
Form der Analogie kann somit höchstens der Illustration, aber keineswegs<br />
dem Beweis einer Behauptung dienen. Auch H. E. Miers stellt in seinem "Lexikon<br />
des Geheimwissens" fest:<br />
"Afnalogie] ist... kein strenger Beweis, doch dient sie in zahllosen Fällen dazu, auf<br />
ein allgemeines, gesetzmäßiges Verhalten, auf das man bisher nicht achtete, aufmerksam<br />
zu machen. In allen nicht streng begründeten Wissenschaften (z.B. Grammatik,<br />
Hermeneutik, Heilkunde usw.), vollends im gemeinen Leben, ist sie die geläufigste<br />
Schlußart... A[nalogie] ist die logische Methode des Okkultismus.""<br />
1.2.3 Der Glaube an den Begründer<br />
Zurück zur Anfangsfrage: Ist die <strong>Anthroposophie</strong> eine Wissenschaft? Konkret:<br />
Ist ihr Erkenntnisweg nachprüfbar und nachvollziehbar? Die Antwort kann<br />
nach allem bisher Dargestellten nur "nein" lauten. <strong>Anthroposophie</strong> ist keine<br />
Wissenschaft im neuzeitlichen Sinne (was sie ja sein möchte), sondern ein<br />
Glaubenssystem: Weil die Schauungen Steiners nicht allgemein nachprüfbar<br />
und nachvollziehbar sind, erfordert sie den Glauben an die übersinnlichen<br />
Erkenntnisse des einzigen angeblich Schauenden, an Rudolf Steiner selber.<br />
Wenn er sich geirrt hat, fällt das gesamte anthroposophische System in sich<br />
zusammen.<br />
Steiner bemerkt das selber und versucht, sich gegen den Vorwurf zu wehren,<br />
daß seine Erkenntnisse "wie Dogmen vorgetragen würden, für die Glauben<br />
auf Autorität hin verlangt würde" (601,39):<br />
"Es ist dies aber doch nicht der Fall. Was nämlich von übersinnlichen Weltinhalten<br />
gewußt werden kann, das lebt in dem Darsteller als lebendiger Seeleninhalt; und lebt<br />
man sich in diesen Seeleninhalt ein, so entzündet dieses Einleben in der eigenen<br />
Seele die Impulse, welche nach den entsprechenden übersinnlichen Tatsachen hinführen"<br />
(ebd).<br />
In dem "wahren gedankenmäßigen Aufnehmen" stehe man "in dieser Welt<br />
schon drinnen" und habe sich nur noch darüber klar zu werden, daß man "schon<br />
unvermerkt erlebt hat, was man vermeinte, bloß als Gedankenmitteilung<br />
erhalten zu haben" (ebd; HiO). Wer die Steinerschen Gedankeninhalte dennoch<br />
nicht nachvollziehen könne, habe sie "noch nicht vorurteilslos" genug<br />
aufgenommen (601,253). Noch deutlicher formuliert:<br />
"Der Lernende muß in jedem Augenblicke sich zum völlig leeren Gefäß machen<br />
können, in das die fremde Welt einfließt. Nur diejenigen Augenblicke sind solche<br />
der Erkenntnis, wo jedes Urteil, jede Kritik schweigen, die von uns ausgehen"<br />
(615,137).<br />
Jede Kritik soll also "schweigen". Dadurch bestätigt Steiner die Berechtigung<br />
des Vorwurfs, den er eigentlich widerlegen wollte: daß er Dogmen<br />
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