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3 - österreichische Gesellschaft für Familienplanung

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Familiengründung leicht gemacht<br />

Seitdem es in allen Gemeinden Finnlands Ganztagsbetreuung<br />

<strong>für</strong> Kinder gibt, ist die Entscheidung, Kinder<br />

zu bekommen, <strong>für</strong> arbeitende Frauen und Paare viel<br />

leichter geworden. Die Geburtenrate in Finnland liegt<br />

seit den 1970er Jahren unterhalb des Ersatzniveaus von<br />

durchschnittlich 2,1 Geburten pro Frau. Auch hat das<br />

Land nur eine geringe Einwanderung zu verzeichnen.<br />

Daher wuchs zum Ende des letzten Jahrhunderts die<br />

Besorgnis, dass ein ernstzunehmender Arbeitskräftemangel<br />

entstehen könnte.<br />

Pekka Martikainen von der Universität Helsinki zufolge<br />

wurden die großzügigen Sozialprogramme jedoch<br />

nicht aufgelegt, um die Fertilität zu steigern. Es gehe eher<br />

darum, Familien auf verschiedene Weise zu unterstützen,<br />

damit sie sich frei und ohne Furcht vor negativen wirtschaftlichen<br />

Konsequenzen entscheiden können. »Ein<br />

großer Teil der finnischen Frauen bleibt im Arbeitsmarkt«,<br />

sagt Martikainen. »Der Anteil der Frauen ist fast so hoch<br />

wie der der Männer. Es gibt nur eine kleine Delle bei der<br />

Berufstätigkeit der Frauen in einem bestimmten Alter.<br />

Und das sind in der Regel Frauen, die mit ihren Kleinkindern<br />

zu Hause bleiben. In Finnland bleiben die Frauen<br />

normalerweise bis zum Ende der Stillzeit zu Hause.«<br />

Die kinderbezogenen Vergünstigungen <strong>für</strong> berufstätige<br />

Frauen sind besonders im städtischen Raum großzügig<br />

und gelten als gesetzlich verankerte Rechte. In Helsinki<br />

zum Beispiel gehört dazu das Recht auf einen kostenlosen<br />

Krippenplatz <strong>für</strong> fünf Stunden täglich <strong>für</strong> alle Kinder.<br />

Darüber hinaus werden Ganztags­, Abend­, Wochenend­<br />

und Rund­um­die­Uhr­Betreuungen <strong>für</strong> ein Entgelt<br />

bereitgestellt, das einkommensabhängig abgestuft ist und<br />

254 Euro pro Monat nicht übersteigt. Darin sind die<br />

Mahlzeiten immer inbegriffen. Eltern von Kindern unter<br />

drei Jahren, die nicht in einer städtischen Krippe sind,<br />

erhalten ein Familiengeld. In Helsinki beträgt es zwischen<br />

448 Euro und 746 Euro pro Monat. Auch die privatwirtschaftlich<br />

organisierte Tagesbetreuung durch Tagesmütter<br />

wird mit öffentlichen Mitteln gefördert.<br />

58 KAPITEL 4: EINFLUSSFAKTOREN AUF dIE GEBURTENRATE<br />

Städtische Krippen sind großzügig mit Personal ausgestattet,<br />

je nach Alter der Kinder. Das reicht von einer<br />

Betreuerin bzw. einem Betreuer <strong>für</strong> nur zwei Kinder unter<br />

einem Jahr bis hin zu einer Betreuerin bzw. einem Betreuer<br />

<strong>für</strong> 13 Kinder im Vorschulalter. Da die Zahlen der nichtfinnischen<br />

Einwandererkinder langsam steigen, gibt es in<br />

Helsinki multikulturelle Fortbildungen <strong>für</strong> Lehrkräfte. In<br />

den Kindertagesstätten wird Finnisch unterrichtet. Für<br />

Kinder mit körperlichen Beeinträchti gungen oder Lernbehinderungen<br />

gibt es besondere Fördergruppen.<br />

Alle Mütter in Finnland haben Anspruch auf 105 Tage<br />

bezahlten Mutterschaftsurlaub und das Recht auf Rückkehr<br />

an ihren Arbeitsplatz oder in einen vergleichbaren<br />

Job. Schwangere erhalten einen finanziellen Zuschuss<br />

über 140 Euro oder eine Säuglingsausstattung mit Babypflegeartikeln<br />

zur Vorbereitung auf die Geburt und <strong>für</strong><br />

die späteren Bedürfnisse des Babys. Nach dem Ende des<br />

Mutterschaftsurlaubs zahlt die Regierung beiden Eltern<br />

ein Elterngeld <strong>für</strong> 158 Tage. Dessen Höhe wird auf die<br />

jeweiligen Bedürfnisse und Ressourcen der Empfänger<br />

abgestimmt. Väter erhalten 18 Tage Vaterschaftsurlaub,<br />

die, zusammen mit den zwölf Tagen Elterngeld <strong>für</strong> Väter,<br />

den von den Finnen so genannten »Papa­Monat« ergeben.<br />

Das alles spielt möglicherweise eine Rolle bei dem<br />

Anstieg der Geburtenrate in der letzten Zeit – vor allem<br />

aufgrund der unterstützenden Atmosphäre, auf die<br />

werdende Mütter und Väter zählen können. Doch hat es,<br />

wie in den meisten Ländern Europas, nicht unbedingt<br />

dazu geführt, dass die Familien größer werden.<br />

Anneli Miettinen forscht <strong>für</strong> Väestöliitto, den finnischen<br />

Familienbund, über Fertilität und Unfruchtbarkeit. Sie<br />

macht sich weniger Sorgen über niedrige Geburtenraten<br />

als vielmehr über den späten Zeitpunkt der ersten<br />

Schwangerschaft. »Wir brauchen eine stabile Bevölkerung«,<br />

sagt sie. »Wir brauchen zwei Kinder pro Familie,<br />

und mit der Geburtenrate von 1,85 sind wir ungefähr<br />

an diesem Punkt.«<br />

»Aber da gibt es mehrere Probleme«, gibt sie zu bedenken.<br />

»Dazu gehört, dass das Alter gestiegen ist, in dem<br />

die Frauen durchschnittlich ihr erstes Kind bekommen.

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