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Der Drachenkampf.pdf - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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hent der Selbstentfaltung schnell zum Drachen, der gebändigt, wenn<br />

nicht gar getötet (überwunden) werden muß. <strong>Der</strong> dramatische Konflikt<br />

der Handlung steht für das familiäre Gruppendreieck: Vater-Mutter-<br />

Kind (Geschwister) und die Beziehungen der Märchenpersonen<br />

verarbeiten die elementaren familiären Konflikte zwischen Vater und<br />

Sohn, Vater und Tochter, Mutter und Tochter, Mutter und Sohn, älterem<br />

und jüngerem Bruder, Bruder und Schwester. In diesem Kontext<br />

soll etwa das Brüdermärchen den Identifizierungskonflikt in der<br />

ödipalen Situation vorstellen, und zwar am Beispiel der Übertragung<br />

der feindlichen Gefühle vom Vater auf den älteren Bruder (Geschwisterneid).<br />

Die Heldensage wird als Drama des Generationskonflikts gedeutet,<br />

seine Szenen im Märchen dagegen als Abwehr dieses Konfliktes,<br />

als Warnung vor der Auflehnung gegen die Autorität.<br />

Jung und seine Schule unterscheiden sich von der psychoanalytischen<br />

Märchendeutung durch die Wahl eines anderen seelischen Referenzkonflikts<br />

und einer anderen Entwicklungsperiode als Referenzperiode,<br />

vor derem Hintergrund sie die Motive der Mythen und Märchen deuten.<br />

Rekurriert die Psychoanalyse bevorzugt auf die Persönlichkeitsentwicklung<br />

der Kindheit bis zur Pubertät, so bezieht sich die Schule<br />

Jungs auf den Zeitraum der Lebensmitte. Nach der persönlichen, sozialen<br />

und wirtschaftlichen Integration in die Welt der Erwachsen, nach<br />

Berufswahl, Statuserwerb und Ehestand, wird schließlich eine Zwischenbilanz<br />

gezogen. Es meldet sich die Frage nach dem Sinn des Lebens.<br />

Die Realität des Todes wird erneut zum Problem. Transzendenz<br />

oder ihr Fehlen, Seelentiefe oder Oberflächlichkeit werden in dieser<br />

Entwicklungsperiode wieder stärker erfahren. Die Blickrichtung auf<br />

die Welt wird jetzt nach innen gewendet. Die Beziehungen von<br />

Bewußtsein und Unterbewußtsein, zwischen der inneren und der<br />

äußeren Welt, stellen sich auf der Höhe der Reife als ihre Prüfung neuerlich<br />

vor.<br />

Auch in dieser Perspektive wird der <strong>Drachenkampf</strong> in die Innenwelt<br />

verlegt, aber der Preis des Kampfes und die Begegnung mit der Prinzessin<br />

wird jetzt als Integration von Verstand und Gefühl gedeutet, von<br />

Geist und Seele, und deren Usurpatoren oder Erbschleicher als unbegründete<br />

oder zum Scheitern verurteilte Prätentionen. <strong>Der</strong> Unterweltsaufenthalt<br />

der Helden, ihr Suchen in transzendenten Sphären,<br />

wird in diesem Kontext dann zur Suche nach dem eigenen Selbst, zum<br />

Verlangen nach Selbstverwirklichung.<br />

Alles im Mythos wie im Märchen wird in der psychologischen Interpretation<br />

zu Repräsentanzen des Psychischen, der Periodisierung seiner

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