Anthroposophie
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ungsweise des bereits verstorbenen und noch nachwirkenden J.Chr.K. v.<br />
Hofmann hingegen bewunderte er zwar, daß sie "statt eines Kommentars den<br />
Geistesgehalt einer Schrift in Ausführlichkeit bis in alle Einzelheiten wiederzugeben<br />
suchte", und doch fühlte er "nicht die geringste Neigung", auf v.<br />
Hofmanns Wegen weiterzugehen. Die durch v. Hofmann beeinflußte Erlanger<br />
Theologie, deren "große Zeit vorüber" war, erschien ihm als "zu gewollt eng"<br />
und "zu problemlos gläubig" (59).<br />
So war Rittelmeyer bald "mehr bei den Philosophen als bei den Theologen<br />
zu finden" (60). Er las Kant, wollte sich aber- ähnlich wie Steiner - mit den<br />
von Kant aufgewiesenen Erkenntnisgrenzen nicht zufrieden geben. So schreibt<br />
er über Kant:<br />
"Im Denken üben konnte er, im wesenhaften Wissen fördern kaum ... wenn ich in<br />
dieser Weise denke, fühle ich förmlich, wie ich dabei verkalke ... Man gewinnt ein<br />
Denkgerüst, aber man wird zum Denkskelett" (61).<br />
Näher lag ihm - wie auch Steiner - der spekulative Idealismus Fichtes,<br />
Schellings und Hegels. Dieser wurde ihm durch den Philosophen Class vermittelt<br />
(62f). Qass erwartete in seinen 1896 veröffentlichten "Untersuchungen<br />
zur Phänomenologie und Ontologie des menschlichen Geistes" im Anschluß<br />
an Schelling ein '"johanneisches Zeitalter'" des Geistes, bezeichnete als<br />
Zweck des Daseins "die Vergeistigung der menschlichen Natur", verkündete<br />
in Analogie zu Hegel "ein gewaltiges ideelles Reich", in dem "ein Aufsteigen<br />
vom Niederen zum Höheren stattfindet", und postulierte in Anlehnung<br />
an Fichte, daß "das Ich als geistiges der Vernichtung nicht anheimfällt", sondern<br />
unsterblich ist. 42 Diese Gedanken sind, wie unsere weitere Darstellung<br />
zeigen wird, als mächtige Impulse in Rittelmeyers System eingeflossen.<br />
Der spekulative Idealismus begegnete Rittelmeyer auch im Denken des<br />
Dogmatikers Reinhold Frank, der in - allerdings nur formaler - Analogie zu<br />
Fichte sein System von der "religiösen Zentralerfahrung des von Gott<br />
ergriffenen Menschen" ableitete (64f). Entscheidend war für Frank das Ereignis<br />
von "Wiedergeburt und Bekehrung":<br />
"Man muss in der christlichen Wahrheit stehen, um sie zu erkennen ... Erst dieses<br />
Subject, in welchem das christliche Heilsleben verwirklicht worden ist, giebt sich<br />
nun wissenschaftlich darüber Rechenschaft, wie es dazu komme und gekommen sei,<br />
die gesammte geistliche Welt, der es angehört und in der es sich bewegt, als eine<br />
reale zu betrachten, und da die Gewissheit nur als subjectiv vermittelte, als Gewissheit<br />
des Subjects, existirt, so geht es dabei aus von dem subjectiv gegebenen und subjectiv<br />
unmittelbar gewissen Thatbestand der Wiedergeburt und Bekehrung." 43<br />
"Wie ich in Class den Geist geahnt hatte, so nun in Frank das Ich", stellte<br />
Rittelmeyer im Rückblick auf seine Erlanger Zeit fest (65; HiO).<br />
Im Frühjahr 1892 wechselte er an die Universität Berlin über, "um Harnack<br />
und Kaftan zu hören" (83; HddV), ferner den Historiker Heinrich von<br />
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