29.12.2012 Aufrufe

Anthroposophie

Anthroposophie

Anthroposophie

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

tessohnes objektiv erwirkt wurde, wird durch den Glauben subjektiv empfangen<br />

(Rom 3,23-26) - aber eben nicht "automatisch", sondern personal - durch<br />

die Annahme und Inanspruchnahme des Opfers Jesu Christi für das persönliche<br />

Leben. So stellt der Neutestamentier Peter Stuhlmacher treffend fest:<br />

"Im Glauben wird dieses sühnende Heilswirken, das sich in der Person des gekreuzigten<br />

Auferstandenen verkörpert, als 'für uns' geschehen und damit gleichzeitig<br />

Christus als Herr über Leben und Tod anerkannt, der Glaubende erfährt den ihn von<br />

seiner Sünde lösenden Freispruch Gottes und gewinnt Christus als Herrn und Fürsprecher."<br />

106<br />

4.3.5 Das "Sein-Wollen-wie-Gott" als Ursünde des Menschen<br />

Nun stehen wir vor der entscheidenden Frage: Wodurch ist es eigentlich zur<br />

Trennung von Gott, also zur Grundsünde des Menschen, gekommen? Zur<br />

Trennung von Gott ist es gekommen, weil der Mensch selber "wie Gott" sein,<br />

sich selber "einen Namen machen" und nicht mehr "nach Gott fragen" will<br />

(Gen 3,5; 11,4; Rom 3,11). Der Mensch will keinen Gott mehr außerhalb<br />

von sich suchen und verehren, sondern Gott in sich finden - in dem Sinne,<br />

daß er sich selber auf den Thron Gottes setzen, selber Gott sein möchte. 107<br />

Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, daß die <strong>Anthroposophie</strong> die<br />

Aussage "Ihr werdet sein wie Gott" in Gen 3,5 positiv wertet. Der Mensch<br />

soll durch die Geisterhierarchien stufenweise aufsteigen, bis er mit dem absoluten<br />

Geist (= "Gott") verschmilzt. Eine notwendige Entwicklungsstufe<br />

auf dem Weg zu dieser "Gottwerdung" ist die Ausbildung des menschlichen<br />

Ich, denn - wie Rittelmeyer betont- das "Ich kann Ja sagen zum Weltengeist,<br />

der sich in ihm spiegelt. Das Ich kann aus seiner Freiheit heraus eine Einigung<br />

mit dem Weltgeist vollziehen" 108 . Rittelmeyer spricht deutlich das<br />

"Menschenziel" nach anthroposophischer Vorstellung aus:<br />

"'Sein wie Gott' - flüstert der Schlangengeist dem Menschen ein. Dies Wort als<br />

Menschenziel ist keine Lüge. Christus nimmt es wieder auf- und erhöht es sogar.<br />

Nicht nur 'sein wie Gott': sondern 'sein in Gott'. Das ist mehr. 'Sein wie Gott': das<br />

sind noch Zwei. 'Sein in Gott': das ist Einheit." 109<br />

Rittelmeyer verbindet hier Unvereinbares. Das "Sein in Gott" ist in biblischtheologischer<br />

Sicht keine Weiterführung des "Seins wie Gott", sondern<br />

das Gegenteil davon. Das "Sein in Gott" bezeichnet die durch das Opfer Jesu<br />

Christi wiederhergestellte und durch den Glauben ergriffene Gemeinschaft<br />

mit Gott, die durch das "Sein-Wollen-w/e-Gott" zerstört worden war (vgl.<br />

II.B.L). Daß das "Sein in Gott" keine Wesensidentität, sondern die wiederhergestellte<br />

Gemeinschaft mit Gott bedeutet, zeigt auch der wechselseitige<br />

Gebrauch der Präpositionen "syn" und "en". 110 Nicht "Gott sein", sondern<br />

"allezeit mit dem Herrn zusammen sein" (l.Thess 4,17) und "Gott schauen"<br />

(Mt 5,8) ist das Menschenziel in neutestamentlicher Sicht. 111<br />

187

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!