3 - österreichische Gesellschaft für Familienplanung
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Was das bedeutet? »Wir sterilisieren unsere Städte«,<br />
sagt Kundu. »Mit sterilisieren meine ich, die Umwelt<br />
säubern …, die Slums räumen, die Leute mit niedrigen<br />
Einkommen vertreiben.« Doch damit verbauten sich die<br />
Städte jede Chance, die Armen in den Städten zu Trägern<br />
von Wachstum und Entwicklung zu machen. Stattdessen,<br />
beklagt er, würden ungebildete und unqualifizierte<br />
Arbeitskräfte nur noch als Gefahr <strong>für</strong> Gesundheit, Hygiene<br />
sowie Recht und Ordnung wahrgenommen.<br />
Für Demographen und Ökonomen ist diese Verschiebung<br />
der gesellschaftlichen Balance in den indischen<br />
Städten auch deshalb ein so wichtiges Forschungsthema,<br />
weil bereits heute 410 Millionen der insgesamt 1,2 Milliarden<br />
Inder ein Leben unterhalb der Armutsgrenze fristen. Damit<br />
lebt ein Drittel der Armen der Welt in Indien. Das zeigen<br />
Daten der Weltbank, die zudem darauf hinweist, dass die<br />
Einkommensunterschiede in Indien immer größer werden.<br />
»Im Zentrum von Mumbai ist das Bevölkerungswachstum<br />
drastisch eingebrochen«, sagt Kundu. Dasselbe<br />
gelte <strong>für</strong> Chennai, <strong>für</strong> Hyderabad, <strong>für</strong> Kalkutta – <strong>für</strong> die<br />
Stadtzentren aller indischen Großstädte. Früher seien die<br />
Leute vom Land gekommen und hätten sich zunächst als<br />
Schuhputzer oder Karrenzieher verdingt. Diese Jobs verschwänden<br />
in dem Maße, wie die Migration vom Land in<br />
die Städte abnehme, sagt Kundu, der wie andere Demographen<br />
auch die Ansicht vertritt, dass Indien kleine und<br />
mittelgroße Städte planen muss, die <strong>für</strong> Arme leichter<br />
zugänglich sind und ihnen Arbeitsmöglichkeiten bieten.<br />
Faujdar Ram ist Direktor des Indian Institute for<br />
Population Sciences in Mumbai, einer universitären<br />
Institution, die akademische Grade vergibt. Obwohl immer<br />
mehr Menschen mit marginalen oder sogar mittleren<br />
Einkommen aus MumbaiStadt hinausgedrängt würden,<br />
wollten sie weiter dort arbeiten, sagt er. Pendler kämen<br />
von überall aus der Region nach Mumbai, selbst aus<br />
Pune. Diese Stadt liegt 163 Kilometer südöstlich von<br />
Mumbai und verzeichnet selbst ein starkes Bevölkerungswachstum.<br />
Inzwischen ist Pune durch eine sechsspurige<br />
Schnellstraße mit Mumbai verbunden. Die Fahrtzeit <strong>für</strong><br />
diejenigen, die ein Auto oder genug Geld <strong>für</strong> die schnellen<br />
Intercitybusse haben, wird dadurch drastisch reduziert.<br />
»Warum müssen die Leute aus Pune nach Mumbai<br />
pendeln?«, fragt Ram. »Pune braucht Arbeitsplätze vor Ort.«<br />
Neue Chancen <strong>für</strong> Frauen<br />
Sajana Jayraj, schreibt <strong>für</strong> Media Matters, eine NGO, die<br />
auf dem Feld der Entwicklungskommunikation tätig ist<br />
und sich mit Frauen im urbanen Lebensumfeld beschäftigt.<br />
Für viele Frauen bringe die Weiterentwicklung des Innenstadtbereichs<br />
von Mumbai eine positive Seite mit sich,<br />
sagt sie. Durch den Boom in der Dienstleistungsbranche<br />
und im Technologiesektor kämen viel mehr Frauen in die<br />
Stadt, um dort zu arbeiten, eine Ausbildung zu machen<br />
oder neue Fertigkeiten zu erwerben. Jayraj spricht von<br />
einem »stark wachsenden Stamm junger Frauen, die<br />
UrBANISIErUNg<br />
Auszüge aus dem Aktionsprogramm der Kairoer<br />
Weltbevölkerungskonferenz<br />
Die Regierungen sollten die Möglichkeiten und Kompetenzen<br />
der Städte und Gemeinden erweitern, damit diese: die<br />
Stadtentwicklung regeln; die Umwelt schützen; dem Bedarf<br />
aller Bürger, einschließlich städtischer Bewohner fremden<br />
Bodens an persönlicher Sicherheit, grundlegender Infrastruktur<br />
und grundlegenden Dienstleistungen ent sprechen;<br />
<strong>für</strong> gesundheitliche und soziale Probleme, einschließlich<br />
Drogenproblemen und Kriminalität, und <strong>für</strong> Probleme infolge<br />
räumlich beengter Verhältnisse und Katastrophen Abhilfe<br />
schaffen sowie den Menschen Alternativen zum Leben in<br />
durch Natur und technologische Katastrophen gefährdeten<br />
Gebieten bieten können […].<br />
[Den] Regierungen [wird] eindringlich geraten, die<br />
Eingliederung der aus ländlichen Gebieten in Städte abwandernden<br />
Menschen zu fördern und deren Erwerbs möglichkeiten<br />
durch erleichterten Zugang zu Arbeits stellen,<br />
Kreditfazilitäten, Produktionen, Vermarktung, Grundausbildung,<br />
Gesund heits diensten, Berufsbildung und Ver kehrsmitteln<br />
zu verbessern, wobei besonders die Lage weiblicher<br />
Arbeitnehmer und von Frauen, die Haushalts vorstand sind,<br />
zu berücksichtigen ist […].<br />
WELTBEVÖLKERUNGSBERICHT 2011<br />
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