Anthroposophie
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1.3 Esoterische Prägungen<br />
Den ausschlaggebenden Impuls empfing Steiner aber nicht von der Philosophie,<br />
sondern von einem "einfachen Manne aus dem Volke" (636,45). Die<br />
Philosophie war- selbst bei Hegel - "nur zu einer Gedankenwelt", nicht aber<br />
"zu einer Anschauung einer konkreten Geisteswelt" vorgedrungen (636,47).<br />
Anders der Wiener Kräutersammler Felix Koguzki (1833-1909) 9 , den Steiner<br />
zu Beginn seines Studiums kennengelernt hatte: "Mit ihm konnte man über<br />
die geistige Welt sprechen wie mit jemand, der Erfahrung darin hatte." In ihm<br />
begegnete Steiner jemand, der "viele mystische Bücher gelesen" hatte und<br />
zugleich "Sprachorgan" war für einen "Geistesinhalt, der aus verborgenen<br />
Welten heraus sprechen wollte" (636,45f.371). Laut seinem französischen<br />
Biographen Edouard Schure" wurde Steiner durch Koguzki bzw. einen hinter<br />
ihm stehenden, übersinnlichen "Meister" in die okkulten Mysterien eingeweiht.<br />
Schure deutet in seiner kurzen Steiner-Biographie zu Beginn der französischen<br />
Übersetzung des "Christentums als mystische Tatsache" daraufhin. Seiner<br />
Information liegt ein Gespräch mit Steiner zugrunde:<br />
"Ce fut ä dix-neuf ans que 1'aspirant aux mysteres rencontra son guide - le Maitre -<br />
depuis longtemps pressenti. C'est un fait constant, admis par la tradition occulte et<br />
confirme par l'experience, que ceux qui cherchent la verite" superieure d'un desir<br />
impersonnel trouvent un maitre pour les initier, au moment propice, c'est-a-dire quand<br />
ils sont murs pour la recevoir... Le maitre de Rudolf Steiner etait un de ces hommes<br />
puissants qui vivent, inconnus du monde, sous le masque d'un etat civil quelconque,<br />
pour accomplir une mission dont seuls se doutent leurs egaux dans la confrerie des<br />
maitres renonciateurs." 10<br />
Einen weiteren Schritt in Richtung "Okkultismus" 11 tat Steiner in den Jahren<br />
1884/85, als er in Wien im Hause der Marie Lang mit der Theosophie Helena<br />
Petrovna (Petrowna) Blavatskys in Verbindung kam (636,118ff; 38,52f. 136f).<br />
Blavatsky (1831-1891) war ein spiritistisches Medium und hatte aufgrund<br />
"übersinnlicher Eingebungen" ein kompliziertes Weltanschauungsgebäude<br />
errichtet, das Elemente aus unterschiedlichen Lehrsystemen - vor allem aus<br />
Buddhismus, antiker Gnosis und jüdischer Kabbala - in sich vereinigte. 12<br />
Ernst Müller, der Übersetzer des "Sohar", der durch die Begegnung mit Rudolf<br />
Steiner vom Judentum zu einem anthroposophisch geprägten Christentum<br />
geführt wurde 13 , weist auf den - meist viel zu wenig beachteten - Einfluß<br />
jüdisch-kabbalistischer Geheimlehren auf Blavatsky und Steiner hin:<br />
"Panni les mouvements occultistes modernes, la theosophie, avec son penchant vers<br />
Finde, a prefe* peu d'attention ä la mystique juive, excepte sa fondatrice Mme. P.H.<br />
Blavatsky, qui dans son ouvrage connu 'Secret Doctrine', et encore plus dans son<br />
'Isis unveiled' s'est inspiree du Zohar et de la Kabbale. De fagon beaucoup plus<br />
large, 1'anthroposophie fonde'e par Rudolf Steiner a, dans de nombreux cercles, attire<br />
1'attention sur la signification cachee du recit biblique de la creation, sur 1'element<br />
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