Der Drachenkampf.pdf - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien
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oder Initianden bereitet. Das Schicksal prüft den Mann, die Initiation<br />
den Jüngling oder Freund der Weisheit, die Aufgabe prüft den Meister,<br />
das Leben prüft den Heranreifenden, seine Selbstfindung und seine<br />
Integration in die Möglichkeiten, welche Kultur und Gesellschaft jedem<br />
Einzelnen und jedem Geschlecht bereithalten.<br />
Im Rahmen dieser Alternativen variiert dann auch die Gestalt der Person,<br />
welche die Herausforderung beantwortet, welche sich der Prüfung<br />
stellt, welche die Aufgabe übernimmt, welche ihr Schicksal annimmt,<br />
welche nach Weisheit und Selbstvollendung verlangt, ihre Tugenden<br />
unter Beweis stellen oder ihre Wünsche befriedigen will.<br />
Die Herausforderung wird dann in den <strong>Drachenkampf</strong>geschichten entweder<br />
kosmologisch, vegetationsmythisch, jahreskreislich, aitiologisch,<br />
stammesgeschichtlich oder sittlich, d.h. entweder als universale<br />
und regionale kosmische Katastrophe (Weltflut, Weltbrand, Entvölkerung,<br />
Winter, Dürre, Absterben etc.) oder als Bedrohung der Ordnung<br />
der kosmischen, sozialen, religiösen oder sittlichen Welt dargestellt<br />
oder schließlich als die Bedrohung der Seele und ihrer verhaltensgestaltenden<br />
und ansteckenden Kräfte.<br />
Auch die gleichfalls in aller Welt<br />
vorkommenden Seelendrachen<br />
oder die Seelenschlangen, die in<br />
den romanischen Bildnissen Europas<br />
stets doppelt und ineinander<br />
verschlungen dargestellt wurden<br />
(vielleicht keltischer Einfluß), oder<br />
die (wie auf der Hartmannssäule<br />
der Domkapelle in der Goslaer<br />
Kaiserpfalz) aus dem Munde eines<br />
Menschenhauptes heraustreten und<br />
ihre Hälse über dem Haupt ineinander<br />
verschlingen, sollen hier<br />
nicht unerwähnt bleiben, weil dieser Seelendrachenglauben mit der<br />
Symbolik der kosmologischen Drachen oder Schlangen direkt verbunden<br />
ist, wie man das noch ganz deutlich in Nordwest-Australien (Ungarinyin,<br />
Unambal, Worara) in der Beziehung der welterschaffenden<br />
Ungud zu den Ungud-Wondjina oder Ungur als den inkarnationsbereiten<br />
Seelen und Seelen Verstorbener sehen kann.<br />
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