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Studien zur Situation der Geschwister von Menschen mit Behinderung

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Grundsätzlich ist es so, dass die konzentrierte Aufmerksamkeit auf das <strong>Geschwister</strong><br />

<strong>mit</strong> Behin<strong>der</strong>ung notwendige Kräfte und Gefühle <strong>von</strong> an<strong>der</strong>en Familien<strong>mit</strong>glie<strong>der</strong>n<br />

abzieht und diese dadurch zu kurz kommen.<br />

Manchen Eltern ist diese Gefahr durchaus bewusst. Edmund Klingshirn, ein<br />

betroffener Vater berichtet 1993 in einem Artikel, wie es immer wie<strong>der</strong> passierte,<br />

dass die Tochter <strong>mit</strong> Behin<strong>der</strong>ung, Lena, in den Mittelpunkt rückte. „Ich<br />

merkte, ich muß [!] die Lena richtig wegschieben, daß [!] Platz für ihre Schwester<br />

Hanna entsteht. Das ist nicht untypisch. So war es oft in den <strong>zur</strong>ückliegenden<br />

Jahren.“ (S. 116)<br />

Die Empfindungen und Wahrnehmungen <strong>der</strong> <strong>Geschwister</strong> fallen dabei doch<br />

unterscheidlich aus. So zitiert Seifert 1997 zunächst die Sicht einer Befragten<br />

ihrer Untersuchung: „Man kriegt eigentlich nur Zuwendung, wenn man behin<strong>der</strong>t<br />

ist.“ (S. 243) Eine an<strong>der</strong>e Befragte gab an, dass sie ihre Kindheit „ganz toll“<br />

gefunden hätte und das Zusammenleben <strong>mit</strong> ihrem Bru<strong>der</strong> letztlich für sie eine<br />

Bereicherung war.<br />

Seifert begründet diese unterschiedlichen Wahrnehmungen da<strong>mit</strong>, dass nicht<br />

die Behin<strong>der</strong>ungen dafür verantwortlich sind, wenn Entwicklungen problematisch<br />

verlaufen, son<strong>der</strong>n dies <strong>von</strong> vielen individuellen Umständen, wie den Lebensbedingungen<br />

<strong>der</strong> Familie, den Beziehungen innerhalb <strong>der</strong> Familie sowie<br />

dem sozialen Umfeld <strong>der</strong> Familie und an<strong>der</strong>en Umständen abhängt.<br />

Tröster (2000a) stellt zusammenfassend fest, dass offensichtlich nicht das<br />

Problem einer Vernachlässigung <strong>der</strong> <strong>Geschwister</strong> besteht. Die Eltern wenden<br />

genauso viel Zeit für ihre nichtbehin<strong>der</strong>ten Kin<strong>der</strong> auf, wie Eltern, die keine Kin<strong>der</strong><br />

<strong>mit</strong> Behin<strong>der</strong>ung haben. Die Eltern schaffen es, den Bedürfnissen ihrer Kin<strong>der</strong><br />

<strong>mit</strong> Behin<strong>der</strong>ung nachzukommen, ohne die übrigen dabei zu vernachlässigen.<br />

Das Problem, das dabei entsteht, ist die ungleiche Verteilung <strong>der</strong> elterlichen<br />

Zuwendung. Dadurch fühlt sich ein Teil <strong>der</strong> <strong>Geschwister</strong> benachteiligt und<br />

<strong>zur</strong>ückgesetzt, die <strong>Geschwister</strong>beziehung wird hierbei jedoch nicht beeinträchtigt.<br />

Die Fokussierung <strong>der</strong> Eltern auf eines ihrer Kin<strong>der</strong> hat also keine verstärkte<br />

Eifersucht und Rivalität zwischen den <strong>Geschwister</strong>n <strong>zur</strong> Folge.<br />

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