Der Drachenkampf.pdf - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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Der Drachenkampf als Bewährungsprobe
Schon der oberflächlichen Lektüre von Drachenkampfmythen und -sagen
fällt auf, daß der Drachenkampf eine besondere Form der Prüfung
darstellt, und daß dementsprechend alle Drachenkampfversionen in
den weiteren Kontext der Initiationsgeschichten zu stellen sind. Sie
lassen sich nicht zuletzt auch deshalb nach drei Gesichtspunkten gliedern
und vergleichen: 1) nach der in ihnen geschilderten Herausforderung,
2) nach der von ihnen gezeichneten Natur der Herausforderer
und 3) nach dem Charakter der Individuen und Mächte, welche auf die
Herausforderung antworten.
Beispiele:
Die Herausforerung kann einmalig und schicksalshaft begründet sein,
sie kann als reguläre Übergangsbedingung von Entwicklungsprozessen
zwischen Reifestadien oder Wissensstufen erscheinen, die mit einer bestimmten
Lebensform, mit geschlechtlicher Identität, mit einer kulturbedingten
Lebensweise oder mit Altersgraden und Statuserwerb zusammenhängen,
und dann als regulärer Begleitumstand der leiblichen,
seelischen und geistigen, der beruflichen, ständischen und persönlichen
Entwicklung in Erscheinung treten. Dann wäre der Drachenkampf nur
ein Symbol für die Konflikte, welche die rites de passage (Übergangs-
riten) zu regulieren hätten.
rites de passage
Übergangsriten Trennungsriten Eingliederungsriten
liminale Riten präliminale Riten postliminale Riten
Schwangerschafts- Trauer Riten Heirats- Riten
Verlobungs- Riten
Initiations- Riten A.v.Gennep, ibid, S.11
Arnold van Gennep, The Rites of Passage, London 1960
Der Herausforderer wird, wie es in einer Kategorie von Geschichten,
die durch seine Natur bestimmt werden, nicht anders zu erwarten ist,
durchgängig als Drache vorgestellt, aber seine besonderen Eigenschaften
und seine Wesensart variiert mit dem Charakter der Herausforderung,
welche er sich selbst, seinen Opfern, Prüflingen, Heranreifenden