3 - österreichische Gesellschaft für Familienplanung
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in abgelegenen Gebieten nahezu unmöglich ist. In anderen<br />
Ländern behindern kulturelle Gründe und mangelnde<br />
Geschlechtergerechtigkeit die Möglichkeiten von Frauen,<br />
ihre reproduktiven Rechte wahrzunehmen, obwohl ausreichend<br />
Dienste und Hilfsmittel der Familien planung<br />
zur Verfügung stehen. In einer weiteren Gruppe von<br />
Ländern geht die Nachfrage nach Verhütungs mitteln<br />
aufgrund des Zusammenwirkens wirtschaftlicher und<br />
sozialer Gründe zurück.<br />
rückgang der <strong>Familienplanung</strong> als grund <strong>für</strong><br />
hohes Fertilitätsniveau in Ägypten?<br />
In Ägypten, wo heute 81 Millionen Menschen leben,<br />
führen viele den drastischen Rückgang der Fertilität auf<br />
jahrzehntelange staatliche und nichtstaatliche <strong>Familienplanung</strong>sprogramme<br />
zurück. In den 1950er Jahren bekam<br />
eine Frau in Ägypten durchschnittlich 6,37 Kinder.<br />
Zwischen 2005 und 2010 waren es noch etwa drei. Vor<br />
einem Jahrzehnt steuerte man eine Senkung der Geburtenrate<br />
auf das Ersatzniveau von 2,1 Kindern bis zum<br />
Jahr 2017 an.<br />
Heute geht man jedoch davon aus, dass die Geburtenrate<br />
erst im Jahr 2030 das Ersatzniveau erreichen wird.<br />
Und selbst diese Prognose wird von manchen Demographen<br />
und Sozialwissenschaftlern bezweifelt. Denn sie<br />
haben festgestellt, dass die Fruchtbarkeit auf einem hohen<br />
Niveau stagniert, und wollen das Phänomen jetzt in<br />
mehrjährigen Studien unter die Lupe nehmen. Einige<br />
ägyptische Be<strong>für</strong>worter von <strong>Familienplanung</strong> führen diese<br />
Stagnation darauf zurück, dass das Engagement der<br />
Regierung und der Medien in Sachen Familiengröße im<br />
vergangenen Jahrzehnt nachgelassen hat.<br />
»Sollte es nicht gelingen, das Ersatzniveau zu erreichen,<br />
dann hätte Ägypten ein Problem«, sagt Hisham Makhlouf.<br />
Er ist Vorsitzender des Verbandes der ägyptischen<br />
Bevölkerungswissenschaftler und Professor am Institut<br />
<strong>für</strong> Statistik der Universität Kairo. »Wir leiden bereits<br />
jetzt unter einem Mangel an Trinkwasser und Wasser zur<br />
Bewässerung.« Landwirtschaftlich nutzbare Flächen sind<br />
in Ägypten ein kostbares Gut. Die Ägypter können nur<br />
fünf oder sechs Prozent ihres Staatsgebiets <strong>für</strong> die<br />
Nahrungs mittelproduktion nutzen. Deshalb »muss eine<br />
Bevölkerungspolitik oberste Priorität jeder Regierung<br />
sein«, sagt er und fügt hinzu: »Bei der Anwendung von<br />
Verhütungsmitteln stellen wir eine hohe Abbruchquote<br />
fest. Ein Drittel aller Frauen setzen sie nach einem Jahr<br />
wieder ab.« Makhlouf ist überzeugt, dass die Fertilität teilweise<br />
deshalb stagniert, weil konservative gesellschaftliche<br />
Einstellungen in Ägypten einen Auftrieb erfahren.<br />
Gamal Serour ist Leiter des internationalen islamischen<br />
Zentrums <strong>für</strong> Bevölkerungswissenschaften an der AlAzhar<br />
Universität in Kairo, eines Zentrums <strong>für</strong> islamische<br />
Gelehrte aus der ganzen Welt. Er sagt, die Religion könne<br />
nicht <strong>für</strong> die stagnierende Geburtenrate in Ägypten<br />
verantwortlich gemacht werden. Da<strong>für</strong> sprechen auch die<br />
Erfahrungen anderer Länder mit muslimischen Mehrheiten.<br />
In Tunesien und Indonesien sind die Geburten raten<br />
zum Beispiel deutlich zurückgegangen. In Nordafrika<br />
liegen die Geburtenraten niedriger als fast überall sonst<br />
in Afrika. Hier gilt Tunesien als Vorreiter in Sachen<br />
reproduktiver Gesundheit und Rechte.<br />
Serour, zugleich Präsident der in London ansässigen<br />
International Federation of Gynecology and Obstetrics<br />
(Internationale Föderation <strong>für</strong> Gynäkologie und Geburtshilfe),<br />
charakterisiert die Al AzharUniversität als<br />
konservativste Hochschuleinrichtung in der islamischen<br />
Welt. Er betont jedoch, dass man hier schon 1974 das<br />
Zentrum <strong>für</strong> Bevölkerungswissenschaften eingerichtet<br />
habe. »Wir wollen die Menschen darüber aufklären, dass<br />
der Islam nicht gegen <strong>Familienplanung</strong> ist. Der Islam hat<br />
nichts gegen den gesundheitlichen Schutz der Frauen.«<br />
Serour veröffentlichte einen Ratgeber zu dem Thema, in<br />
dem er aus religiösen Texten zitiert, und verbreitet seine<br />
Botschaft mittels der von ihm ausgebildeten Imame bis<br />
nach Afghanistan.<br />
Serour weist darauf hin, dass es besserer Informa tionen<br />
und Dienste zur reproduktiven Gesundheit <strong>für</strong> junge<br />
Menschen bedarf. Er sagt, das Land dürfe keine<br />
»Bevölkerungsexplosion« riskieren und müsse Müttersterblichkeit,<br />
unsichere Schwangerschaftsabbrüche und<br />
WELTBEVÖLKERUNGSBERICHT 2011<br />
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