29.12.2012 Aufrufe

Anthroposophie

Anthroposophie

Anthroposophie

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

er sagte, eine zentralere Funktion bei, als dies im primär östlich - vom<br />

Brahmanismus und Buddhismus - geprägten System der Theosophen der Fall<br />

war (vgl. 636,295f)- Gemäß seiner Lehre vom Äthersehen bestritt er die<br />

leibliche Wiederkunft eines Christus auf Erden (s.u.).<br />

Wie Klaus von Stieglitz gezeigt hat, waren "die Aussagen Steiners über den<br />

Christus, über die Bibel, über die Welt des Geistigen stets von dem Willen<br />

geprägt..., zur Ehre des Christus, zur Würdigung der Bibel, zur Verherrlichung<br />

des Geistes beizutragen" 18 . Zugleich jedoch waren sie eine Frucht<br />

seiner Philosophie, seines spirituellen Monismus. Steiner ließ um die Jahrhundertwende<br />

"auf die vorläufigen philosophischen Lösungsversuche die<br />

Christosophie als endgültige Lösung der Daseinsrätsel folgen" 19 . Der Christus<br />

wurde ihm "zum Inbegriff und Repräsentanten des Geistes", der den<br />

Sieg über die Materie und den Materialismus ermöglichte 20 . Diese Ansicht<br />

allerdings wurde Steiner nach seinen eigenen Worten nicht durch die Bibel<br />

und nicht durch die christlichen Bekenntnisse zuteil, sondern "unmittelbar"<br />

- durch eine hellseherische Schau: "Auf das geistige Gestanden-Haben vor<br />

dem Mysterium von Golgatha in innerster ernstester Erkenntnis-Feier kam<br />

es bei meiner Seelen-Entwickelung an" (636,272).<br />

Überblicken wir die bisherige Darstellung des Lebenslaufs, so können wir mit<br />

dem Steiner-Schüler und -Biographen Guenther Wachsmuth drei Strömungen<br />

nennen, die sich mit der geistigen Entwicklung Steiners verbanden oder<br />

die - wie Wachsmuth es ansieht - "Rudolf Steiner... aus dem Versinken im<br />

Unbewußten des menschlichen Wesens errettete". Es sind dies "die Gaben<br />

der großen Gestalten des deutschen Idealismus, die durch die Jahrhunderte<br />

nicht versiegten Quellen eines esoterischen Christentums, die geistgesättigte<br />

Naturerkenntnis eines vom 19. Jahrhundert durch die Dogmen des Materialismus<br />

mit Verdrängung bedrohten und doch die Zukunftskeime in sich tragenden<br />

wahren Goetheanismus" 21 .<br />

Im Jahre 1897 war Steiner nach Berlin gezogen, hatte dort bis 1900 zusammen<br />

mit Otto Erich Hartleben das "Magazin für Literatur" herausgegeben<br />

(636, 253ff) und von 1899 bis 1904 eine Lehrtätigkeit an der von Wilhelm<br />

Liebknecht gegründeten "Arbeiter-Bildungsschule" wahrgenommen (636,<br />

279ff). Danach nahm er keine Stellung mehr an, sondern blieb freiberuflich<br />

im Dienste seiner Weltanschauung tätig. Im Jahre 1900 hatte er zum ersten<br />

Mal Vorträge vor Mitgliedern der Theosophischen Gesellschaft in Berlin gehalten<br />

(636,292ff). Nach Wachsmuth brachte "das Jahr 1900 ... die Geburt<br />

der '<strong>Anthroposophie</strong>' für die Menschheit" 22 . Steiners Weltanschauung stand<br />

jetzt in ihren Grundzügen fest und bedurfte nur noch der Verbreitung und<br />

der Entfaltung in die verschiedensten Wissenschaftsgebiete hinein: Kunst,<br />

Pädagogik, Naturwissenschaft, soziales Leben, Medizin, Theologie. Das tat<br />

Steiner - unermüdlich reisend, lehrend und planend - in fast 6.000 Vorträgen<br />

und einer Fülle von Schriften 23 von der Jahrhundertwende bis zu seinem<br />

19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!